Erfurt Experte: Zahn der Zeit nagt an Trauer-Engeln auf Friedhöfen
Denkmalfachleute sorgen sich um die Engelskulpturen auf Thüringer Friedhöfen. Witterung und Umweltbelastungen hätten vielen der Figuren, die seit mehr als 100 Jahren die Friedhöfe prägten, zugesetzt, sagte Landeskonservator Holger Reinhardt vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie der Deutschen Presse-Agentur. Das gelte vor allem für aus sehr dünnem Metall mit einer Legierung gefertigte Figuren, bei denen es sich in der Regel um Hohlplastiken handele. Deren Restaurierung sei sehr teuer, was Kommunen und Kirchengemeinden vor Herausforderungen stelle.
"Da dürften viele nicht zu retten sein", sagte er. Weniger problematisch sei die Situation bei Skulpturen etwa aus Marmor oder Bronze, die eine deutlich höhere Lebensdauer hätten.
Wie viele Trauer-Engel auf Thüringer Friedhöfen stehen, ist nicht bekannt. "Es dürften Tausende sein", sagte Reinhardt. Sie sind nach seinen Angaben Teil der klassischen Friedhofskultur in den Städten, die mit der Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts aufkam und Thüringen vielerorts repräsentative Friedhöfe beschert hat. Das gilt zum Beispiel für den als Kulturdenkmal eingestuften Hauptfriedhof in Gotha, dessen 1878 errichtetes Krematorium das älteste in Deutschland ist.
Als ein Kleinod unter den Friedhöfen in Thüringen gilt auch der mittelalterliche Camposanto in Buttstädt (Kreis Sömmerda) mit einem von Arkaden umgebenen Gräberfeld und Grabmalen aus Renaissance, Barock, Klassizismus und Gründerzeit. Der Camposanto war Außenstandort der diesjährigen Bundesgartenschau in Erfurt. Auch bekannte Künstler haben ihre Spuren auf Thüringer Gräbern hinterlassen. Der Architekt und Bauhaus-Gründer Walter Gropius etwa schuf eine Grabstele für die Bankiersgattin Pauline Reis auf dem jüdischen Friedhof in Meiningen, Ernst Barlach errichtete ein Grabmal für die Fürstenfamilie Reuß im Landschaftspark Ebersdorf (Saale-Orla-Kreis).
In Thüringen stehen nach Angaben des Landeskonservators mehr als 100 Friedhöfe unter Denkmalschutz. Der Denkmalstatus gilt zudem für verschiedene Einzelgrabanlagen landesweit.