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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ein Jahr Multimillionär Chico enttäuscht: "Sie betteln, sie weinen"
Vor genau einem Jahr knackte Chico den Jackpot von rund zehn Millionen Euro. Wo ist das Geld, bereut er seine Ausgaben und wieso wohnt der 42-Jährige immer noch bei seinen Eltern? Ein Interview.
Genau ein Jahr ist nun her, als sechs Richtige auf einem Lottoschein den heute 42-jährigen Dortmunder Kürsat Yildirim alias Chico zum Multimillionär machten. Insgesamt 9,8 Millionen Euro kassierte er im Lotto.
Seitdem hat der wohl bekannteste Lottokönig aus Deutschland viel erlebt und hohe Summen ausgegeben, aber auch viel Geld weggelegt, wie Kürsat Yildirim im t-online-Interview erzählt. Ein Jahr, ein Porsche, ein Ferrari, eine neue Freundin, viele Neider und einen Instagram-Kanal, dessen Nachrichten er kaum noch überschauen kann.
t-online: Chico, ein Jahr ist es nun her, dass Sie den Jackpot geknackt haben. Die Frage, die mir auf den Lippen brennt: Was haben Sie mit dem ganzen Geld gemacht?
Chico: Ich habe mehr als die Hälfte meines Gewinns in Immobilien investiert. Übrigens alle in Dortmund, außer einer. Alles cash bezahlt. Daraus erziele ich gute Einnahmen durch Mieten. Ich werde allerdings nicht sagen, wie viel ich reingesteckt habe und was ich jeden Monat verdiene.
Mittlerweile bin ich auch Unternehmer geworden. Ich habe jetzt unter anderem eine Social Media GmbH, dadurch kommt auch Geld rein. Zudem habe ich kleine Verträge als Werbegesicht – das Feld werde ich weiter ausbauen. Es läuft alles so, wie ich mir das wünsche.
Wie verlief für Sie das erste Jahr als Multimillionär?
Man sagt ja immer: "Die erste Million machen ist schwer, der Rest kommt automatisch." Bei mir waren's auf einmal zehn Millionen – geh damit mal um. Das ist wirklich sehr, sehr schwer.
Wie meinen Sie das?
Mittlerweile sehe ich, wie die Menschen sich verändern, teilweise auch ekelhaft werden. Das macht einen paranoid. Du weißt nicht, wem du am Ende vertrauen sollst. Aber Gott sei Dank habe ich stabile Leute.
Ich lasse an mich keinen mehr dran. Ich habe meinen besten Freund, ich habe meine Liebe gefunden, mein Bruder ist da, meine Eltern sind gesund, ich habe mich abgesichert und brauche in meinem Leben nicht mehr zu arbeiten.
Das heißt, es gibt auch viele Neider?
Klar, ich bin mittlerweile sehr enttäuscht worden von alten Freunden: "Ja wir waren doch zusammen öfter unterwegs, das und dies." Ich hab auch mehreren geholfen und das bereue ich. Manche denken, weil ich jetzt zehn Millionen habe, können sie kommen. Die betteln, die weinen – manche kommen mit ihren Familien zusammen, mit der Ehefrau, mit der Mutter: "Chico, wir kennen uns doch so lange, Chico, bitte hilf doch mal. Ende des Monats oder in drei Monaten geben wir dir dein Geld wieder oder ratenweise."
Wenn dann das Datum kommt, ziehen sie es in die Länge oder melden sich gar nicht mehr. Anstatt zu sagen, dass sie es nicht schaffen, hauen sie ab. Früher haben sie sich versteckt und haben die Straßenseite gewechselt, wenn sie mich gesehen haben. Jetzt wollen sie mich umarmen und küssen. Bei manchen Leuten möchte ich sagen: "Verstecke dich doch weiter."
Nun sind Sie, nachdem Sie den Jackpot geknackt haben, gleich an die Öffentlichkeit gegangen. Bereuen Sie das?
Nein, ich würde das genauso noch einmal machen. Ich bereue nichts, seitdem ich gewonnen habe. Klar, ein paar Sachen habe ich falsch gekauft. Klamotten und so – aber sonst keine falschen Investitionen, mein Karma ist sauber. Überall wo ich Schulden hatte, habe ich mehr als das Doppelte wieder zurückgegeben. Ich bin sehr glücklich. Mir geht es einfach gut.
