Erfurt 2G auch für Veranstaltungen? Tiefensee lenkt ein
Die geplante 2G-Pflicht in Thüringen könnte weitreichender ausfallen als bisher geplant. Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hält es angesichts der Corona-Lage für notwendig, dass künftig auch bei Veranstaltungen und Messen nur noch Geimpfte und Genesene Zutritt haben dürfen. "Fehlende PCR-Test-Kapazitäten im Land und die von Gästen zu tragenden hohen Kosten würden eine 3G-Puls-Regelung für Veranstaltungen und Messen derzeit ins Leere laufen lassen - das spiegeln Erfahrungsberichte der letzten Wochen", sagte Tiefensee der Deutschen Presse-Agentur am Montag. Damit vollzieht der 66-Jährige einen Kurswechsel.
Vor etwa zwei Monaten hatte Tiefensee bei der Vorstellung des 2G-/3G-Plus-Optionsmodells noch betont, dass die Regeln im Herbst und Winter unabhängig von der Warnstufe gelten sollten. Damit sollte Veranstaltern Planungssicherheit gegeben werden - etwa mit Blick auf Ostern. Inzwischen gilt die Corona-Lage in Thüringen aber als bedrohlich, das Gesundheitssystem bereits als stark belastet.
Während beim 2G-Prinzip nur Geimpfte und Genesene Zugang zu bestimmten Bereichen haben, können beim 3G-Plus-Modell alle anderen auch einen negativen PCR-Test vorzeigen.
"Aufgrund der verschärften Inzidenz-Lage im Land und den Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirates wird die nunmehr flächendeckende Anwendung einer 2G-Regelung auch im Wirtschaftsministerium für notwendig erachtet", sagte Tiefensee am Montag. Zuvor hatte die Grünen-Fraktion gefordert, keine Ausnahmen für Veranstaltungen und Messen zu machen.
Das Kabinett will am Dienstag über die Ausweitung einer landesweiten 2G-Regel in bestimmten Bereichen beraten. Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) ging am Montag davon aus, dass die 2G-Regel in Thüringen spätestens am Mittwoch gilt. "Wenn wir die vierte Welle brechen wollen, müssen wir jetzt handeln", sagte Maier, der auch SPD-Vorsitzender in Thüringen ist.
Maier bezeichnete die Corona-Situation in Thüringen als zugespitzt. "Es zeichnet sich eine dramatische Situation im Gesundheitswesen ab." Etwa alle zehn Tage verdopple sich die Zahl der Patienten auf den Intensivstationen. "Bereits Mitte Dezember droht eine Überlastung." Er appellierte an die Thüringer, sich impfen zu lassen.
Maier unterstützte die Forderung der Grünen-Landtagsfraktion nach einer Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen im Pflege- und Gesundheits- sowie Bildungsbereich. Wie Maier forderte auch Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) eine Impfpflicht für bestimmte Bereiche - etwa für medizinisches Personal, Pflegekräfte, Lehrer sowie Erzieher. Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) hingegen zeigte sich weiter skeptisch. Sie habe die Rückmeldung aus Pflegeeinrichtungen, dass man im Falle einer Impfpflicht davon ausgehen müsse, "dass sich Beschäftigte aus der Pflege verabschieden würden", sagte Werner.
Mit Blick auf die Corona-Pläne der möglichen Ampel-Koalition im Bund forderte Thüringens Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) eine Öffnungsklausel. Sie solle es ermöglichen, dass Bundesländer für Regionen mit extrem hohen Infektionszahlen weiterhin Sonderregelungen treffen könnten, sagte Siegesmund der dpa. Eine solche Länderöffnungsklausel gehöre ihrer Meinung nach in das geänderte Infektionsschutzgesetz, das in dieser Woche vom Bundestag beraten werden soll.
Die Sieben-Tage-Inzidenz lag in Thüringen am Montag bei 543,2 Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen - und war damit die zweithöchste unter den Bundesländern. Nur Sachsen weist mit 754,3 einen höheren Wert auf. Mit einer Impfquote von 61,5 Prozent bei den vollständig Geimpften gehört Thüringen hier ebenfalls zur Schlussgruppe unter den Ländern.