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Omikron im Norden: Es braut sich ein Sturm zusammen


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Trotz hoher Impfquote
Deshalb braut sich im Norden ein Omikron-Sturm zusammen


Aktualisiert am 05.01.2022Lesedauer: 5 Min.
Gefährliches Wintervergnügen: Auch der Jahrmarkt auf dem Hamburger Dom könnte laut Experten zu den hohen Inzidenzen im Norden beigetragen haben.Vergrößern des Bildes
Gefährliches Wintervergnügen: Auch der Jahrmarkt auf dem Hamburger Dom könnte laut Experten zu den hohen Inzidenzen im Norden beigetragen haben. (Quelle: imago-images-bilder)

Hamburg und Bremen verzeichnen bundesweit die höchsten Impfquoten, aber auch die meisten Omikron-Fälle. Wie passt das zusammen? Dafür gibt es laut Experten mehrere Gründe.

Im Norden Deutschlands breitet sich die Omikron-Variante schnell aus, die Inzidenzen steigen sprunghaft an. Derzeitiger Omikron-Hotspot ist Hamburg, dicht gefolgt von Bremen. Dabei sind die Hansestädte im bundesweiten Impf-Ranking auf den ersten Plätzen: In Bremen haben laut Robert Koch-Institut aktuell ganze 96,1 Prozent der Menschen ab 18 Jahren ihre Zweitimpfung bekommen (Booster 49 Prozent), in Hamburg sind es 89,3 Prozent (Booster 40,1 Prozent, Stand 4. Januar 2022).

In Bremen wurden am Dienstag laut RKI 490 Omikron-Fälle gemeldet, 42 mehr als am Vortag. In Hamburg sind es ganze 3.373, was 216 Fälle mehr als tags zuvor sind. Dabei handelt es sich um bereits sicher nachgewiesene Omikron-Infektionen sowie um PCR-Verdachtsfälle. Die Corona-Sieben-Tage-Inzidenz stieg in Bremen am Dienstag auf 516,4, in Hamburg auf 390,2. Bundesweit steht Deutschland mit einer Inzidenz von 239,9 da.

Aktuell hapert es noch bei den korrekten RKI-Meldedaten zum Omikron-Anteil in den Bundesländern: So lag der Omikron-Anteil in Bremen bis vor Kurzem bei rund 65 Prozent, in Sachsen wurden lediglich ein Prozent der Corona-Fälle der Omikron-Variante zugeordnet.

Bremen und Hamburg: Geografische Lage ein möglicher Grund für Omikron-Ausbreitung

Experten zufolge ist die geografische Lage der Städte ein mutmaßlicher Faktor, der die Infektionsfälle in die Höhe treibt. Gesundheitsminister Karl Lauterbach nannte als einen Grund für die Omikron-Ausbreitung im Norden die Nähe zu Dänemark und den Niederlanden. Beide Nachbarstaaten seien aktuell besonders von Omikron betroffen, so Lauterbach.

Das Gesundheitsressort in Bremen wollte Lauterbachs Äußerungen zum rasanten Anstieg der Zahl der Corona-Neuinfektionen laut Webseite der Bremer Nachrichtensendung "buten un binnen" zwar weder bestätigen noch ausschließen. Dennoch nannte es auch die Bevölkerungsdichte in den Stadtstaaten als Grund für die schnellere Omikron-Verbreitung.

Auch beispielsweise der Bremer Weihnachtsmarkt sei "erfahrungsgemäß ein beliebtes Ausflugsziel für niederländische Besucher:innen in der Vorweihnachtszeit", so das Ressort weiter. Und weil Dänemark und die Niederlande sowohl für Bremer als auch Hamburger Bürgerinnen und Bürger beliebte Urlaubsziele sind, hält es das Gesundheitsressort außerdem für möglich, "dass sich Omikron dadurch in Bremen und Hamburg besonders früh ausgebreitet hat."

Hamburger Virologe: "Der Norden hat einfach Pech gehabt"

Der Hamburger Virologe Prof. Adam Grundhoff arbeitet am Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie (HPI) und überwacht in der Hansestadt die Virusverbreitung. "Wir sequenzieren Stichproben von Infektionen, um möglichst frühzeitig neue Virusvarianten erkennen zu können", erklärt er die Arbeit im Gespräch mit t-online.

Er sagt, man könne über die Gründe der Omikron-Ausbreitung im Norden nur spekulieren. Es sei "eher Zufall, dass sich die Omikron-Variante besonders in Hamburg und Bremen derzeit so verbreitet", so Grundhoff. "Das hätte auch in jeder anderen Großstadt passieren können. Salopp gesagt: Der Norden hat einfach Pech gehabt. Überall, wo viel Verkehr und viele Menschen unterwegs sind, hat es das Virus einfacher, sich zu verbreiten. Es hätte auch Berlin zuerst treffen können." Die Nähe der Nordstädte zu den Niederlanden, Dänemark und England als Grund bezweifelt er.

