Großprojekt im Nordwesten Wasserstoff: Die Planungen zur Energiewende laufen auf Hochtouren
Rund um die Nordsee soll künftig Wasserstoff unter Tage gespeichert werden. Und das in riesigen Kavernen. Der zuständige Betreiber kündigt Großes an.
Der Nordwesten Niedersachsens rückt immer mehr als wichtiger Standort für die Energiewende in den Fokus: Um künftig grünen Wasserstoff im großen Maßstab zu speichern, will der Kavernenbetreiber Storag Etzel perspektivisch ein neues Kavernenfeld in den Landkreisen Wittmund und Friesland entwickeln – ganz in der Nähe des Tiefwasserhafens in Wilhelmshaven, wo andere Unternehmen bereits weitere Wasserstoff-Projekte planen.
Dazu soll in den kommenden Jahren nach einer behördlichen Bewilligung zunächst ein Salzstock erkundet werden. Storag-Vertreter und die Landräte der beiden Landkreise stellten das Vorhaben am Mittwochabend im ostfriesischen Wittmund vor. Kavernenspeicher sind große Hohlräume in unterirdischen Salzformationen, wie zum Beispiel Salzstöcken.
Die zusätzlichen Kavernen sind laut Storag nötig, um Speicherplatz für grünen Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wird, als Energieträger der Energiewende zu schaffen. Wenn Deutschland bis 2045 CO2-neutral wirtschaften wolle, sei es unumgänglich, die Wasserstoffwirtschaft schnell voranzubringen, sagte Boris Richter, kaufmännischer Geschäftsführer von Storag. "Und das geht nur, wenn wir Infrastruktur errichten. Im Wesentlichen sind das Leitungen, aber da gehören auch Speicher dazu, damit wir eine Pufferfunktion haben."
Bisherige Speicher reichen nicht aus
Richter verwies auf Berechnungen des nationalen Wasserstoffrates, wonach Deutschland im Jahr 2045 einen Speicherbedarf für Wasserstoff von 74 Terawattstunden (TWh) benötige. Mit den bisherigen Speichern stünden aber nur 32 Terawattstunden zur Verfügung. Auch wenn bestehende Erdgaskavernen für die Wasserstoffspeicherung umgenutzt würden, reiche der Platz noch nicht aus.
Für das mögliche neue Kavernenfeld bei Jever-Berdum hat Storag bereits im vergangenen Jahr einen Bewilligungsantrag beim zuständigen niedersächsischen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie gestellt. Dieser Antrag ist nach dem Bergrecht die Voraussetzung dafür, um überhaupt Standorte für Kavernen nach einem Genehmigungsverfahren mit Probebohrungen erkunden zu können.
"Wir sind in einer ganz frühen Phase", betonte Richter. "Wir wollen uns die Rechte sichern und perspektivisch darauf hinarbeiten, dass wir ein weiteres Kavernenfeld entwickeln." Wann es zu einer Entwicklung komme, hänge nicht nur von der Bewilligung und der folgenden Erkundung ab, sondern etwa auch von dem Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft und der Nachfrage nach Speichermöglichkeiten.
Storag plant zunächst 20 Kavernen
Der Salzstock, der untersucht werden soll, liegt etwa zur Hälfte unter den Kreisen Friesland und Wittmund. Mit einer Länge von 15 Kilometern und einer Breite von 6 Kilometern ist er noch etwas größer als der Salzstock in Etzel, wo bereits eines der größten Kavernenfelder Nordwesteuropas von Storag seit den 1970er-Jahren betrieben wird. Wo genau und wie viele Kavernen einmal in dem neuen Salzstock entstehen könnten, ist noch unklar. Dafür sind die Probebohrungen notwendig. Storag geht in einem Entwurf in einem ersten Schritt von rund 20 Kavernen aus.
Bevor das neue Kavernenfeld überhaupt entwickelt werden kann, soll das bestehende Kavernenfeld von Storag bei Etzel im Kreis Wittmund vollständig ausgebaut werden. Aktuell werden dort in insgesamt 75 Kavernen Gas und Rohöl gelagert, darunter ein Großteil der deutschen Rohölreserve. Platz ist dort für insgesamt 99 Kavernen. Zuletzt wurde das Kavernenfeld von 2006 bis 2012 erweitert.
Auf dem Kavernenfeld in Etzel läuft seit Anfang 2022 bereits ein Pilot- und Forschungsprojekt, bei dem ein Konsortium um Storag die Umrüstung bestehender Kavernen und Anlagen für die künftige Wasserstoffspeicherung erprobt. Zwei bestehende Testkavernen sollen in Etzel miteinander gekoppelt werden, sodass Wasserstoff zwischen den Speichern ab dem Testbetrieb 2024 verschoben werden kann.
Energiewende als Chance für die Region?
Frieslands Landrat Sven Ambrosy erklärte, dass die Energiewende eine Chance auf Wertschöpfung in der Region biete. Gleichzeitig dürften die Kommunen Ängste und Sorgen der Bevölkerung vor einer ausufernden Industrialisierung in der Region angesichts neu zu bauender Stromtrassen, Pipelines und Terminals nicht außer Acht lassen. "Wir dürfen nicht nur die Belastungen haben, wir müssen auch die Vorteile haben, sonst werden sich unsere Bürgerinnen und Bürger irgendwann mal überlastet fühlen", warnte der SPD-Politiker.
Am Mittwochabend wurden Politiker der Fachausschüsse der Landkreise über das Vorhaben informiert. Am 26. April will Storag Etzel seine Pläne in einer Bürgerveranstaltung in Horumersiel vorstellen.
- Nachrichtenagentur dpa