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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Titeljagd startet im Pokal Wer beim BVB überzeugt – und wer es schwer hat
Samstag gilt’s für den BVB im Pokal. Einige Neuzugänge könnten gleich in die Startelf rutschen. Ein 30-Millionen-Mann zählt zu den Verlierern der Vorbereitung.
Der BVB startet seine Titeljagd am Samstag mit dem DFB-Pokalspiel bei Phoenix Lübeck – mit neuem Trainer und runderneuertem Kader. "Wenn wir zusammenhalten, sind wir sehr, sehr stark", ist Nuri Şahin vor seinem Pflichtspieldebüt als Chefcoach überzeugt. "Ich freu‘ mich, es kann losgehen."
Diese Vorfreude dürfte nicht jeder Profi aus dem schwarz-gelben Kader teilen. Die intensive Vorbereitung inklusive hochkarätiger Verstärkungen hat die Machtverhältnisse in der Kabine und auf dem Rasen in Teilen gehörig durcheinandergewirbelt. Manch einer wird es schwer haben, seinen Platz in den Spieltagskader zu finden – geschweige denn in die Startelf.
Noch größer aber ist die Seite der Gewinner – eine ganze Reihe an Spielern darf sich unter Şahin gute Chancen auf regelmäßige Einsätze und eine tragende Rolle ausrechnen. Umso mehr, da die Borussia künftig nicht mehr auf ein System festgelegt sein wird, flexibler agieren will und regelmäßige Rotation zum Leistungsgedanken beitragen soll.
Zahlreiche Spieler profitieren vom Trainerwechsel
Zu den absoluten Gewinnern der Vorbereitung zählt mit Pascal Groß ausgerechnet der älteste Feldspieler im Kader. Der 33-Jährige scheint seinen erfolgreichen Weg der letzten Jahre, der ihn im Sommer als Nationalspieler auch zur Europameisterschaft geführt hat, in Dortmund nahtlos fortzusetzen.
Groß war seit seinem Transfer aus Brighton von der ersten Minute an einer, der auf dem Platz vorangeht, Verantwortung übernimmt und viel mit seinen Nebenleuten spricht. Er macht im Mittelfeld viele Wege, fordert und verteilt mit guter Übersicht die Bälle, schießt gefährliche Standards. Bei ihm könne man "nur ins Schwärmen kommen", meint BVB-Sportchef Lars Ricken.
Süle: "Ich wollte, aber ich konnte nicht mehr"
Ebenfalls Eindruck hinterlassen hat Niklas Süle. Allein mit seiner körperlichen Transformation machte der Innenverteidiger deutlich, dass er ernsthaft noch einmal angreifen will. Dass vor allem mentale Probleme ihn in der letzten Spielzeit aus der Bahn geworfen und zu einem übergewichtigen und untrainierten Profi gemacht hatten, hat er inzwischen selbst verraten: "Ich wollte, aber ich konnte nicht mehr."
Hält Süle sein Fitnesslevel, ist er eine gleichwertige Alternative zu Neuzugang Waldemar Anton und Nico Schlotterbeck. Und Şahin hat drei Manndecker, bei denen er bei der Fülle an Spielen problemlos rotieren kann.
Neben den beiden etablierten Profis waren es vorwiegend die Youngster, die im Trainingslager in Bad Ragaz und in den Testspielen positiv aufgefallen sind. Allen voran Cole Campbell – der US-Boy hat auf der Außenbahn mit seiner Schnelligkeit und seinen gefährlichen Hereingaben Eindruck hinterlassen. Mit seinen 18 Jahren hat er auch Şahin überrascht, der ihm bescheinigte, dass "da eine Tür aufgehen könnte". Körperlich muss er noch zulegen, könnte aber schneller sein Profidebüt feiern, als man erwartet hat.
Viel Licht, aber auch Schatten im BVB-Kader
Das hat Julian Duranville schon seit dem Mai 2023 hinter sich. Der ebenfalls erst 18-Jährige ist das vielleicht größte Talent im Dortmunder Kader, wurde aber immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen. Jetzt aber wirkt der Belgier fit und dürfte dann schon bald einlösen, was er verspricht: Spielfreude, gute Technik, Tempo, Tricks und Torgefahr. Vor allem im Eins-gegen-eins-Duell sei Duranville "brutal gut", lobt Nuri Şahin.
Wo viel Licht ist, gibt es aber eben auch Schatten. Gemessen an seinen Voraussetzungen und seiner Ablöse wirft den größten Schatten ohne Zweifel Felix Nmecha – und das bereits im zweiten Jahr. Der 30-Millionen-Zugang des vergangenen Sommers, damals der Königstransfer von Sportdirektor Kehl und Trainer Terzic, scheint sich auch auf den zweiten Blick als riesiges und richtig teures Missverständnis zu entpuppen.
Salih Özcan gibt Gas
Obwohl der 23-Jährige dieses Mal die komplette Vorbereitung absolviert hat und mit einem körperlichen Vorsprung auf die EM-Fahrer gestartet ist, konnte er in den Tests kaum einmal überzeugen: zu viele Ballverluste, zu wenige positive Aktionen, dazu immer wieder zu phlegmatisch und irgendwie ohne Biss. Aufgeben wird der BVB ihn allein schon aufgrund der horrenden Ablöse nicht. Aktuell aber ist kaum vorstellbar, dass Nmecha sich gegen die starke Mittelfeld-Konkurrenz um Groß, Can, Sabitzer und Brandt durchsetzen kann.
Ebenfalls ein Opfer des Überangebots im Mittelfeld könnte Salih Özcan werden. Im Gegensatz zu Nmecha gibt der 26-Jährige allerdings Gas und lässt sich nicht hängen. Flattert noch ein für Verein und Spieler interessantes Angebot ins Haus, könnte Özcan seine Zelte in Dortmund abbrechen.
Stürmer könnte den Club noch im Sommer verlassen
Gleiches gilt für Sebastien Haller, dem perspektivisch ebenfalls nicht zugetraut wird, sich gegen die Sturmkonkurrenz um die Neuzugänge Guirassy und Beier behaupten zu können. Auch hier gibt es aber keine Differenzen zwischen Spieler und Klub; bleibt Haller bei der Borussia, wird er um seine Chance kämpfen.
Anders sieht der Fall bei Youssoufa Moukoko aus. Nach der öffentlichen Generalabrechnung seines Beraters mit dem BVB hat sich die ohnehin auch sportlich nicht gute Ausgangsposition für den 19-Jährigen weiter verschlechtert. Findet sich nach dem geplatzten Wechsel zu Olympique Marseille kein Abnehmer für den einst als "Jahrhunderttalent" gepriesenen Stürmer, könnte Moukoko zum größten Verlierer der Saisonvorbereitung werden.
- Eigene Recherchen