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Corona-Krise: Ärzteverbände kritisieren Maßnahmen von Bund und Ländern


Gassen, Streeck und Co.
Ärzte schlagen neue Corona-Strategie vor

Von reuters, rew

Aktualisiert am 28.10.2020Lesedauer: 2 Min.
Andreas Gassen: Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung forderte eine Abkehr von Bedrohungsszenarien. (Archivbild)Vergrößern des Bildes
Andreas Gassen: Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung forderte eine Abkehr von Bedrohungsszenarien. (Archivbild) (Quelle: Jürgen Heinrich/imago-images-bilder)
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Erneut wollen Bund und Länder strengere Maßnahmen beschließen, um die Pandemie einzudämmen. Doch jetzt gibt es Kritik am bisherigen Ansatz der Corona-Politik: Ärzteverbände fordern einen Umschwung.

Aus der deutschen Ärzteschaft kommt massive Kritik an der Corona-Politik von Bund und Ländern. In einem Positionspapier der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und Dutzender von Mediziner-Fachverbänden werden ein Strategieschwenk sowie eine grundlegend andere Ansprache der Bevölkerung gefordert.

In dem Papier fordern die Mediziner, die sogenannten Risikogruppen stärker zu schützen. Dass die Pandemie bisher in erster Linie durch die Nachverfolgung von Kontaktpersonen bekämpft wird, sei hingegen nicht zielführend. "Es ist falsch, nur mit düsterer Miene apokalyptische Bedrohungsszenarien aufzuzeichnen", sagte KBV-Chef Andreas Gassen am Mittwoch in einer Videokonferenz.

Ausgangssperren lehnen die Mediziner ab

Die Ärzteverbände warnen vor einem Akzeptanzproblem. "Wir setzen auf Gebote anstelle von Verboten, auf Eigenverantwortung anstelle von Bevormundung", heißt es in dem Papier. Insbesondere Ausgangssperren werden kritisch betrachtet: "Gesellschaftlich und infektionsepidemiologisch ist es besser, wenn Menschen sich in öffentlichen Räumen mit Hygienekonzepten unter optimalen Bedingungen treffen, als dass sich die sozialen Begegnungen in vergleichsweise weniger sichere private Innenräume verlagern."

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Zudem bemängeln die Mediziner in dem Papier, dass die Orientierung an den Fallzahlen von Neuinfektionen zu einseitig sei. Wenn man sich nur darauf konzentriere, diesen Wert zu senken, drohten Schäden in anderen Bereichen – wenn zum Beispiel andere medizinische Behandlungen wegfielen oder Kinder den Anschluss an die Schule verlören.

"Allein auf die Infektionszahlen zu schauen, ist zu wenig", sagte der Bonner Virologe Hendrick Streeck bei der Vorstellung des Positionspapiers, "auf Intensivbetten zu schauen, ist zu spät." Als zentrales Hilfsmittel bei der Eindämmung schlagen die Ärzte ein bundesweit einheitliches Ampelsystem vor, das nicht nur Infektionszahlen, sondern die Zahl der durchgeführten Tests sowie stationäre und intensivmedizinische Behandlungskapazitäten umfasst.

Wie sollen die Risikogruppen geschützt werden?

Zudem kritisieren die Unterzeichner, dass keine ausreichenden Ideen zum Schutz der Bevölkerungsgruppen mit einem hohen Infektionsrisiko entwickelt wurden. "Ein Problem, das wir sehen, ist der Schutz der Risikogruppe", sagte Streeck. Man habe zwar versucht, Altenheime und Krankenhäuser zu schützen, allerdings seien keine systematischen Konzepte entwickelt worden.

Streeck betonte, dass das Ziel sein müsse, eine langfristige Strategie zum Umgang mit dem Coronavirus zu finden. "Es geht nicht darum, die Lage zu verharmlosen", betonte der Virologe. Bei der Corona-Pandemie handele es sich nicht um einen Sprint, sondern um einen Marathon. Er gehe davon aus, dass das Virus die Gesellschaft noch über Jahre begleite und man müsse Wege finden, "Leben zuzulassen, ohne andere Menschen zu gefährden." So müsse man daran arbeiten, "dass die Maske zum Beispiel sexy wird."

Verwendete Quellen
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