Erfurt Werner rechnet mit starker Belastung des Gesundheitssystems
Thüringens Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) rechnet mit einer noch stärkeren Belastung des Gesundheitssystems in einer fünften Welle der Corona-Pandemie. Diese werde nach derzeitigen Prognosen noch einmal schwieriger werden, sagte die Ministerin der Deutschen Presse-Agentur. Durch das große Ansteckungspotenzial der Omikron-Variante des Coronavirus könne die fünfte Welle vor allem "für die vielen Ungeimpften, die wir haben" eine Gefahr darstellen. Nach bisherigen Prognosen müsse man damit rechnen, dass die Intensivstationen in den Krankenhäusern stärker belastet würden als bisher.
"Und wir werden vor allem eine enorme Belastung der normalen Stationen mit Covid-19-Patienten haben", sagte Werner. Grund sei, dass auch die Ansteckungsgefahr unter Geimpften bei der Omikron-Variante größer sei. Doppelt Geimpfte, die an Covid-19 erkranken, landeten wahrscheinlich nicht so häufig auf den Intensivstationen, sagte Werner. "Aber es gibt schon die Gefahr, dass auch doppelt Geimpfte so erkranken können, dass sie ins Krankenhaus müssen. Und das würde natürlich die normalen Stationen stärker belasten. Deswegen werben wir gerade so sehr für die Booster-Impfung."
"Wir sehen aber jetzt, und das ist das Entscheidende, dass wir aus der Pandemie nicht herauskommen werden, wenn wir nicht die Impflücke in Deutschland schließen", sagte Werner der dpa mit Blick auf die Diskussion über die Einführung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht. Ihrer Meinung nach war es richtig, nicht gleich eine Impfpflicht einzuführen, sondern zunächst auf die freiwillige Bereitschaft der Menschen zu setzen, sich gegen das Virus impfen zu lassen.
"Vielleicht hätte eine Impfpflicht dazu geführt, dass jetzt mehr Menschen geimpft wären. Aber ich glaube, es war auch wichtig, lange auf Selbstverantwortung zu setzen und die Menschen zu informieren und aufzuklären", sagte die 52-Jährige.
Es sei auch zu befürchten gewesen, dass sich Menschen aus bestimmten Bereichen wie der Pflege beruflich anders orientiert hätten, wenn die Impfpflicht zum Beispiel früher für bestimmte Berufsbereiche eingeführt worden wäre. Insofern sei das auch eine Abwägung gewesen, sagte Werner.
Lange Zeit hatte sich Werner wie viele andere Politiker in Thüringen und im Bund gegen eine Pflicht ausgesprochen, sich gegen das Coronavirus immunisieren zu lassen. Inzwischen befürwortet sie die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht, die sich nicht nur auf einzelne Berufsbereiche bezieht, sondern für alle gelten soll.
Über die Weihnachtsfeiertage ging die Sieben-Tage-Inzidenz mit Corona-Neuinfektionen in Thüringen nach Zahlen des Robert Koch-Instituts weiter zurück, lag aber weiterhin deutschlandweit am höchsten.
Die Inzidenz lag im Freistaat am Sonntag bei 559,1 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern binnen einer Woche. Am ersten Weihnachtsfeiertag hatte sie noch bei 622,3 gelegen und an Heiligabend bei 677,4. Bundesweit betrug der Wert am Sonntag 220,8. Das RKI weist allerdings darauf hin, dass die Zahlen über die Weihnachtstage kein vollständiges Bild der epidemiologischen Lage bieten könnten. Voraussichtlich werde weniger getestet. Zudem sei mit einem Meldeverzug zu rechnen.
Von den zehn am stärksten von der Pandemie betroffenen Regionen Deutschlands lagen mit Stand vom Sonntag sieben in Thüringen.
Nach den Feiertagen sollen im Freistaat neue Kontaktbeschränkungen für Alle, also auch für Geimpfte und Genesene greifen. Zusammenkünfte im öffentlichen Raum, an denen nur Geimpfte und Genesene beteiligt sind, werden auf maximal zehn Teilnehmer begrenzt. Kinder, die jünger als zehn Jahre und drei Monate sind, werden nicht mit eingerechnet.
Für Treffen, bei denen nicht nur Geimpfte und Genesene dabei sind, gelten die gleichen Regeln. Allerdings dürfen sich diese Menschen nur mit Angehörigen des eigenen Haushalts treffen, mit Menschen, für die ein Sorge- oder Umgangsrecht besteht und maximal zwei weiteren Menschen aus einem anderen Haushalt.
Die neuen Regeln wurden bereits am Donnerstagabend verkündet und treten am 28. Dezember in Kraft. Sie enthalten auch Maßnahmen für den Schulbetrieb nach den Weihnachtsferien. Geplant ist, dass zunächst die ersten beiden Schultage ohne Unterricht bleiben, dann Distanz- und später Wechselunterricht durchgeführt wird. Ausnahmen gibt es unter anderem für Abschlusskandidaten. Außerdem soll eine Notbetreuung eingerichtet werden. Schüler, die sich nicht testen lassen oder davon befreit sind, sollen die Schule nicht mehr betreten dürfen.