Erfurt DGB: Durch Tarifflucht fehlen Milliarden in den Kassen
Durch Tarifflucht, geringe Tarifbindung und Lohndumping in Thüringen gehen Sozialkassen und Finanzämtern nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) jährlich Einnahmen in Milliardenhöhe verloren. Die Mindereinnahmen in Thüringen bezifferte der DGB am Montag mit mehr als 2,5 Milliarden Euro pro Jahr. Er bezog sich dabei auf eigene Berechnungen anhand von Daten des Statistischen Bundesamtes. "Werden Beschäftigte nicht nach Tarif bezahlt, kommt dies der Allgemeinheit teuer zu stehen".
Den Sozialversicherungen gingen danach allein durch die geringe Tarifbindung in Thüringen jährlich 1,6 Milliarden Euro und dem Fiskus 970 Millionen Euro an Einkommensteuer verloren. Davon würden dem Land Thüringen 412 Millionen Euro und den Kommunen 145 Millionen Euro an Einkommensteuer entgehen. Zudem schmälere die mangelnde Tarifbindung die Kaufkraft der Arbeitnehmer.
Wer in Thüringen nicht nach Tarif bezahlt wird, hat laut DGB im Jahr netto durchschnittlich etwa 4300 Euro weniger im Portemonnaie als tarifgebundene Beschäftigte. Insgesamt hätten die Beschäftigten in Thüringen mit flächendeckender Tarifbindung - die es auch in anderen Bundesländern nicht gibt - rund 2,2 Milliarden Euro mehr pro Jahr in der Tasche.
"Dieses Geld fehlt letztlich auch für den sozialen Ausgleich, für Investitionen in Infrastruktur, Gesundheit und in Bildung"", erklärte der Bezirksvorsitzender des DGB Hessen-Thüringen, Michael Rudolph. "Deshalb pochen wir darauf, dass die Länder und vor allem auch die kommende Bundesregierung endlich die Tarifbindung stärken."
Der DGB fordert, dass öffentliche Aufträge und Fördergelder generell nur dorthin fließen sollen, wo Tarifverträge gelten. Thüringen hat bereits eine Regelung dazu in seinem Vergabegesetz für öffentliche Aufträge, das jedoch umstritten ist. Zudem sollte es aus Gewerkschaftssicht leichter werden, Tarifverträge für alle Unternehmen einer Branche für allgemeinverbindlich zu erklären.
Im Jahr 2020 waren laut DGB nur noch für 53 Prozent der Beschäftigten im Westen und 43 Prozent im Osten tarifgebunden.