Nach Missbrauchsvorwürfen gegen Vize Wählergemeinschaft: Lüner Bürgermeister soll Amt "ruhend stellen"
Der frühere Vize-Bürgermeister von Lünen soll Minderjährige sexuell missbraucht haben und sitzt in U-Haft. Nach Untersuchungen auch gegen den Bürgermeister wächst der Druck.
Nach dem Bekanntwerden der Ermittlungen gegen den Lüner Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns im Zusammenhang mit Missbrauchsvorwürfen gegen seinen Stellvertreter hat die Wählergemeinschaft Gemeinsam Für Lünen (GfL) den Bürgermeister am Dienstag per Mail aufgefordert, sein Amt ruhen zu lassen. Das bestätigte der GfL-Fraktionsvorsitzende Johannes Hofnagel t-online. Zunächst hatten die "Ruhr Nachrichten" hierüber berichtet.
Sein früherer Stellvertreter Daniel Wolski (SPD) soll Minderjährige gegen Bezahlung sexuell missbraucht haben. In der U-Haft legte der SPD-Politiker sein Amt nieder. Dem SPD-Politiker werden 25 Taten vorgeworfen.
Hintergrund der GfL-Forderungen sind die Ermittlungen gegen den Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns selbst. Es besteht laut Staatsanwaltschaft der Verdacht der Verletzung eines Dienstgeheimnisses und der versuchten Strafvereitelung im Amt. Die Ruhestellung des Amtes hält die Wählerschaft "für dringend geboten, um weiteren Schaden von der Stadt Lünen abzuwenden", wie es im Schreiben an den Bürgermeister heißt, das t-online vorliegt.
Hat der Bürgemeister eine Mail an den Vize weitergeleitet?
Im Zuge der Ermittlungen wurde bekannt, dass der Bürgermeister eine Mail, in der mögliche sexuelle Verfehlungen Wolskis behauptet worden waren, an diesen selbst weitergeleitet und dann gelöscht habe. Wie ein Sprecher der Dortmunder Staatsanwalt sagte, habe Kleine-Frauns die Polizei nicht informiert.
Johannes Hofnagel, GfL-Fraktionsvorsitzender zu t-online: "Generell gilt Unschuldsvermutung. Nun müssen wir die Ermittlungen abwarten."
Der parteilose Bürgermeister hatte sich vergangene Woche im Haupt- und Finanzausschuss der Stadt Lünen zu dem Verdacht geäußert. Hier erklärte er, dass er im Januar 2023 eine unter falschem Namen versandte Mail erhalten habe, in der Vorwürfe erhoben worden seien, aber kein konkretes strafbares Geschehen geschildert worden sei. Er sei sich damals sicher gewesen, dass es sich dabei um eine "perfide Verleumdungskampagne" gegen seinen damaligen Stellvertreter gehandelt habe. Daher habe er Wolski informiert.
Auch das Handy vom Bürgermeister wurde ausgewertet
"Ich habe die Mail nicht an die Polizei weitergeleitet, weil ich seinerzeit ausgeschlossen habe, dass Herr Wolski Straftaten zum Nachteil von Minderjährigen begangen haben könnte." Kleine-Frauns erläuterte weiter, er habe die Mail gelöscht, da der offizielle Mail-Account des Bürgermeisters von mehreren Verwaltungsmitarbeitenden bearbeitet werde und er "etwaige Befangenheiten in der Zusammenarbeit mit Herrn Wolski" habe verhindern wollen.
Der Sprecher der Dortmunder Staatsanwalt sagte, die Bochumer Kollegen hätten bei den Ermittlungen gegen Wolski auch dessen Handy ausgewertet. Dort habe man unter Whatsapp-Nachrichten ein Foto der besagten Mail gefunden. Die Bochumer Staatsanwaltschaft habe den Verdachtsfall an Dortmund abgegeben. Auch das Büro des Bürgermeisters im Rathaus wurde im Zuge der Ermittlungen durchsucht. Der Bürgermeister habe die Mail aus dem Gelöscht-Ordner geholt und den Ermittlern weitergegeben.
Kleine-Frauns zufolge gab es keine Durchsuchung in seinem Büro. "Diese war schlichtweg nicht nötig." Die Mail habe er "den Behörden auf Anfrage direkt zur Verfügung stellen können".
- Telefonat mit Johannes Hofnagel, GfL-Fraktionsvorsitzender
- Material der dpa
- facebook.com: Beitrag von Mein Lünen vom 7. Dezember 2023
- Schreiben der GfL Lünen an den Bürgermeister der Stadt Lünen vom 12. Dezember 2023