160 Jahre im Einsatz Seenotretter feiern Jubiläum – Sorge um Kultobjekt
Seit 160 Jahren fahren Seenotretter raus und helfen bei teils dramatischen Einsätzen in Nord- und Ostsee. Ihre Bekanntheit macht ihrem Kultobjekt mittlerweile Probleme.
Die Schiffe sind gerade einmal 32 Zentimeter groß – und für die Einsätze in der Nord- und Ostsee doch unverzichtbar: Seit 150 Jahren sammeln die Seenotretter mit Spendenbüchsen in Form eines Ruderboots Geld für ihre Arbeit.
Die Schiffchen seien nach wie vor eine wichtige Einnahmequelle, meint Christian Stipeldey von der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) mit Sitz in Bremen. "Bis zu einer Million Euro sammeln die rund 13.000 Sammelschiffchen heute Jahr für Jahr für die rein spendenfinanzierte Arbeit der DGzRS."
Zehn Jahre nach ihrer Gründung entschieden die Seenotretter, spezielle Sammelbüchsen "in der Form kleiner geschmackvoller Böte" anfertigen zu lassen, wie es damals hieß. Seit 1875 sind die Sammelschiffchen im Einsatz, schon in den ersten Monaten wurden mehr als tausend Spendenbüchsen aufgestellt.
Erste Schiffe gehörten an die Wand gehängt
Die ersten Schiffchen sollten laut Rundschreiben an die Mitglieder an der Wand aufgehängt werden, "an Orten, an welchen ein zahlreiches Publikum verkehrt, also in Bahnhöfen, Geschäften, Restaurationen, öffentlichen Gärten u. dgl., vornehmlich auch an Badeorten, in unseren Seebädern etwa auch an den Rettungsschuppen".
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Inzwischen lassen sich die Sammelschiffchen sogar auf der Zugspitze, in einem U-Boot der Deutschen Marine und in Museen wie dem Miniaturwunderland in der Hamburger Speicherstadt finden, wie die DGzRS weiter mitteilte. Auch im Senatssaal im Bremer Ratshaus sammelt ein Schiffchen Spenden, dort gibt es einen besonderen Brauch: Wer sein Handy vor der Senatssitzung nicht lautlos gestellt hat, muss für die Seenotrettung zahlen. Für unzumutbar dicke oder verspätete Tischvorlagen ist ebenfalls eine Spende fällig.
Mehr als 67.000 Schiffchen wurden seit 1875 allein für die DGzRS hergestellt. "Dieselbe deutsche "Werft", die die Schiffchen für uns produziert, stellt sie auch in den jeweiligen Farben unserer Schwestergesellschaften in den Niederlanden, Großbritannien und Irland, Frankreich und Schweden her", berichtet Stipeldey. "Selbst bei unserer uruguayischen Schwestergesellschaft in Montevideo findet sich ein Sammelschiffchen nach deutschem Muster, in den dortigen Farben, Blau und Weiß mit etwas Rot."
Beliebte Schiffchen immer wieder Diebesgut
Die Form der Sammelschiffchen erinnert noch immer an die Ruderrettungsboote, mit denen die Seenotretter Ende des 19. Jahrhunderts zu ihren Einsätzen vor der deutschen Küste ausrückten. Anfangs noch aus Blech wurden die Schiffchen ab den 1960er Jahren aus Kunststoff gefertigt. Die rot-weiße Farbe ist unverändert, nur das Hansekreuz kam erst später dazu.
Die Seenotretter halten an ihrem Markenzeichen auch in Zukunft fest, betont Stipeldey. Nur minimal werden die Sammelschiffchen modernisiert. "Weil sich die Zahlungswege der Menschen ändern, haben sich auch die Sammelschiffchen modernen Zeiten angepasst." Mittels QR-Code nehmen die Schiffchen bargeldlose Zahlungen entgegen.
Der Bekanntheitsgrad der Spendenschiffchen bringt allerdings auch Probleme mit sich: Als Kultobjekte sind sie heiß begehrt, das Sammeln ist verboten. Schiffchen, die etwa im Internet zum Kauf angeboten werden, stammen meistens aus Diebstählen. Über die Seriennummer kann ihr ursprünglicher Aufstellort herausgefunden werden.
Um die Sammelleidenschaft der DGzRS-Unterstützer zu befriedigen, haben die Seenotretter eine Reihe anderer Artikel aufgelegt, die sie über ihre Webseite vertreiben. Darunter ist auch das beliebte Boot – dann allerdings in Form eines Plätzchenausstechers in Schiffchenform und nicht als Spendendose.
- Nachrichtenagentur dpa