Beschwerde von Stadt abgelehnt Umstrittenes Eritrea-Festival: Stadt ist im Ausnahmezustand
Das massiv kritisierte Eritrea-Festival in Gießen darf stattfinden. Schon vor der Veranstaltung kommt es zu Verstößen gegen das Waffenverbot und Gegendemonstrationen.
Das umstrittene Eritrea-Festival in Gießen darf entgegen dem städtischen Verbot wie geplant an diesem Wochenende stattfinden. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) wies am Freitag Beschwerden der Stadt Gießen gegen eine Entscheidung des Gießener Verwaltungsgerichts ab, das das Verbot zuvor bereits gekippt hatte.
Das Sicherheitskonzept des Veranstalters sei ausreichend, um den drohenden Gefahren für Veranstalter und Besucher zu begegnen, erklärte der VGH unter anderem zur Begründung. Die Stadt habe ihre Erwartungen für ein der Gefahrenlage angemessenes Sicherheitskonzept gegenüber dem Veranstalter "nicht klar genug und nicht rechtzeitig kommuniziert". Zudem könne der Veranstalter für die in den sozialen Medien ausgesprochenen Drohungen mit Gewalt nicht verantwortlich gemacht werde.
Die Veranstaltung, die an diesem Samstag beginnen und bis Sonntag dauern sollte, war auch mit Blick auf gewaltsame Proteste bei der Vorgänger-Veranstaltung im vorigen Sommer vom Gießener Ordnungsamt untersagt worden. Laut Polizeiangaben gab es bei den Gewaltexzessen 26 Verletzte, darunter auch sieben Polizistinnen und Polizisten. Auch in diesem Jahr liegen den Beamten Hinweise zu Aufrufen zu Gewalttaten vor, wie die Polizei mitteilt. Aus Sicht der Behörde genügte das Sicherheitskonzept nicht, um drohende Gefahren insbesondere für die Festival-Besucher, aber auch für die Allgemeinheit abzuwenden.
Hunderte Polizisten im Einsatz
Die Polizei ist bereits am Freitag mit einem Großaufgebot vor Ort vertreten: Mehrere hundert Polizistinnen und Polizisten sind aktuell im Einsatz. Schon in der Nacht von Donnerstag auf Freitag habe man eine Vielzahl an Kontrollen durchgeführt. Dabei seien Verstöße gegen die vom Landkreis Gießen eingerichtete Waffenverbotszone festgestellt worden – mehreren Personen wurden Platzverweise erteilt, einige wurden sogar festgenommen.
Dabei sei ein 47 Jahre alter Mann identifiziert worden, der öffentlich zu Straftaten aufgerufen habe, teilte die Polizei mit. Der Mann sei in Gewahrsam genommen worden, über die Dauer wollte ein Gericht noch am Freitag entscheiden. Auch fünf seiner Begleiter wurden in Gewahrsam genommen, später aber wieder entlassen. Außerdem wurden unter das Waffenverbot fallende Gegenstände wie eine Schutzbrille sichergestellt. Am Freitagnachmittag kommt es in der Gießener Innenstadt zu einer Gegendemonstration. Die Polizei warnt vor Verkehrsbeeinträchtigungen.
Stadt wollte Festival verbieten
Das Festival wird vom "Zentralrat der Eritreer in Deutschland" ausgerichtet. Die Veranstaltung ist massiv umstritten. Kritiker werfen den Veranstaltern eine problematische Nähe zur Regierung Eritreas vor. Das Land im Nordosten von Afrika wird von einem autoritären Militärregime regiert. Unter anderem wurden Vorwürfe laut, bei der Veranstaltung sollte Geld zur Unterstützung des Regimes gesammelt werden. Auch bei der Polizei heißt es, die Veranstaltung gelte als regierungsnah, während die potenziellen Störer den Regimegegnern zugerechnet würden.
Eritrea gilt als das "Nordkorea" Afrikas. Seit der Unabhängigkeit Eritreas von Äthiopien vor rund 30 Jahren regiert Präsident Isayas Afewerki das Land mit einer Übergangsregierung. International geriet Afewerki zuletzt in die Kritik, da die eritreische Armee laut mehreren UN-Berichten im äthiopischen Bürgerkrieg bis November 2022 an der Seite der äthiopischen Zentralregierung schwere Menschenrechtsverletzungen begangen haben soll. Zudem sind in dem Land viele Freiheitsrechte weitgehend eingeschränkt.
- presseportal.de: Mitteilung der Polizei Gießen am 7. Juli 2023
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa