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Psychiatrie-Einweisung ohne Anhörung: Richterin zu hoher Haft verurteilt


Wegen Rechtsbeugung
Richterin zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt

Von t-online, mtt

Aktualisiert am 07.03.2023Lesedauer: 2 Min.
Blick in eine Gefängniszelle (Symbolbild): Wenn das Urteil rechtskräftig wird, muss die Richterin in Haft.Vergrößern des Bildes
Blick in eine Gefängniszelle (Symbolbild): Wenn das Urteil rechtskräftig wird, muss die Richterin in Haft. (Quelle: Horn/imago-images-bilder)

Sie schickte 15 Menschen ohne Anhörung in die Psychiatrie. Dafür muss eine Richterin jetzt ins Gefängnis. Das Urteil hat weitere unangenehme Folgen für sie.

Das Landgericht Stade hat eine Richterin aus Rotenburg zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Bei diesem Strafmaß ist keine Aussetzung der Strafe zur Bewährung möglich. Das heißt: Die Richterin muss ins Gefängnis, wenn das Urteil rechtskräftig wird.

Die 54 Jahre alte Angeklagte wurde der Rechtsbeugung für schuldig befunden. Vorgeworfen hatte ihr die Staatsanwaltsschaft insgesamt 15 Fälle, in denen sie "nicht krankheitseinsichtige" Menschen gegen deren Willen in eine geschlossene Abteilung der Psychiatrie geschickt hatte – und dies, ohne diese Personen persönlich anzuhören.

Nur in Ausnahmefällen ist so ein Vorgehen möglich, zum Beispiel, wenn akute Suizidgefahr besteht. Dann müssen die Betroffenen aber innerhalb von 24 Stunden die Möglichkeit bekommen, sich nachträglich zu äußern. In sechs der angeklagten 15 Fälle erhielten die Eingewiesenen aber nicht einmal diese Gelegenheit. Teilweise mussten sie 57 Tage warten, bis Richterin Heike B. sie anhörte.

Richterin Heike B.: "Ich wollte alles richtig machen"

B., die als Betreuungsrichterin am Amtsgericht Rotenburg beschäftigt war, hat im Prozess keinen einzigen der Vorwürfe bestritten. Allerdings habe sie nicht vorsätzlich gehandelt, sagte sie. Sie sei ganz einfach überlastet gewesen.

"Ich wollte stets alles richtig machen", zitierte die "taz" die Richterin. "Ich habe durchgeknüppelt, auch am Wochenende." Aber sie habe keine Chance gehabt, ihren Aufgaben gerecht zu werden.

Gericht: B. hätte die Notbremse ziehen müssen

Auch Zeuginnen beschrieben die Zustände am Amtsgericht Rotenburg als "schlimm". B. habe während einer personellen Notlage auch noch Aufgaben einer pensionierten Zivilrichterin übernommen, obwohl sie in ihrem eigentlichen Arbeitsbereich schon nicht mehr klargekommen sei.

Das Landgericht Stade betonte bei der Urteilsverkündung am Montag jedoch laut NDR: Wenn es wirklich so furchtbar war, hätte Richterin B. die Notbremse ziehen müssen. Sie hätte die Möglichkeit gehabt, eine sogenannte Belastungsanzeige zu formulieren, um auf die Missstände aufmerksam zu machen.

Richterin droht Verlust der Pensionsansprüche

Die Haftstrafe ohne Bewährung habe die Kammer als angemessen angesehen, sagte Landgerichtssprecherin Petra Linzer t-online am Dienstag. Das Urteil sei noch nicht rechtskräftig.

Heike B. könne jetzt Revision einlegen, dann wandere der Fall zum Bundesgerichtshof (BGH). Theoretisch denkbar sei unter anderem, dass die Verteidigung die Höhe des Urteils anfechte, um doch noch eine Bewährungsstrafe zu erreichen. Aber auch bei einer geringeren Strafe gäbe es vermutlich noch weitere Folgen für die Verurteilte: Ab einer wegen einer vorsätzlichen Tat ausgesprochenen Haftstrafe von einem Jahr endet automatisch das Dienstverhältnis. Zudem würde B. ihre Pensionsansprüche verlieren.

Verwendete Quellen
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