"Ich glaube eher, dass wir hier beispielsweise in Hamburg relativ früh zu viele Superspreading-Events wie Partys oder Großveranstaltungen hatten", so der Wissenschaftler. "Das ist jetzt das Ergebnis davon. Veranstaltungen in Innenräumen nur mit 2G ohne plus sind für Omikron nicht gut. Die Leute haben sich da zu sehr in Sicherheit gewähnt."

In Bremen wird deutlich mehr getestet

Was die Zahlen besonders in Bremen auch deshalb von anderen Bundesländern unterscheidet: In der Hansestadt wird viel häufiger getestet. Während das RKI nach den Feiertagen unter anderem aufgrund von Meldeverzögerungen noch keine zuverlässigen Zahlen nennen kann, ist Bremen hier auf dem aktuellen Stand: Die Zahl der Mitarbeiter wurde nämlich über Silvester und Neujahr in Bremen als einzigem Bundesland verdoppelt. Zudem sind angeforderte Bundeswehrsoldaten und Mitarbeiter anderer Ressorts im Einsatz.

Auch die Bremer Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard begründete die aktuelle Lage damit, dass die zum Jahreswechsel gemeldeten Zahlen aus Bremen vollständiger seien. "Wir haben hier in Bremen keine Bugwelle noch ausstehender Corona-Meldungen", sagte sie in einem Interview des "Weser-Kurier".

Im Gespräch mit t-online lobt der Bremer Virologe Prof. Andreas Dotzauer die Impfkampagne der Stadt: "Bremen hat alles richtig gemacht, um diese hohe Quote zu erreichen. Die Stadt hat gut kommuniziert, die Menschen erreicht und es ihnen leicht gemacht, die Impfungen wahrzunehmen".

Der hohe Omikron-Wert kann seiner Aussage nach auch mit der hohen Impfquote zusammenhängen. "Der Impfschutz gegen Delta schützt weniger vor Omikron, sodass dieses anteilsmäßig deutlich zunimmt, aber im Laufe der Zeit abnimmt, sodass die Inzidenzwerte insgesamt steigen". Eine gute Schutzwirkung gegen Omikron als auch gegen Delta könne momentan nur durch den Booster erreicht werden, sagt er.

Und das zeigt sich auch in den Krankenhäusern: Obwohl sich die Bremer Kliniken auf neue Corona-Fälle vorbereiten, sei die Lage noch nicht angespannt. "Die hohe Inzidenz schlägt sich nicht in einer ähnlich hohen Hospitalisierungsquote nieder – das ist der Erfolg. Es müssen nur wenige Infizierte in die Klinik", sagte die Linken-Politikerin Bernhard. Das zeige, wie wichtig das Impfen sei. "Es gibt dadurch viel weniger schwere Verläufe. Das zeigt auch die Lage in den Krankenhäusern."

Dennoch geht das Gesundheitsamt Bremen davon aus, dass die Omikron-Fälle weiter zunehmen werden – vor allem nach dem Schulbeginn ab dem 6. Januar. "Wir rechnen mit einem deutlichen Anstieg des Infektionsgeschehens in der ersten oder zweiten Woche nach Schulbeginn", sagte Jörn Moock, Leiter des Bremer Gesundheitsamtes, zu "buten un binnen". Dennoch werden die Bremer Behörden das Konzept für den Umgang mit der Pandemie vorerst nicht ändern. "Wir setzen weiterhin auf Kontaktnachverfolgung", wird Lukas Fuhrmann, Pressesprecher des Gesundheitsressorts, im "Tagesspiegel" zitiert.

Bremer Virologe: "Noch keine Entwarnung"

Dotzauer ist vorsichtig mit eventuellen Entwarnungen, was die Corona-Lage in Deutschland im Jahr 2022 angeht: "Es besteht weiterhin die Gefahr, dass durch die zahlreichen Ansteckungen neue Virusvarianten auftreten. Die Corona-Maßnahmen müssen noch eine Weile eingehalten werden."

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Sein Kollege Grundhoff ist da optimistischer für das "Licht am Ende des Tunnels", wenn auch mit harter Konsequenz: "Ich glaube, dass sich zukünftig jeder mit Omikron oder einer weiteren Mutante infizieren wird", so Grundhoff. "Ob die Person das dann merkt oder nicht, ist eine andere Frage. Das Virus wird endemisch werden. Dann kann man genauso fragen: Kann jeder einen Schnupfen oder die Grippe bekommen?"

Gewisse Ängste könne man der Bevölkerung damit wahrscheinlich nehmen, glaubt der Experte. "Wir müssen allerdings dahin kommen, dass jeder einen Immunschutz hat: Geimpft oder genesen – letzteres am besten ohne vorhergehende schwere Erkrankung. Mit diesem Virus werden wir auch dahin kommen. Wenn das Immunsystem aber weder das Vakzin noch das Virus je gesehen hat, wird es schwierig. Der Endzustand soll sein, dass man keine Angst mehr vor dem Coronavirus haben muss."

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Prof. Dr. Adam Grundhoff
  • Gespräch mit Prof. Andreas Dotzauer
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