Erfurt Neue Pläne für den Schulstart: Gerichtsentscheidung erwartet
Thüringens Bildungsministerium hat den Schulstart im Januar nach den Weihnachtsferien wegen rechtlicher Bedenken erneut neu organisiert. Die rund 970 Schulen im Freistaat sollen jeweils selbst oder in Abstimmung mit ihrem Schulamt entscheiden, ob sie etwa im Wechsel- oder Distanzunterricht arbeiten, teilte das Thüringer Bildungsministerium am Mittwoch in Erfurt mit. Damit rudert das von Helmut Holter (Linke) geführte Bildungsministerium angesichts der Rechtslage auf Bundesebene von der Ankündigung zurück, vom 5. bis 14. Januar flächendeckend in Thüringen auf Distanzunterricht zu setzen.
Der Bund habe dafür die Voraussetzung nicht geschaffen, sagte Bildungsminister Holter der Deutschen Presse-Agentur. "Nach dem Infektionsschutzgesetz ist eine flächendeckende Schulschließung ausgeschlossen, und deshalb muss jetzt diese Entscheidung vor Ort durch die Schulen getroffen werden."
Zumindest die ersten beiden Schultage am 3. und 4. Januar sollen die Schülerinnen und Schüler zu Hause bleiben und dort bereits gelernten Stoff vertiefen und wiederholen. Ob dieser Plan so bleibt, ist jedoch angesichts eines Eilverfahrens beim Oberverwaltungsgericht in Weimar unklar. Das Gericht soll entscheiden, ob an Thüringens Schulen nach den Weihnachtsferien Präsenzunterricht stattfinden muss. Dies wolle ein Antragsteller mit mehreren Anträgen erreichen, sagte eine Sprecherin des OVG. Das Bildungsministerium habe in diesem Verfahren bis Donnerstagmittag Zeit für eine Stellungnahme. "Der Senat will dann zeitnah entscheiden."
Mit Blick auf anstehende Schalten der Kultusminister und der Regierungschefs von Bund und Ländern forderte Holter ein Umdenken beim Thema Präsenzunterricht und ein schnelleres Handeln der Bundesregierung. Er erwarte, dass sich die Kultusministerkonferenz (KMK) noch vor der nächsten Schalte der Regierungschefs von Bund und Ländern am 7. Januar verständigt und neue Empfehlungen formuliert, sagte Holter.
Die KMK sollte sich seiner Meinung nach dafür einsetzen, dass flächendeckender Distanzunterricht möglich und das Bundesinfektionsschutzgesetz entsprechend geändert wird. "Die Lage hat sich einfach verändert, und deswegen brauchen wir in der KMK auch eine neue Lagebewertung." Er sei der Überzeugung, dass der Bildungsbereich auf die Omikron-Variante des Coronavirus reagieren müsse.
"Am Ende laufen wir ja Gefahr, dass die Schulen leer sind, weil Kinder und Erwachsene an den Schulen nicht mehr da sind, weil sie entweder leider erkrankt sind, infiziert sind und sich in Quarantäne befinden", sagte Holter.
Wie ein Sprecher der Kultusministerkonferenz am Mittwoch auf dpa-Anfrage mitteilte, will an diesem Donnerstag das KMK-Präsidium zu einer digitalen Schalte zusammenkommen, um unter anderem über den Schulbetrieb nach den Weihnachtsferien zu beraten. Beschlüsse werden den Angaben zufolge nicht erwartet.
Die oppositionelle Thüringer CDU-Fraktion kritisierte Holters Weg durch die Corona-Krise und sprach von einer "chaotischen Schulpolitik". "Dieser Zick-Zack-Kurs stellt die Thüringer Familien erneut und völlig unnötig vor eine große Belastungsprobe", erklärte CDU-Fraktionschef Mario Voigt. Er fordert eine Kabinettssitzung zum Schulbetrieb im Januar noch vor dem Jahreswechsel. "Offenbar ist niemand in der Thüringer Landesregierung in der Lage, Gesetze zu lesen. Anders ist dieses absurde Schauspiel nicht zu erklären", sagte Voigt.
Die Vorsitzende der Thüringer Grünen-Fraktion, Astrid Rothe-Beinlich, sagte, sie hätte sich eine einheitliche, rechtssichere Regelung für die Schulen im Land gewünscht. Auch sie habe sich nach der Kabinettssitzung vom 22. Dezember darauf verlassen, dass die Regelungen gelten würden, die Holter im Anschluss daran verkündet hatte. Ihrer Meinung nach sei es aber richtig gewesen, schon am 22. Dezember klar zu kommunizieren, "dass das Leben an den Schulen ab dem 3. Januar nicht so weitergeht, als hätte es nie eine Pandemie gegeben", sagte sie. Holter sei in einer schwierigen Lage. "Er hat die Wahl zwischen Pest und Cholera", sagte Rothe-Beinlich. Während einige Eltern und Lehrer die Schulen wegen der Pandemie schließen wollten, pochten andere darauf, sie trotz der Pandemie unbedingt offen zu halten.
Im Bildungsministerium räumt man unterdessen ein, dass der am 22. Dezember verkündete Distanzunterricht nicht so sicher war, wie das damals kommuniziert wurde. In der entsprechenden Kabinettsvorlage sei damals offen gelassen worden, wie die geplanten Regelungen sich rechtlich umsetzen ließen, sagte ein Sprecher Holters. "Natürlich war das ein Vorgriff auf mögliche Maßnahmen des Bundes."