Jena Sorgen über Radikalisierung von Corona-Demos
In Thüringen werden immer mehr Sorgen über eine zunehmende Radikalisierung von Teilnehmern der Corona-Demonstrationen laut. Bei den Corona-Protesten zeige sich, "dass Menschen, die sich als bürgerlich und nicht rechtsextrem verstehen, dennoch einen Schulterschluss mit Rechtsextremen eingehen", erklärte Axel Salheiser, Wissenschaftler am Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ), am Mittwoch.
Auch wenn nur ein Teil der Demonstranten der extremen Rechten zugeordnet werden könne, seien demokratiefeindliche Ideologien "wie Antisemitismus, Verschwörungserzählungen und Autoritarismus der gemeinsame Nenner", heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung von der Beratungsstellen MOBIT und ezra sowie dem Zentrum für Rechtsextremismusforschung, Demokratiebildung und gesellschaftliche Integration der Friedrich-Schiller-Universität Jena und dem IDZ.
Es zeige sich eine fortgeschrittene Radikalisierung - etwa durch rechte Bedrohungen und Gewalttaten. "Auf den Demonstrationen und im Netz beobachten wir eine enorm aggressive Haltung gegenüber der parlamentarischen und pluralistischen Demokratie und ihren Akteur:innen", erklärte Romy Arnold, Projektleiterin von MOBIT.
Die Radikalisierung baue dabei auf Akteuren auf, "die seit Jahren in der rechtsextremen Szene in Thüringen aktiv sind". Salheiser erläuterte, die AfD müsse dabei als "zentraler rechtsextremer Akteur" in Thüringen gesehen werden. Sie habe ein Interesse "an der Inszenierung einer "freiheitlichen Volksbewegung" gegen die etablierte Politik und gesellschaftliche Institutionen".
Franz Zobel von ezra berichtete, dass unter anderem Politiker, Journalisten und Mitarbeiter in der Verwaltung und im Gesundheitswesen im Fokus von Impfgegnern, "Querdenkern", Pandemie-Leugnern und Neonazis stünden. "Mit großer Sorge beobachten wir, dass diese nicht davor zurückschrecken, Waffen einzusetzen und den Tod von Betroffenen in Kauf nehmen. Wir halten in diesem Zusammenhang die Gefahr von rechtsterroristischen Anschlägen für extrem hoch", so Zobel.
Auch Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) hatte in den vergangenen Wochen immer wieder vor einer zunehmenden Radikalisierung in den Reihen der Demo-Teilnehmer gewarnt. Maier schloss nicht aus, dass sich daraus terroristische Strukturen herausbilden könnten.
Die Thüringer Linke-Fraktion beschloss am Mittwoch ein Maßnahmenpapier zu den Corona-Protesten und dem Vorgehen des Staates. Darin fordert die Fraktion unter anderem eine präzisere Vor- und Nachbereitung von Einsätzen, den Schutz besonders gefährdeter Orte und ein schnelleres Abarbeiten von Verfahren zur Erteilung von Bußgeldern.
Linke-Fraktionschef Steffen Dittes merkte an, dass das Versammlungsrecht zwar ein wichtiges demokratisches Grundrecht sei, die Corona-Demonstranten sich aber meist nicht an die Regeln hielten. Corona-Leugner, Impfskeptiker und Maßnahmengegner attackierten und verletzen Journalisten, Gegendemonstranten und Polizisten, so Dittes.
"Dies ist eine nicht zu tolerierende Grenzüberschreitung, der endlich Einhalt geboten werden muss", machte Dittes klar. Er forderte vom Innenministerium mehr Anstrengungen bei der Gefahrenabwehr und der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten bei Corona-Protesten.