Auswertung für Niedersachsen Politisch motivierte Kriminalität nimmt drastisch zu
In den ersten elf Monaten dieses Jahres verzeichnete das Landeskriminalamt Niedersachsen weit mehr Straftaten mit vermutlich extremistischem Hintergrund als im Vorjahreszeitraum.
In Niedersachsen sind die Fallzahlen politisch motivierter Kriminalität nach vorläufigen Angaben stark gestiegen. Nach Angaben des Landeskriminalamts (LKA) wurden in den ersten elf Monaten des Jahres 2023 etwa 4.500 entsprechende Straftaten gezählt. Eine LKA-Sprecherin erklärte, dass für dieses Jahr bereits deutlich höhere Zahlen vorliegen. Der Anstieg wird auf rund 50 Prozent geschätzt. Abzuwarten bleibe aber, wie sich das Kriminalitätsgeschehen bis Ende des Jahres entwickele.
Einen Rückblick auf die politisch motivierte Kriminalität des Vorjahres gibt Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens gewöhnlich erst im Mai des Folgejahres. Im Mai 2024 warnte die SPD-Politikerin vor einer Verrohung der Gesellschaft. "Die größte Gefahr für unseren Rechtsstaat ist ganz klar die rechte Gewalt", sagte Behrens.
Insgesamt war 2023 im Vergleich zu 2022 die Zahl der politisch motivierten Straftaten im Land um etwa zehn Prozent auf 4.596 Taten zurückgegangen. Bei der Kriminalität von rechts verzeichnete die Polizei aber einen Anstieg von 25 Prozent auf 2.313 Taten. Für 2024 ist im gleichen Zeitraum laut LKA ein Anstieg um mehr als 40 Prozent festzustellen. Bei Taten aus dem linksextremistischen Bereich wurden im gleichen Zeitraum 2023 mehr als 500 Taten gemeldet, in diesem Jahr haben sich diese Taten in etwa verdoppelt.
Weniger Taten aus dem "Reichsbürger"-Spektrum
2023 hatten sich Straftaten aus dem Spektrum der sogenannten Reichsbürger beziehungsweise Selbstverwalter im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Für 2024 sei dagegen in diesem Bereich eine Abnahme um mehr als 40 Prozent zu verzeichnen, hieß es vom LKA. Die Fallzahlen bewegen sich leicht über dem Niveau von 2019. Sogenannte Reichsbürger und Selbstverwalter zweifeln die Legitimität der Bundesrepublik an.
Im Juni war die niedersächsische Justiz mit einer großangelegten Razzia gegen mögliche Unterstützer der mutmaßlichen Terrorgruppe um den "Reichsbürger"-Ideologen Heinrich XIII. Prinz Reuß vorgegangen. Die Generalstaatsanwaltschaft Celle mit ihrer Zentralstelle Terrorismusbekämpfung übernahm im Komplex um die Gruppe Reuß sowie im Komplex um die "Kaiserreichsgruppe" 13 Verfahren von der Bundesanwaltschaft. Die "Kaiserreichsgruppe" soll geplant haben, Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zu entführen.
81 Verfahren bei Zentralstelle Terrorismusbekämpfung
Terroristisch motivierte Straftaten verfolgt die für ganz Niedersachsen zuständige Zentralstelle Terrorismusbekämpfung in Celle. Sie verzeichnet einen Anstieg der Ermittlungsverfahren von 47 im Jahr 2022 auf 55 im Jahr 2023 und bereits 81 im Jahr 2024 (Stand 12. Dezember), wie ein Sprecher auf dpa-Anfrage mitteilte.
Zugenommen hatten 2023 laut Innenministerium neben rechtsextremer Kriminalität auch Taten mit Bezug zu den Terrorangriffen der Hamas in Israel und dem Krieg in Gaza. Diese waren oft judenfeindlich motiviert: 2023 gab es 273 Fälle, im Jahr davor waren es lediglich 6 Fälle.
Das Straftatenaufkommen im Kontext von Antisemitismus blieb nach Angaben des LKA in den Jahren 2019, 2023 und 2024 in etwa gleich.
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- Nachrichtenagentur dpa