Erfurt Neues Urteil: Weimarer Turntrainer erneut zu Haft verurteilt
Das Erfurter Landgericht hat am Donnerstag erneut einen ehemaligen Trainer aus Weimar wegen jahrelangen sexuellen Missbrauchs junger Turnerinnen zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Das Gericht sprach den heute 35-jährigen Mann wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 20 Fällen für schuldig - teils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern, teils in Tateinheit mit Verbreitung pornografischer Schriften. Insgesamt wurde er zu drei Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt.
Er war bereits 2018 wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 82 Fällen für schuldig befunden und zu drei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt worden. Der BGH hob das Urteil später teilweise auf - unter anderem mit der Begründung, dass der Mann nicht ausreichend von den Richtern belehrt worden sei.
Die Anklage warf dem Angeklagten zu Prozessbeginn erneut sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen in 82 Fällen vor - teils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern, teils in Tateinheit mit Verbreitung pornografischer Schriften und mit sexueller Nötigung.
Doch schlussendlich einigten sich Anklage und Verteidigung darauf, nur noch die Taten zur Debatte zu stellen, deren Schuldspruch nicht vom BGH infrage gestellt wurde. Mehr als 50 Tatvorwürfe von insgesamt zwei Betroffenen, bei denen komplett neue Verhandlungen nötig gewesen wären, wurden damit eingestellt. Man wolle die Opfer somit nicht weiter belasten und ihnen eine nochmalige Aussage - ohne sichere Ergebnisse - ersparen, hieß es.
Die Staatsanwaltschaft forderte schließlich drei Jahre und vier Monate Haft. Ungeschützter Geschlechtsverkehr mit Minderjährigen, Nötigung, massig sexuelle Übergriffe, in all diesen Fällen dürfe das Strafmaß keinesfalls weiter gekappt werden, hieß es. Die Verteidigung hingegen forderte ein Jahr und zehn Monate - zur Bewährung.
Entsprechend groß war die Anspannung im Gerichtssaal als am Donnerstag erneut das Urteil gesprochen wurde. Das war daran zu erkennen, dass ein erleichtertes Raunen durch die zwei Besucherreihen ging. Die anwesenden jungen Frauen drückten sich die Hände, nickten sich beruhigend zu. Auch die Staatsanwältin wirkte zufrieden.
Das neue Urteil liegt nun sechs Monate unter dem ersten. "So schwer hatte es die Kammer nicht mehr. Die Taten sind rechtskräftig festgestellt worden", sagte der Vorsitzende Richter Holger Pröbstel. Die Gesamtstrafe sei zwar etwas niedriger, bei den Einzelstrafen habe man aber kaum feststellen können, warum sie unter "die eh schon niedrigen Strafen" gehen sollten, so Pröbstel. "Solche Delikte, über so lange Tatzeit, an so vielen Opfern", da sei man von einer Bewährungsstrafe "meilenweit entfernt" gewesen.
Eine ganze Generation von Turnerinnen sei nachhaltig beeinflusst worden, sagte der Vorsitzende Richter. Das hätten auch die Statements zweier Nebenklägerinnen in den beiden vorausgehenden Prozesstagen eindrücklich gezeigt. Die Kammer habe zwar die Entschuldigung des Mannes vernommen, aber "ich hab hier in dem Verfahren vom Angeklagten kein Wort Reue gehört", so Pröbstel weiter.
Den Fall ins Rollen gebracht hatte eine Turnerin in der Trainingsgruppe, die Anfang 2016 Strafanzeige erstattete. Das zog weitere Anzeigen zu Vorfällen zwischen 2007 und 2015 nach sich. Insgesamt vier Jahre wurde in dem Fall bisher verhandelt. Gegen das Urteil kann bis kommende Woche Donnerstag Revision eingelegt werden.