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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ausstellung über Kolonialismus Samstags kein Einlass für weiße Menschen – Museum sorgt für Debatte
Damit sich von Rassismus betroffene Menschen eine Ausstellung ungestört anschauen können, ist das Museum für sie reserviert. Nicht überall stößt das auf Verständnis.
Die morgendliche Tasse Kaffee, ein Straßenname oder bestimmte Vorurteile: Die Kolonialgeschichte ist bis heute in unserem Alltag präsent – auch im Ruhrgebiet – jeden einzelnen Tag. Darauf will noch bis zum 15. Oktober die Ausstellung "Das ist kolonial" der Zeche Zollern in Dortmund aufmerksam machen – und führt für Menschen, die von Rassismus betroffen sind, einen sicheren Raum ein. Heißt: Jeden Samstag ist die Ausstellung vier Stunden lang ausschließlich für "Black, Indigenous and People of Color" (BIPoC) reserviert.
Es dauerte nicht lange, bis sich die Macher der Ausstellung ersten Rassismus-Vorwürfen ausgesetzt sahen. So heißt es in einem Kommentar des Accounts "Heimatgefühl" auf der Onlineplattform X (vormals Twitter) etwa: "Rassismus Skandal! Weißen Menschen wird der Zutritt in einem Dortmunder Museum verwehrt. Stellt Euch bitte mal vor, ein Museum hätte Schwarzen den Zutritt verwehrt. Was wäre hier los?" Auch die rumänisch-deutsche Bundestagsabgeordnete Joana Eleonora Cotar, die noch bis Ende 2022 Mitglied der Rechtsaußenpartei AfD war, kommentiert die Maßnahme auf X als "unfassbar."
Museum will "sichere Räume" für People of Colour schaffen
Das Museum wehrt sich nun gegen diese Kritik: "Wir möchten Menschen, die von Rassismus betroffen sind, einen geschützten Raum geben, in den sie sich zurückziehen und offen austauschen können", erklärte eine LWL-Sprecherin die Schutzmaßnahme, "für BIPoC sind solche sicheren Räume im Alltag sowie in musealen Räumen nur selten gegeben."
Expertin: "Umgekehrten Rassismus gibt es nicht"
Ciani-Sophia Hoeder, Gründerin von "RosaMag", dem ersten Online-Lifestylemagazin für Schwarze Frauen im deutschsprachigen Raum, widmete sich bereits 2020 ausgiebig der von oft rechtsgesinnten Personen angewendeten Methode des umgekehrten Rassismus. Sie sagt: "Umgekehrten Rassismus gibt es nicht."
"Diese Karte wird immer dann gezückt, sobald eine weiße Person auch nur den Hauch einer Ungerechtigkeit gegenüber weißen Menschen wittert. Dahinter steckt das Bedürfnis zu zeigen, dass es Schwarzen Menschen gar nicht so schlecht geht. Auch Weiße leiden schließlich an diesem oder jenem Problem, ist doch irgendwie alles relativ, alles Auslegungssache" schrieb Hoeder in einem Beitrag für das "SZ-Magazin".
Natürlich käme es vor, dass Weiße diskriminiert oder benachteiligt werden. Auch gebe es selbstverständlich Schwarze Menschen oder People of Colour, "die weiße Menschen nicht mögen, die Vorurteile haben, pauschalisieren, stereotypisieren. All das ist nicht gut. Aber all das ist eben kein Rassismus", so die Publizistin.
Gäste reagieren verständnisvoll
Die Rassismus-Definition der Amadeo Antonio Stiftung liest sich ähnlich: Rassismus sei "eine Ideologie, die Menschen aufgrund ihres Äußeren, ihres Namens, ihrer – vermeintlichen – Kultur, Herkunft oder Religion abwertet. In Deutschland betrifft das nicht-weiße Menschen – jene, die als nicht-deutsch, also vermeintlich nicht wirklich zugehörig angesehen werden".
Während sich weiße Nutzer im Netz aufregen, betrachtet das Museum die Aktion ganz nüchtern: "In der Regel reagieren unsere Museumsgäste verständnisvoll."
- LWL.de: Ausstellung - das ist Kolonial
- Auskunft der Pressestelle des Landschaftsverbandes Westfalen Lippe (LWL)
- Amadeo Antonio Stiftung: Was ist Rassismus?
- SZ-Magazin.de: Es gibt keinen umgekehrten Rassismus