Erfurt Innenstädte stemmen sich gemeinsam gegen das Ladensterben
Trotz der Corona-Pandemie stellt sich in Thüringen ein breites Bündnis zur Rettung der Innenstädte auf. "An vielen Orten gibt es bereits lokale Initiativen und Strömungen", erklärt Alex Peter vom Baureferat des Gemeinde- und Städtebunds Thüringen im Rahmen einer Umfrage der Nachrichtenagentur dpa. "Wenn wir diese zusammenfassen und kanalisieren, können wir viel bewirken." Zahlreiche Kommunen hätten das Problem erkannt und bereits seit längerem damit begonnen, gegenzusteuern. Letztlich sei es aber eine Generationenaufgabe, die Stadtzentren mit neuem Leben zu erfüllen.
Angesichts der anhaltenden Pandemie scheinen die Voraussetzungen denkbar schlecht: "Corona wirkt als Katalysator zur Verstärkung der Probleme", sagt Kristian Philler von der Stadtverwaltung Jena. Dirk Fromberger von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Erfurt nennt die aktuell flächendeckende 2G-Regelung einen "Lockdown bei geöffneten Türen": Im Vorweihnachtsgeschäft erwarte der stationäre Einzelhandel einen deutlichen Umsatzrückgang. Auch die Absage von Weihnachtsmärkten und verkaufsoffenen Sonntagen sei ein herber Schlag für alle Gewerbetreibenden. Wie viele Händler den Winter überstehen könnten, werde sich erst im Frühjahr zeigen.
Doch mit der Not sind auch neue Lösungsansätze im Kommen: "Die Einzelhändler haben sich stärker vernetzt und durch die Impulse der Stadt eigene kreative Ideen und Lösungen gefunden", sagt die Sprecherin der Stadt Sonneberg, Cindy Heinkel. Auch in anderen Städten wie Gera, Jena, Nordhausen und Eisenach laufen schon seit Jahren umfangreiche Projekte zum Erhalt und zur Wiederbelebung der Innenstädte. Sieben Thüringer Städte wurden in das Bundesprogramm "Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren" aufgenommen.
Während in Nordhausen und Jena den Sprechern zufolge derzeit noch kein Ladensterben zu verzeichnen sei, ist das Problem in Gera, Eisenach und Sonneberg schon greifbarer: Viele Leerstände durch Geschäftsaufgaben hätten etwa in Eisenach durch Neuvermietungen aufgefangen werden können, erklärt Sprecherin Ulrike Müller. "Dennoch ist zu beobachten, dass ein Qualitätsverlust mit den Veränderungen einhergeht."
Diese Entwicklung zu stoppen und umzukehren, könne nicht alleine vom Einzelhandel oder den Kommunen geleistet werden, sind sich alle Befragten einig. Das Problem umfasse alle Bereiche vom Handel und der Gastronomie über Wohn- und Kulturangebote bis hin zur Digitalisierung, fasst Peter zusammen. "Alle müssen an einen Tisch kommen. Die Innenstadt kann nur als Gemeinschaft funktionieren", so Fromberger von der IHK.
Das zu erreichen, ist das Ziel des Aktionsbündnisses "Innenstädte mit Zukunft". Neben vielen anderen engagieren sich dort die Thüringer Industrie- und Handelskammern, das Land Thüringen, der Handelsverband Thüringen, der Thüringer Hotel- und Gaststättenverband, der Gemeinde - und Städtebund Thüringen und der Verband Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft. Das bundesweite Projekt "Stadtimpulse" liefert Beispiele und Ideen für neue Wege.
"Während die großen Städte wie Erfurt und Jena eher weniger betroffen sind, haben es die kleinen Städte im ländlichen Raum deutlich schwieriger", erklärt Fromberger. "Gerade diese Kommunen dürfen den Kopf nicht in den Sand stecken." Ideen wie die Wiederansiedlung von Kindergärten oder kleinen Handwerksbetrieben könnten auch in kleineren Orten funktionieren.
Projekte wie das "Heimatshoppen", bei dem die 15 teilnehmenden Kommunen das ganze Jahr besondere Events anbieten, seien ebenso Bausteine wie neue, kombinierte Einzelhandelsangebote, die Stärkung von unkommerziellen Räumen wie Sitzbänken und Grünanlagen oder Nischen für Kunst, Kultur und Museen. "Vor uns liegt ein Kraftakt, aber unsere Innenstädte haben Zukunft", ist Fromberger überzeugt.