Erfurt Thüringens Bevölkerung schrumpft: keine Trendwende in Sicht
In Thüringen sind im Corona-Jahr 2020 nur etwa halb so viele Kinder geboren worden wie Menschen starben. Damit setzte sich der Bevölkerungsrückgang im Freistaat fort, sagte der Präsident des Statistischen Landesamtes, Holger Poppenhäger, am Montag in Erfurt. Auch Zuzüge aus anderen Bundesländern oder dem Ausland konnten den negativen Trend bestenfalls etwas abmildern, geht aus dem neuen Statistischen Jahrbuch hervor, das Poppenhäger zusammen mit Innenminister Georg Maier (SPD) vorlegte.
Das Geburtendefizit werde auch in den kommenden Jahren bleiben, sagte Poppenhäger. Das sei eine Folge der Abwanderung junger Menschen nach der Wiedervereinigung und niedriger Geburtenzahlen. Im vergangenen Jahr seien in Thüringen mehr als 30 000 Menschen gestorben, knapp 16 000 Kinder kamen auf die Welt.
Laut Poppenhäger zogen rund 47 000 Menschen im vergangenen Jahr nach Thüringen, 13 Prozent weniger als vor der Corona-Krise. Gleichzeitig packten knapp 46 000 Thüringer ihre Koffer - in der Regel für eine Arbeitsstelle oder Ausbildung anderswo. Unter dem Strich brachte diese Wanderungsbewegung Thüringen ein Plus von etwa 1400 Einwohnern. Mitte dieses Jahres lebten knapp 2 113 000 Menschen im Freistaat, ermittelten die Statistiker.
"Die Situation hat sich nicht verbessert", sagte Maier. Der Innenminister bezeichnete den demografischen Wandel als eine der größten Herausforderungen für Thüringen und die Landespolitik. "Wir müssen Thüringen attraktiver machen für junge Familien." Möglicherweise könne der Freistaat von der Digitalisierung und dem Trend zum Homeoffice profitieren. "Man muss nicht mehr dort wohnen, wo man arbeitet", sagte Maier mit Blick auf die Weggezogenen in benachbarten Bundesländern.
Aufgabe sei es, für gute Lebensbedingungen auch in schrumpfenden Regionen zu sorgen. Die Landesregierung tue dafür einiges: Maier nannte die Einstellung von Polizisten trotz sinkender Bevölkerung oder von Lehrern, um Bildung und Sicherheit auch in dünn besiedelten Gebieten auf einem hohen Standard zu gewährleisten.
Nach Prognosen verliert ein Großteil der Thüringer Regionen in den nächsten beiden Jahrzehnten zwischen 15 bis 20 Prozent seiner Einwohner. Das gilt unter anderem für den Kyffhäuserkreis, den Kreis Hildburghausen oder den Kreis Greiz. Die Zahl ihrer Bürger halten oder leicht um maximal zwei Prozent erhöhen, können laut Prognose bis 2040 nur die Städte Erfurt und Jena. Suhl dagegen müsse einen Rückgang von fast 30 Prozent verkraften.