Erfurt Corona-Inzidenz über 400: Einschränkungen in allen Regionen
Auch am Wochenende hat sich der rasante Anstieg der Corona-Zahlen in Thüringen fortgesetzt. Die Sieben-Tage-Inzidenz sprang laut Robert Koch-Institut (RKI) erstmals seit Beginn der Pandemie über die 400er-Marke, zugleich rutschte mit dem Landkreis Nordhausen die letzte Kommune in die höchste Corona-Warnstufe drei. Damit gilt ab Montag in allen Kreisen und kreisfreien Städten eine Testpflicht an Schulen - außerdem müssen auch Grundschüler im Unterricht Maske tragen. Kinder in Kindergärten dürfen nur noch in festen Gruppen betreut werden.
Für den Vereinssport gilt nach Angaben des Bildungsministeriums in Warnstufe drei auch an der frischen Luft eine Testpflicht. In Stufe zwei hatte das nur in geschlossenen Räumen und im Freien für Kontaktsport gegolten. Ausgenommen sind Geimpfte und Genesene, Kinder unter sechs Jahren sowie Schüler, die regelmäßig in der Schule getestet werden.
Außerdem sollen die Landkreise und kreisfreien Städte schärfere Regeln für den Zugang zu Gastronomie oder Veranstaltungen umsetzen. Das Gesundheitsministerium empfiehlt dringend den Zugang nur für Geimpfte, Genesene oder Getestete mit PCR-Test. Viele Kommunen wollen aber auch weiterhin Schnelltests zulassen.
Die Intensivstationen laufen währenddessen weiter voll. Zuletzt waren im Schnitt fast neun von zehn Intensivbetten (88,1 Prozent) im Freistaat belegt. In knapp jedem fünften (18,4 Prozent) Bett lag ein Covid-19-Patient, wie am Sonntagmittag aus dem Register der Intensivmedizinervereinigung Divi hervorging. Mit 116 intensivmedizinisch behandelten Covid-19-Fällen lag die Zahl jedoch weit entfernt vom Höchststand der Pandemie: Mitte April waren noch rund 220 Corona-Patienten auf den Intensivstationen behandelt worden.
Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hatte zuvor gewarnt, dass Ungeimpfte wegen der vollaufenden Intensivstationen schon bald nicht mehr in Thüringen behandelt werden könnten. In den nächsten Tagen werde man in die Situation kommen, dass es nicht mehr genug Intensivbetten gibt, hatte er dem ZDF gesagt. Den Menschen werde geholfen, allerdings gebe es keine Garantie, dass sie auch in ihrem Heimatbundesland behandelt würden.
Aus der Opposition kam Kritik an den Äußerungen. Es gebe keine Patienten erster und zweiter Klasse - Ramelow müsse die Menschen um Verzeihung bitten, forderte etwa die FDP im Landtag. Zudem scheine er seinen Amtseid vergessen zu haben, sagte Sprecher Thomas Kemmerich: "Zur Erinnerung: Er hat geschworen, dem gesamten Volk zu dienen - und nicht nur den Geimpften." Auch in den sozialen Medien äußerten mehrere Menschen Kritik.
Ramelow machte am Sonntag auf Twitter mehrmals klar, wie er seine Aussagen gemeint habe: "Die Ungeimpften sind das Problem auf ITS und bei den Beatmungsplätzen", schrieb er. Deswegen müssten bald Covid-19-Patienten in andere Bundesländer abverlegt werden. Es gehe jedoch nicht um eine Abweisung. Jeder Patient werde behandelt, aber Wohnortnähe werde nicht mehr gelingen.
Die Sieben-Tage-Inzidenz kletterte am Sonntag weiter und erreichte den Wert von 419,9. Am Samstag hatte sie bei 406,0 gelegen, am Freitag bei 386,9. Auf dem Höchststand vergangenen Winter lag der Wochenwert bei 327,9. Am Sonntag kamen 1038 Neuinfektionen und ein weiterer Todesfall binnen 24 Stunden hinzu. Thüringen ist damit nach Sachsen (444,0) das Bundesland mit der zweithöchsten Wocheninzidenz.
Im Südwesten des Freistaats haben mittlerweile fünf Kommunen die Marke von 500 wöchentlichen Neuinfektionen je 100 000 Einwohner überschritten. Am höchsten war die Zahl weiterhin im Landkreis Sonneberg mit 739,8, gefolgt vom Landkreis Gotha mit 523,2 und Schmalkalden-Meiningen mit 512,7. Auch der Landkreis Hildburghausen und der Ilm-Kreis waren über der 500er-Marke. Am niedrigsten lag die Inzidenz im Landkreis Sömmerda mit 269,1.