Am Amtsgericht Lünen "Höllenschlachter" von Selm: Vater und Söhne stehen vor Gericht
Vor über zwei Jahren deckten Tierschützer die Tierquälerei am Schlachthof auf. Am Freitag beginnt der Prozess gegen drei Mitarbeiter. Ein Mann legt offenbar ein Teilgeständnis ab.
Über drei Monate hat die Tierschutzorganisation "SOKO Tierschutz" den Schlachthof Prott in Selm beobachtet und dabei erschreckende Szenen festgehalten: Tiere, die ohne Betäubung geschlachtet werden. Ihr Aufklärung führte schlussendlich zum jetzigen Prozess am Amtsgericht Lünen, vor dem sich nun drei Mitarbeiter des Schlachthofs verantworten müssen. Nach Angaben der "Deutschen-Presse Agentur" handele es sich dabei um einen Mann und seine beiden Söhne.
Vor über zwei Jahren wurden die Aufnahmen mit einer versteckten Kamera aufgenommen. Darauf zu sehen sind Rinder und Schafe, die an den Beinen von der Decke baumeln und denen dann die Kehle aufgeschnitten wird – bei vollem Bewusstsein. Dies ist in Deutschland verboten. Tiere dürfen nur durch eine vorherige Betäubung geschlachtet werden, um die Qual der Tiere zu minimieren.
Allerdings soll dies nicht die einzige Tierquälerei sein, die am Schlachthof Prott gewesen auch. In der Anklage ist laut den "Ruhr-Nachrichten" die Rede von einem "exzessiven Gebrauch" von elektronischen Treibgeräten. Wie der "WDR" berichtet, müssen sich derzeit nur die drei Mitarbeitenden vor Gericht verantworten. Der Chef des Schlachthofs sei derzeit verhandlungsunfähig. Den Angeklagten drohen demnach mehrere Jahre Haft.
Teilgeständnis der Angeklagten
Zu Prozessbeginn soll sich laut Deutscher-Presse Agentur der angeklagte Vater zum Schlachtungsprozess geäußert haben. Demnach habe er den Tieren "in den Hals geschnitten", sodass sie ausbluten konnten. Die beiden Söhne sollen zugegeben haben, ihm dabei geholfen zu haben, indem sie die Tiere festhielten. Entscheidend im Prozess sei, ob die Tiere bei diesem Vorgehen vorher betäubt worden sind. Das nämlich ist wegen des Tierschutzes in Deutschland die Vorschrift.
Laut dpa geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass die angeklagten Männer vor der Schlachtung kein Bolzenschussgerät verwendet haben, mit denen die Tiere mittels eines gezielten Schusses vor den Kopf betäubt werden. Dies soll ihnen unnötiges Leid bei der Schlachtung ersparen.
Bis zum 15. September sind noch zwei weitere Prozesstermine angesetzt.
Schlachthöfe unter der Lupe
Immer wieder gibt es Skandale rund um Schlachthöfe in Deutschland. Der "SOKO Tierschutz" berichtet von weiteren Aufdeckungen, derentwegen bereits neun Schlachthöfe in Deutschland geschlossen werden mussten. Dabei decken Tierschützer und verdeckte Redakteure nicht nur gesetzeswidriges Verhalten gegenüber den Tieren, sondern auch im Umgang mit den Angestellten auf.
In der Podcastfolge "Schattenmenschen" von "Zeit Verbrechen" berichten die Redakteure davon, wie Angestellte von Tönnies viel zu wenig Lohn erhielten, im Wald schlafen mussten und teilweise bis zu 13 Stunden am Stück im Schlachthof arbeiten mussten.
- ruhr-nachrichten.de: "Schlacht-Skandal in Selm Prozess im Fall Prott beginnt diese Woche"
- soko-tierschutz.org: "Der Höllenschlachter von Selm"
- wdr.de: "Tiere in Schlachthof qualvoll getötet? Prozessstart in Lünen"
- zeit.de: "Schattenmenschen"
- Mit Material der dpa