Seit Monaten überlastet Termin-Chaos beim Bürgeramt: Bremen holt IT-Experten ins Boot
Lange Wartezeiten, zum Teil gar keine Termine. Die Bürgerämter in Bremen sind überlastet. Ein Experte soll Abhilfe schaffen.
"Kein freier Termin verfügbar" – diesen Hinweis erhalten viele Bremer Bürgerinnen und Bürger, wenn sie versuchen, einen Termin bei den Bürgerservicecenter der Stadt zu bekommen. Das Problem ist nicht neu und betrifft so gut wie alle Bereiche. Ob Angelegenheiten rund um den Wohnort, ob Reisepass, ob Center-Mitte, an der Stresemannstraße oder Bremen-Nord. Seit Monaten herrscht Chaos. Nun soll es ein Mann richten: Henning Lühr, Verwaltungsexperte im Bereich der IT und Organisation sowie ehemaliger Finanzstaatsrat.
Wie das Innenressort mitteilte, kämpfe die Bremer Verwaltung mit verschiedenen Problemen. Dazu gehörten unter anderem die Änderungen bei der Führerscheinumtauschpflicht sowie Anliegen geflüchteter Ukrainerinnen und Ukrainer. Hinzu kämen personelle Ausfälle aufgrund von Corona-Erkrankungen und damit verbundene Quarantäneausfälle sowie die stark gestiegene Nachfrage an Personalausweisen und Pässen. All das habe zu "tausenden zusätzlichen Terminwünschen" geführt, heißt es von der Stadt.
"So darf es nicht weitergehen, weder für die Bürgerinnen und Bürger noch für die Mitarbeitenden", sagt Innensenator Ulrich Mäurer (SPD). Es würden, so Mäurer, zwar Prozesse im Bürgeramt "auch weiterhin akribisch auf den Prüfstand gestellt", doch Hilfe von außen holt sich das Ressort dennoch.
Innensenator Mäurer: Lühr "ausgewiesener Verwaltungsexperte"
Henning Lühr, laut Mäurer "ausgewiesener Verwaltungsexperte", soll zusammen mit den Angestellten die Digitalisierung der Servicecenter auf Vordermann bringen und so einen "zentralen Schlüssel" zur Optimierung der Terminvergaben beitragen. Allein bis 2027 würden durch gesetzliche Änderung im Zusammenhang mit Kinderreisepässen rund 25.000 bis 30.000 mehr Vorsprachen jährlich anfallen. Ein Pensum, das es zu bewältigen gilt.
Wer zum Beispiel in nächster Zeit einen Termin im Bürgeramt wahrnehmen wolle, soll künftig am Vortag nicht nur wie bislang eine E-Mail, sondern auch eine SMS erhalten – eine Maßnahme, die Erinnerung und Rückversicherung zugleich sein soll, hieß es. Amtsleiterin Dagmar Gattow sagte dazu: "Wir haben festgestellt, dass an manchen Tagen bis zu einem Viertel der fest vergebenen Termine nicht wahrgenommen werden." Man erhoffe sich so einen besseren Überblick über vergebene Termine und mögliche Zeitfenster, die sich eventuell ergeben könnten.
Ranking: Bremens Bürgerämter schneiden schlecht ab
Aktuell sieht es auf dem Terminvergabe-Portal der Bürgerservicecenter eher so aus: Termine zum Ab- oder Ummelden von Wohnsitzen sind zurzeit nicht verfügbar. Möchte man einen Personalausweis beantragen, ist das zwar möglich, jedoch erst Ende November. Andere Angelegenheiten sind momentan mit mindestens drei Wochen Wartezeit verbunden.
Laut einem Ranking des Verbraucherschutzvereins Berlin/Brandenburg aus 2022 belegt Bremen einen der letzten Plätze. Von deutschlandweit 40 getesteten Ämtern landete die Hansestadt auf Rang 36. Von fünf möglichen Sternen gab es bei 715 Bewertungen lediglich 2,78.
Das soll Henning Lühr – 71 Jahre alt, Jurist und Diplomverwaltungswirt – nun ändern. Er begann einst als Sachbearbeiter im Meldeamt und kehrt somit zu seinen Wurzeln zurück. Aktuell bildet er den Verwaltungsnachwuchs an der Hochschule Bremen aus.