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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Prozess um tödliche Polizeischüsse Wieso ein Podcast jetzt als Beweismaterial verwendet wird
Ein Polizist erschießt einen Flüchtling und spricht darüber in einem Podcast. Nun wird dieses Tondokument im Prozess als Beweismaterial genutzt.
Wie eingefroren schaut der Angeklagte Fabian S. in den Gerichtssaal 130 des Landgerichts in Dortmund. Über Lautsprecher ertönt ein Podcast des WDR mit dem Titel "Mouhamed Dramè - Wenn die Polizei tötet". Er handelt vom tödlichen Polizeieinsatz im August 2022 in Dortmund. Hier hat Fabian S. den senegalesischen Flüchtling Mouhamed Dramé im Hof einer Jugendhilfeeinrichtung mit einer Maschinenpistole erschossen, kurz nachdem er von den Einsatzkräften mit Pfefferspray und Tasern zu beruhigen worden war. Seit rund elf Monaten muss er sich aufgrund des tödlichen Einsatzes mit vier weiteren Kollegen in einem Prozess am Landgericht Dortmund verantworten.
Während der Prozess läuft, hatte sich Fabian S. im Sommer an die Medien gewandt. "Ein ungewöhnlicher Schritt", wie Gerichtsprecherin Nesrin Öcal t-online erklärt. Nahezu zwingend sei es nun, dass die Kammer die Aussagen, die er im Podcast tätigte, als Beweismittel im Prozess angeführt werden. Rund eine Stunde lauschten Richter, Staatsanwältin, die Verteidiger und Angeklagten sowie die beiden Brüder des Getöteten dem Hörstück.
"Es tut mir leid, aber ich bereue es nicht"
Emotional berichtet Fabian S. hier, wie es sich anfühlt, mit dem Wissen weiterzuleben, einen Menschen getötet zu haben. Er berichtet ausführlich über den Tathergang sowie über seine Beweggründe, Polizist geworden zu sein. Auch zum Schritt an die Öffentlichkeit zu gehen, äußert sich der Angeklagte: Es sei ihm darum gegangen, "letztendlich der Nebenklage nicht ganz die Deutungshoheit zu überlassen", sagt der 30-Jährige. Zudem fände er es wichtig, der Öffentlichkeit zu zeigen, dass er auch nur ein "Mensch mit Gefühlen" sei.
Letztendlich dreht sich im Podcast jedoch alles um die Frage: Durfte die Polizei töten? Die Antwort des Angeklagten Fabian S. ist ja: "Es tut mir leid, aber ich bereue es nicht, dass ich so gehandelt habe. Weil, wie gesagt, die Alternative wäre möglicherweise schlimmer gewesen." Damit meint Fabian S. mögliche Folgen eines Messerangriffs des Getöteten.
Fabian S. nun wegen fahrlässiger Tötung angeklagt
Die Staatsanwaltschaft bewertet das Einschreiten als nicht verhältnismäßig und hatte bis Montag Fabian S. Totschlag vorgeworfen. Am Montag gab sie jedoch bekannt, dass sie jetzt nicht mehr ausschließe, dass die Angeklagten während des Einsatzes der Auffassung waren, dass sie sich in einer Notwehrsituation befanden. Aus diesem Grund wirft die Staatsanwaltschaft Fabian S. nun fahrlässige Tötung vor. Die Auffassung, dass sich die Beamten in einer Notwehrsituation befanden, sei zwar ein Irrtum gewesen, aber ihr Handeln bewertet die Staatsanwaltschaft damit nicht mehr als vorsätzlich, sondern als fahrlässig. Das Strafmaß der fahrlässigen Tötung ist deutlich geringer. Richter Thomas Kelm kommentierte die Aussagen im Podcast nicht. Ein Urteil wird Mitte Dezember erwartet.
- Prozesstag am Landgericht Dortmund vom 18. November 2024
- 1WDR.de: Mouhamed Dramé – Wenn die Polizei tötet