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Polizei über NRW-Querdenker: "Friedliche Meinungsäußerung ist nicht das Ziel"


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Polizei warnt
"Querdenker"-DJ spielt Ausschreitungen in Kassel herunter

Von David Peters

Aktualisiert am 25.03.2021Lesedauer: 4 Min.
Michael Schele (li.) bei einer Demo im Jahr 2020: Der DJ aus Hagen meint, es gebe keine Corona-Pandemie.Vergrößern des Bildes
Michael Schele (li.) bei einer Demo im Jahr 2020: Der DJ aus Hagen meint, es gebe keine Corona-Pandemie. (Quelle: Peters)

Bei vielen "Querdenken"-Demos in NRW ist Michael Schele immer wieder als Organisator und Anmelder aktiv. Auch bei der eskalierten Demo in Kassel war er dabei und wurde von der Polizei festgenommen.

Am Samstag haben in Kassel rund 20.000 "Querdenker" demonstriert. Obwohl nur eine Kundgebung mit 6.000 Teilnehmern erlaubt war, setzten sich mehrfach Demonstrationszüge in der Innenstadt in Bewegung. Vorweg lief ein Mann in orangefarbener Weste. Als sich der illegalen Demonstration mehrere Radfahrer in den Weg stellten, brüllte der Mann in sein Megafon: "Wir gehen dran vorbei!" Dabei trat er eines der Fahrräder um und fügte hinzu: "Durchbrechen – das sind doch Spackos".

Bei dem Mann mit dem Megafon handelt es sich um den Hagener DJ Michael Schele. Als die Polizei die beiden Lager trennte und auch Schele beiseite schubste, ging der DJ einen Polizisten an und schrie: "Ich deeskaliere, du Arschloch." Kurze Zeit später wurde er festgenommen.

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Nur einen Tag nach der Großdemonstration in Kassel sollte in Dortmund eine Kundgebung der "Querdenker" stattfinden. Doch daraus wurde nichts: Scheles lang angekündigte Versammlung am Hoeschpark wurde rund zwei Stunden vor Beginn durch die Polizei verboten. "Die Ereignisse der letzten Tage haben Unzuverlässigkeiten des Anmelders offengelegt", heißt es seitens der Dortmunder Polizei. Zudem lassen die Ausschreitungen in Kassel, in Verbindung mit vorherigen "Querdenken"-Demos in Dresden und Berlin, "darauf schließen, dass eine friedliche Meinungsäußerung nicht das Ziel der Bewegung ist".

Schele bestätigte t-online seine Festnahme und spielt die Vorfälle in Kassel herunter. Er habe gegen das Fahrrad getreten, weil er zuvor von einem Gegendemonstranten angespuckt worden sei. Auf einem Video, das die Aktion zeigt, ist das Spucken nicht zu sehen. Zudem trugen die Gegendemonstranten medizinische Masken. Schlimmer als seine Beleidigung des Polizisten empfindet Schele, dass er zuvor von diesem gegen die Brust gestoßen wurde.

Hagener DJ als Pandemieleugner

Schele stach nicht nur in Kassel aus der Masse der "Querdenker" heraus. Seit Beginn der Bewegung meldet der Hagener in Nordrhein-Westfalen etliche Demonstrationen an. Wie viele genau es waren, kann der Mann, der als Kopf der "Querdenker" in NRW gilt, nicht mehr sagen. Auch an der Anmeldung und Organisation der wöchentlichen Autokorsos in Dortmund ist Schele maßgeblich beteiligt.

Er selbst bezeichnet sich als "Querdenker". Eine Maske, die vor der Übertragung des Corona-Virus schützt, trägt er nicht. "Ich lehne die Maske ab. Die Wahrheit hinter der Corona-Pandemie ist eine andere. Wir haben keine Pandemie – wir haben eine 'Plandemie'." Der DJ sei wegen der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung arbeitslos geworden. "Wem nutzt das?", fragt Schele in Bezug auf die Pandemie.

Schele ist gegen Corona-Impfungen

"Hinter den Aussagen von Michael Schele steckt die Annahme, dass bestimmte Interessensgruppen von der Pandemie profitieren würden. Moderne Gesellschaften sind aber viel komplexer, als dass einzelne Akteure oder ein Zusammenschluss derer aus Eigennutz eine globale Pandemie auslösen könnten", erklärt der Soziologe Niklas Herrberg.

Er forscht an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf zu Verschwörungsmythen und beobachtet die "Querdenken"-Bewegung seit ihrem Beginn. Schele drücke sich bewusst schwammig aus: "Ganz oft werden nur Fragen gestellt. Durch die Art, wie die Frage gestellt und welches Bild skizziert wird, ist die Antwort zum Teil schon impliziert."

Zum Thema Impfen äußert sich Schele immerhin klar. Der Hagener DJ fühlt sich von einer angeblichen Impfpflicht bedroht. Als Impfgegner will er sich selbst aber nicht sehen: "Ich bin nur gegen alles, was mir von anderen aufgezwungen wird." Dass Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) immer wieder betont, dass es keine Impfpflicht geben werde, ignoriert Schele.

Ausweichen und Relativieren als Strategie

Angesprochen auf die Kritik, dass immer wieder Neonazis an Demonstrationen der "Querdenker" teilnehmen, erklärt Schele, dass man niemanden ausschließen könne, wenn dieser nicht als Störer in Erscheinung trete. "Wir werden auch niemanden rausschmeißen", stellt er klar und widerspricht damit seiner eigenen Darstellung, dass er bei einer "Querdenken"-Demonstration im Dezember in Düsseldorf Neonazis "vom Hof gejagt" hätte.

Das Bild vor Ort war ein anderes: Große Teile der Neonazis und Hooligans langweilten sich und versuchten daraufhin, geschlossen in Richtung Innenstadt zu marschieren. Dies konnte im letzten Moment durch die Polizei verhindert werden. Auch an den Aktionen der "Querdenker" in Dortmund nahmen mehrfach Neonazis teil.

Zu den Ausschreitungen in Kassel, bei denen es zu gewalttätigen Angriffen auf Polizeikräfte kam, äußert der DJ lediglich: "Gabs die?" Auch von vielen Angriffen auf Journalisten habe er nichts mitbekommen, weil er den Nachmittag in Polizeigewahrsam verbracht habe. Dennoch stellt er trotz vielfältiger Belege infrage, dass diese Übergriffe von "Querdenkern" ausgingen. "Generell sage ich zu Gewalt Nein. Man muss aber alles im Kontext sehen. Da ich nicht dabei war, kann ich dazu nichts sagen", versucht Schele die Frage zu umgehen.

Eine beliebte Taktik des Hageners, der Kritik immer wieder geschickt ausweicht oder sie zu relativieren versucht. Im Gegensatz zu anderen Akteuren wie Artur Helios, der dazu aufrief, gegen Leute vorzugehen und sie zu eliminieren, bemüht sich Schele, wenig Angriffsfläche zu bieten und ein freundliches Auftreten zu bewahren. Dass dies nicht immer gelingt, zeigte sich in Kassel.

Obwohl seine letzte Demonstration von der Dortmunder Polizei verboten wurde, will er weiterhin versuchen, Versammlungen anzumelden. Die Autokorsos der "Querdenker" in Dortmund sollen weiterhin jeden Dienstag stattfinden.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Gespräche mit Michael Schele
  • Gespräch mit Niklas Herrberg
  • Pressemitteilung Polizei Dortmund vom 21. März 2021
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