Ich bin auch froh, dass ich ein bisschen zurückgeben kann, meinem besten Freund, meinem Bruder – die haben sehr viel mit mir durchgemacht, also meine gesamte Familie. Die standen immer hinter mir wie eine Mauer. Es soll so bleiben, wie es ist. Ich möchte weiter in der Öffentlichkeit stehen, vielleicht ja sogar mal in einem Kinofilm.
Was war für Sie das Aufregendste, was Sie in dem Jahr erlebt haben?
Für mich war es das Schönste, dass ich berühmte Leute, die ich nur aus dem Fernsehen kannte, persönlich kennenlernen durfte. Da fällt mir zum Beispiel die OMR Messe in Hamburg ein, da kamen Promis auf mich zu, die ich nicht mal kannte.
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Die kamen auf mich zu und wollten sich mit mir unterhalten. Das war ja alles für mich neu. Ich erinnere mich auch, als ich Thomas Gottschalk kennenlernte in seiner Liveshow oder auch Klaas (Anm. der Red.: Heufer-Umlauf). Das waren für mich absolute Highlights.
Macht Geld wirklich glücklich?
Klar, du hast so viel Spaß mit Geld. Du bist immer auf der sicheren Seite. Klar – mit Geld kannst du auch nicht alles kaufen. Geld ist so ein Ding, ich kann das gar nicht beschreiben. Deine Lebenssituation wird erleichtert. Du kommst überall hin, wo du willst, du hast schöne Autos, du kannst schön essen, schöne Klamotten kaufen, schönen Urlaub machen. Du brauchst dir keine Sorgen mehr machen, ob du morgen deine Miete noch bezahlen kannst oder ob du einkaufen kannst.
Du bist aber auch nur ein Mensch. Das heißt nicht, dass Menschen, die Geld haben, alle richtig glücklich sind. Nein. Manchmal kracht's. Manchmal passiert irgendwas. Geld rettet eben nicht alles. Zum Beispiel, wenn du krank wirst, dann bist du krank, wenn du an der Endstation bist, da rettet dich dein Geld auch nicht mehr.
Wie läuft es in der Liebe?
Ich bin seit rund zehn Monaten mit meiner neuen Freundin zusammen. Wir haben jetzt entschieden, dass wir zusammenziehen wollen. Ich wohne ja immer noch bei meinen Eltern, aber die meiste Zeit bin ich bei ihr. Ab und zu kracht es auch. Das ist ja ganz normal. Wir waren jetzt im Urlaub, da hat es dann auch bisschen heftiger gekracht. Aber wir haben uns wieder gefunden. Gott sei Dank.
Wo wollen Sie denn hinziehen? Etwa raus aus Dortmund?
Ich bin ein sehr stolzer Dortmunder, ich würde Dortmund nie verlassen. Ich möchte unbedingt an den Phönix-See, erste Reihe, eventuell in einem Penthouse, sodass ich den Rest meines Lebens dort verbringen kann. Woanders kommt es nicht infrage. Da habe ich richtig schöne Häuser im Auge und bereits nach Angeboten geguckt. Auch weil das mein erster Arbeitsplatz dort war, weil da immer was los ist. Ich kann nicht in einer ruhigen Ecke wohnen.
Denken Sie oft an die Zeit vor Ihrem Millionen-Gewinn?
Ja, klar, ich denke oft an die Zeit, wie das früher war. Manchmal fahre ich mit meinem Auto und entdecke ein schönes Auto und denke: "Wow, ist das ein Porsche oder Ferrari?" Dann wird mir erst klar, dass ich Multimillionär bin. Manchmal fahre ich auch in Ecken, an die ich Erinnerungen von früher habe – wie ich damals da rumgelaufen bin oder was ich da für eine Scheiße erlebt habe.
Die Chancen sind 1 zu 500 Millionen. Was mir passiert ist, ist ein Wunder. Ich glaube an Karma. Dieses Geld war für mich vorgesehen, das denke ich mir. Ich war einfach zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort – nämlich im richtigen Lottoladen, genau in diesem Zeitpunkt habe ich gespielt. Das ist Schicksal.
Spielen Sie noch Lotto?
Ich spiele immer noch Lotto. Und auch immer noch in meinem alten Lottoladen.
- Gespräch mit Kürsat Yildirim alias Chico