Erfurts "Helden des Monats" Bahnhofsmission "Engel am Zug" hilft bedürftigen Menschen
Den Menschen wird am Erfurter Hauptbahnhof bei vielfältigem Bedarf Hilfe angeboten. Diese kommt von den ehrenamtlichen Helfern der Bahnhofsmission.
Mit den "Helden des Monats" ehrt t-online ehrenamtliche Organisationen und Helfer. Die freiwilligen Mitarbeiter der ökumenischen Bahnhofsmission in Erfurt sind diesen Januar und Februar die "Helden des Monats".
Knapp 30 Ehrenamtliche helfen am Erfurter Bahnhof
Seit 2017 ist die ehrenamtlich geführte Bahnhofsmission in Erfurt präsent. Erst vergangenen November eröffnete ein Pavillon, in dem alle, die Hilfe brauchen, mit Tee oder Kaffee empfangen werden. Man erkennt die Mitarbeitenden der Bahnhofsmission – wie in anderen Städten auch – an ihrer blauen Weste.
Die "Engel am Zug" sind aktuell 28 Freiwillige, die freitags von 14 bis 18 Uhr und sonntags von 14 bis 17 Uhr am Erfurter Bahnhof helfen. Worin genau die Arbeit der Mitglieder besteht und mit welchen Fällen sie bereits zu tun hatten, berichtet der erste Vorsitzende und einer der Gründer der Organisation, Hubertus Schönemann.
t-online: Wie sieht Ihre Arbeit bei der Bahnhofsmission aus?
Hubertus Schönemann: Als Bahnhofsmission sind wir immer freitags und sonntags am Bahnhof präsent. Zum einen haben wir seit dem 4. November den Pavillon, den die Bahn auf Gleis 3 bis 8 für uns errichtet hat. Darüber sind wir sehr dankbar, weil er uns die Möglichkeit bietet, Menschen dorthin auch einzuladen, zur Ruhe zu kommen, einen Augenblick zu verschnaufen. Dann ein warmes Getränk zu sich zu nehmen, ein Gespräch zu führen.
Woraus genau besteht die Arbeit der Ehrenamtlichen?
Es sind immer drei Ehrenamtliche in einer Schicht. Mindestens einer von ihnen ist dann im Pavillon, um die Gäste zu begrüßen und auch zum Gespräch zur Verfügung zu stehen. Die anderen beiden können dann auch mobil am Bahnhof unterwegs sein. Da passiert dann Mobilitätshilfe, vor allem für Menschen, die seh- oder gehbehindert sind oder im Rollstuhl sitzen. Einerseits ist diese Mobilitätshilfe dann geplant, wo wir mit der Bahn zusammenarbeiten und den Menschen helfen, barrierefrei zu reisen. Und dann haben wir auch sehr viel mit Leuten zu tun, die bedürftig sind, sich in prekären Lebensverhältnissen befinden. Das sind zum Beispiel obdachlose Menschen oder solche, die mit einer Drogenproblematik.
Wie läuft das genau ab, gehen Sie auf die Leute zu oder kommen die Leute zu Ihnen?
Es ist eine Mischung aus beidem. Wer in den Pavillon kommt, der sucht uns auch, sei es für eine kurze Rückzugsmöglichkeit oder um einen Kaffee oder Tee zu trinken. Und dann gibt es aber auch Situationen, wo wir als Ehrenamtler durch die Halle gehen. Wir sind ja gut erkennbar an den blauen Jacken. Wenn man aufmerksam durch die Bahnhofshalle geht, kommt man relativ schnell mit Leuten in Kontakt. Dann geht es vielleicht um Belanglosigkeiten, man tauscht ein bisschen was aus und plaudert.
Es gibt aber eben auch Situationen, wo Leute die Zeit nutzen, um bestimmte Dinge zu besprechen. Zum Beispiel hatte ich neulich eine blinde Frau, die ich beim Umsteigen begleitet habe, und dann hatten wir eine halbe Stunde Zeit, bis ihr nächster Zug gefahren ist. Dann hat sie mir erzählt, was es für sie bedeutet hat, als junge Frau zu erblinden. Wie schwierig das für sie war. Und dann hat sie mir erzählt, dass sie nun Sportschützentrainerin für Blinde ist. Sie trainiert jetzt also auch andere blinde und sehbehinderte Leute.
Arbeiten Sie mit der Bahn oder mit Rettungskräften zusammen?
Ja. Wenn wir die Schicht haben, dann melden wir uns beim Infopoint der Deutschen Bahn an. Wir haben auch einen guten Kontakt einerseits zur DB Sicherheit, aber auch zur Bundespolizei. Uns ist immer wichtig, dass wir den Leuten, mit denen wir zu tun haben, einfach auf Augenhöhe begegnen.
Wie finanzieren Sie die Organisation?
Wir finanzieren uns aus Spenden und Zuwendungen. Es gibt natürlich auch Möglichkeiten, bestimmte Dinge zu beantragen. Ich habe jetzt zum Beispiel beim Ehrenamtsbeauftragten der Stadt Erfurt Fördermittel für die Fortbildung 2023 beantragt. Wir machen einmal im Jahr mit unseren Ehrenamtlichen einen Fortbildungstag, wo wir an den Situationen lernen. Es ist einfach wichtig, dass die Gruppe zusammen wächst.
Was sind Ihre Wünsche und Pläne für die Zukunft?
Was wir uns sehr wünschen, sind Gelder, mit denen wir eine hauptberufliche Kraft bezahlen können. Es gibt die Möglichkeit, Drittmittel zu akquirieren, um zum Beispiel eine Sozialpädagogin oder einen Sozialarbeiter anzustellen, der dann hauptberuflich die Ehrenamtlichen betreut und auch die Präsenz ein bisschen sicherstellt am Bahnhof. Dann könnten wir im Endeffekt auch zu mehr Stunden öffnen.
Und natürlich, wenn Menschen bei uns mitmachen wollen, sich ehrenamtlich engagieren und geeignet dafür sind, dann freuen wir uns sehr. Dann kann nämlich die Gruppe auch wachsen, dann können wir auch ehrenamtlich einfach die Zeiten ausweiten.
- Gespräch mit Dr. Hubertus Schönemann
- Ökumenische Bahnhofsmission Erfurt: Engel am Zug