"Größter Fehler unserer Geschichte" S-Bahn-Tunnel bremst Stadion, Wohnungsbau und Musikhalle
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ende 2026 will Hamburg am Diebsteich ein neues Stadion und eine Konzerthalle einweihen. Eigentlich. Denn der Termin für die Fertigstellung wackelt offenbar.
Die Erleichterung in der Politik war Ende 2022 groß. Nach jahrelanger Planung stellte die Stadt Hamburg damals den Siegerentwurf für das neue Stadion und die Konzerthalle ("Hamburg Music Hall") auf dem Areal neben dem geplanten Fern- und Regionalbahnhof am Diebsteich vor. Jeweils für 5.000 Zuschauer wurden beide Veranstaltungsorte geplant. Außerdem sollten eine Kita, Büroflächen, Einzelhandel und Gastronomie die Fläche an der Waidmannstraße ergänzen.
Angedacht war damals noch, dass die Musikhalle und das Stadion bis Ende 2026 fertig gebaut werden. Einkalkuliert hat die Stadt dafür knapp 160 Millionen Euro. Rund anderthalb Jahre später ist klar: Die Bauarbeiten dauern vermutlich länger.
Stadion am Diebsteich wird 2026 wohl nicht fertig
"Nach derzeitigem Planungsstand (...) lässt sich (...) eine Inbetriebnahme der Music Hall und des Stadions zum Jahreswechsel 2026/27 voraussichtlich nicht mehr realisieren", sagt eine Sprecherin der Finanzbehörde zu t-online. Das liege an verschiedenen Einflüssen, unter anderem auch an dem geplanten Verbindungsbahnentlastungstunnel (VET).
Der Tunnel, der den Hauptbahnhof per S-Bahn mit dem neuen Diebsteich-Bahnhof verbinden soll, war noch nicht geplant, als der neue Fern- und Regionalbahnhof erdacht wurde. Das hat für den Bahnhof selbst Folgen: Weil erst Ende 2024 über den genauen Tunnelverlauf entschieden wird, kann erst danach mit dem Bau des Empfangsgebäudes begonnen werden – schon jetzt ist klar, dass der Bahnhof Mitte 2027 in unfertigem Zustand eröffnet wird.
Wie und wo der VET schließlich gebaut wird, hat auch Folgen für den Stadionbau – und damit für Altona 93, den Klub, der dort einziehen soll. "Durch die Vielzahl von äußeren Einflüssen wie Umgehungstunnel, Infrastruktur Bahnhof, Schnittstellen der Nutzer, etc. gibt es eine lange Planungsphase", sagt der 2. Vorsitzende Ragnar Törber.
Für den Verein, der regelmäßig zwischen Regional- und Oberliga pendelt, geht es um viel: Seine traditionsreiche Adolf-Jäger-Kampfbahn an der Griegstraße (Bahrenfeld) hat er schon 2007 für 11,25 Millionen Euro an den Altonaer Spar- und Bauverein (Altoba) und die Behrendt Gruppe verkauft. Ab 2027 sollen auf dem Gelände 300 Wohnungen gebaut werden. Altona 93 muss deshalb bis Ende 2026 umziehen. Eigentlich – denn laut Verein sei es denkbar, noch einmal über einen weiteren vorübergehenden Verbleib zu diskutieren. Angedacht war der Umzug ursprünglich bereits für das Jahr 2016.
Stadionverkauf ist "größter Fehler der Vereinsgeschichte"
Den Verkauf wertet Törber rückblickend als "größten Fehler der Vereinsgeschichte". Trotzdem blickt der 2. Vorsitzende optimistisch in die Zukunft: "Wir werden eine neue Heimat finden, die dem Verein bis mindestens 2093 ein Rückgrat und eine Wurzel sein wird."
Und was wird nun aus den geplanten Wohnungen in Bahrenfeld? "Die Altoba plant, gemeinsam mit der Behrendt Gruppe, weiterhin den Bau von mehr als 300 Wohnungen auf dem Gelände der Adolf-Jäger-Kampfbahn", sagt eine Sprecherin. Es gebe einen "konstruktiven Austausch" mit Altona 93. Zu möglichen Szenarien wolle sich die Altoba derzeit nicht öffentlich äußern.
- Schriftliche Anfrage bei der Hamburger Finanzbehörde
- Schriftliche Anfrage bei Altona 93
- Schriftliche Anfrage bei der Altoba
- Hamburgische Bürgerschaft: Drucksache 22/10722 vom 27. Januar 2023
- Hamburgische Bürgerschaft: Drucksache 22/15237 vom 21. Mai 2024
- Eigene Recherche