Umweltverbände schlagen Alarm Fischkonsum erreicht Rekordmarke
Rom (dpa) - Die Corona-Krise hat die Aktivitäten der weltweiten Fischwirtschaft bis Ende April um geschätzt 6,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr schrumpfen lassen. Das berichtete die UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft, kurz FAO.
Die Nachfrage in Restaurants sei gesunken, Transporte seien erschwert und die Arbeit in Betrieben zeitweise gestoppt worden. Gleichzeitig wird Fischessen immer beliebter: Der weltweite Pro-Kopf-Konsum stieg zuletzt auf einen Rekordwert von 20,5 Kilogramm pro Jahr, wie es im Fischereibericht 2020 heißt. Umweltverbände nannten den steigenden Verbrauch angesichts leer gefischter Meere ein Alarmzeichen.
Die verzehrte Menge, die für das Jahr 2018 ermittelt wurde, dürfte nach den Prognosen der FAO bis 2030 weiter steigen: auf etwa 21,5 Kilo pro Mensch. Die Produktion insgesamt werde in den nächsten zehn Jahren auf 204 Millionen Tonnen anwachsen. Das sei ein Plus von rund 15 Prozent im Vergleich zu 2018.
In den vergangenen Jahren trug besonders der steigende Anteil der Fischzucht in sogenannter Aquakultur - im Meer und in Teichen - zum Wachstum bei. Er lag zuletzt bei um die 50 Prozent. "Das Wachstum bei der Aquakultur wird sich fortsetzen, wenn auch etwas verlangsamt", sagen die Experten voraus. "Zuchtfisch wird im nächsten Jahrzehnt einen steigenden Anteil am Konsum und am Handel haben."
Die Fangmenge stieg zwar 2018 ebenfalls, gerade in den Meeren. Auf längere Sicht betrachtet jedoch lägen die Fischfänge auf einem vergleichsweise stabilen Niveau, heißt es im Bericht.
Allerdings gelten besonders das Mittelmeer und das Schwarze Meer als stark überfischt - die zu intensive Nutzung betreffe dort mehr als 60 Prozent der Bestände. Es werden mehr Tiere gefangen als nachwachsen. Das bedeutet Gefahren für Tierarten und das ökologische Gleichgewicht. Insgesamt würden international rund 34 Prozent (Zahl von 2017) der Bestände in einer nicht nachhaltigen Weise abgefischt.
Bei sieben wichtigen Thunfischarten zum Beispiel wird ein Anstieg der Fänge verzeichnet. Trotzdem habe sich die Nachhaltigkeit bei einigen Beständen positiv entwickelt, loben die FAO-Fachleute.
In Deutschland kritisierte Thilo Maack von Greenpeace: "Der Pro-Kopf-Verbrauch von über 20 Kilogramm ist ein Alarmsignal, die Meere sind überfischt wie nie zuvor. Da Aquakulturen auf Wildfisch als Futterquelle angewiesen sind, verschärfen sie sogar die Überfischung." Der Umweltverband WWF schrieb: "Auch die Brotfische der deutschen Ostseefischerei, wie Hering und Dorsch, werden seit rund zwei Jahrzehnten überfischt."
FAO-Generaldirektor Qu Dongyu erläuterte: "Fisch und Fischereierzeugnisse gelten nicht nur als eines der gesündesten Lebensmittel der Welt, sondern auch als etwas, was wenig schädlich ist für die Umwelt." Gerade weil Fisch so wichtig für die Welternährung sei, müssten Fang und Zucht weiter verbessert und nachhaltig betrieben werden, betonte der aus China stammende FAO-Chef. Sein Land ist der weltweit größte Produzent und Exporteur von Fisch.
Die UN-Experten erstellen ihren aufwendigen Überblick alle zwei Jahre. Viele dafür verwendete Zahlen stammen aus den Vorjahren.