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Krieg in der Ukraine: Flüchtlinge bringen Sozialämter an die Grenzen


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Sie warteten stundenlang
Ukrainische Flüchtlinge bringen Sozialämter an die Grenzen

Von Marie Illner

Aktualisiert am 19.03.2022Lesedauer: 3 Min.
Ilya und Jelena: Derzeit wohnen sie in einem Dortmunder Hotel.Vergrößern des Bildes
Ilya und Jelena: Derzeit wohnen sie in einem Dortmunder Hotel. (Quelle: t-online/Marie Illner)
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Die Flüchtlinge aus der Ukraine sind für das Dortmunder Sozialamt eine Herausforderung. Zuletzt warteten Menschen seit 3 Uhr nachts für ihre Erstanträge. Ein weiterer Standort soll nun helfen. Die Frage lautet nur: für wie lange?

"Hier Ausgabe der Wartemarken" steht auf einem großen Schild am Dortmunder Sozialamt geschrieben. Davor hat sich schon um kurz vor 8 Uhr eine Menschentraube gebildet: Ukrainische Flüchtlinge, die Sozialleistungen beantragen möchten.

Svetlana wartet seit 30 Minuten in der Schlange. "Ich bin seit zwei Tagen in Deutschland, ich komme aus Kiew", sagt sie. In der Hand einen wärmenden Kaffee, über dem Pulli eine dicke rote Jacke. Als Bomben in ihrer Heimat fielen, kam die 38-Jährige auf eigene Faust mit dem Auto nach Deutschland.

"Ich habe Freunde hier in Dortmund", sagt sie. Ihre Mutter musste die Ukrainerin zurücklassen. "Sie lebt in einem kleinen Dorf, welches von den russischen Truppen eingekesselt ist und kommt da derzeit nicht raus", sagt Svetlana sichtlich besorgt. Auch ihr Vater ist noch im Kriegsgebiet – als Mann im wehrpflichtigen Alter durfte er das Land nicht verlassen.

Flüchtlinge aus der Ukraine in Dortmund: Familien wurden getrennt

Svetlana aber hat es nach Deutschland geschafft, bis in die Schlange vor das Sozialamt. "Der Andrang heute ist allerdings nichts verglichen mit dem, was wir in den letzten zwei Wochen erlebt haben", sagt ein Mitarbeiter der Stadt. Da hätten die Leute seit 3 Uhr nachts angestanden, über 100 Meter die Straße herunter.

Leere Plastikstühle am Seitenrand sowie ein Absperrband die gesamte Leopoldstraße herunter zeugen noch davon. Aus den Autofenstern sieht man immer wieder neugierige Blicke der Fahrer. "Ich fühle mich in Deutschland willkommen", sagt Svetlana trotzdem. In der Ukraine hat die junge Frau im Hotel- und Gastgewerbe gearbeitet, will sich auch hier in Deutschland Arbeit suchen. "Sobald es geht, möchte ich aber wieder in meine Heimat zurück", sagt sie.

Auch Jelena (20) und Ilya (21) warten am Freitagmorgen vor dem Sozialamt. Einen dicken Rollkoffer und Taschen haben sie dabei. "Aktuell wohnen wir im Hotel, aber wir möchten hier eine Unterkunft beantragen", sagen die beiden. In der Ukraine haben sie Ingenieurswesen in Charkiw studiert, sahen auch ihre Zukunft dort. Dann begann der Krieg.

Neuer Standort zur Entlastung

"Ich habe ältere Verwandte zurücklassen müssen. Sie sind über 80 Jahre alt und pflegen vor Ort Katzen und Hunde, sie konnten nicht mit", sagt Jelena. Die Situation sei schrecklich, immer wieder erinnere sie sich, wie sie Schüsse hörte. Nun hofft das Paar, hier zur Ruhe zu kommen.

Ob am Freitag noch etwas daraus wird, ist unklar. Ein Mitarbeiter der Stadt verteilt Zettel an die wartenden Flüchtlinge. "Entenpoth 34" steht darauf – eine Adresse im Stadtteil Hörde. Eine Stunde Fußweg rechnet Ilyas Handy-App aus. Seit dieser Woche hat das Dortmunder Sozialamt seinen Service für ukrainische Flüchtlinge ausgeweitet und einen weiteren Standort für die Bearbeitung der Erstanträge geöffnet.

Trotz langer Öffnungszeiten an allen sieben Tagen der Woche und engagierter Mitarbeiter sei der Andrang der Flüchtlinge an der Leopoldstraße nicht zu bewältigen gewesen, heißt es von der Stadt. Auch jetzt bleiben die Kapazitäten begrenzt: Nur, wer eine Wartemarke ergattert, dessen Anliegen kann am jeweiligen Tag auch bearbeitet werden.

"Alle Menschen, die wir leider, weil es nicht anders machbar ist, auf den nächsten Tag vertrösten müssen, erhalten für den Folgetag eine Wartemarke, die mit einem konkreten Zeitfenster zur Bearbeitung versehen ist, um den Aufwand und die Wartezeit für die geflüchteten Menschen zu minimieren", teilt die Stadt Dortmund mit.

Die Versorgung der ukrainischen Flüchtlinge ist für die Stadt Dortmund eine Herausforderung. Gut, dass es daher Menschen wie Franco Dell Aquila gibt.

Er denkt in kleinen Schritten. "Ich hoffe, dass der neue Standort zumindest die langen Wartezeiten für die Flüchtlinge verkürzt", sagt der ehrenamtliche Helfer. Mit einem Bollerwagen voller Hygienemittel von Deo bis Windeln und warmem Kaffee ist er früh am Morgen in die Leopoldstraße gekommen.

"Ich arbeite hier in der Nähe und bin immer morgens vorbeigefahren", sagt Dell Aquila. Nun habe man sich auf der Arbeit entschlossen, helfen zu wollen. An diesem Tag reichen der Kaffee, die Windeln, die Solidarität und die Kapazitäten der Stadt. Dass das so bleibt, darauf wird es in den nächsten Wochen und Monaten ankommen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen und Beobachtungen vor Ort
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