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Corona-Krise: Drosten und Kollegen lehnen "Herdenimmunität"-Strategie ab


Virologen zur Herdenimmunität
Drosten und Kollegen: "Wir lehnen diese Strategie entschieden ab"

Von dpa
Aktualisiert am 20.10.2020Lesedauer: 2 Min.
Christian Drosten: Der Corona-Experte warnt mit Kollegen davor, in der Corona-Pandemie auf schnelle Durchseuchung zu setzen.Vergrößern des Bildes
Christian Drosten: Der Corona-Experte warnt mit Kollegen davor, in der Corona-Pandemie auf schnelle Durchseuchung zu setzen. (Quelle: Michael Kappeler/dpa-bilder)

Alte und Kranke isolieren, um den anderen ein normales Leben zu ermöglichen? Das wird in der Corona-Krise wieder vermehrt gefordert. Doch Experten widersprechen vehement.

Der Berliner Virologe Christian Drosten und andere Kollegen stellen sich entschieden gegen Forderungen, Corona-Beschränkungen aufzuheben und gleichzeitig den Schutz besonders gefährdeter Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. "Mit Sorge nehmen wir zur Kenntnis, dass erneut die Stimmen erstarken, die als Strategie der Pandemiebekämpfung auf die natürliche Durchseuchung großer Bevölkerungsteile mit dem Ziel der Herdenimmunität setzen", heißt es in einer Stellungnahme der Gesellschaft für Virologie (GfV), an der auch Drosten beteiligt war.

Herdenimmunität bedeutet, dass ein großer Teil der Bevölkerung nach einer Infektion oder Impfung immun geworden ist, und sich das Virus dadurch nicht mehr so gut ausbreiten kann.

Experten warnen vor vielen Todesfällen

"Eine unkontrollierte Durchseuchung würde zu einer eskalierenden Zunahme an Todesopfern führen", schreiben die Virologen. Denn selbst bei strenger Isolierung älterer Menschen gebe es noch weitere Risikogruppen, die viel zu zahlreich, zu heterogen und zum Teil auch unerkannt seien, um aktiv abgeschirmt werden zu können. "Ein erhöhtes Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf ergibt sich beispielsweise bei Übergewicht, Diabetes, Krebserkrankungen, einer Niereninsuffizienz, chronischen Lungenerkrankungen, Lebererkrankungen, Schlaganfall, nach Transplantationen und während einer Schwangerschaft."

Laut GfV weiß man zudem noch nicht zuverlässig, wie lange eine durch eine Infektion erworbene Immunität anhält. Das Anstreben der Herdenimmunität ohne Impfung sei unethisch sowie medizinisch, gesellschaftlich und damit auch ökonomisch hochriskant.

Experten widersprechen "Great-Barrington-Erklärung"

Die Virologen beziehen sich in ihrem Text auf die sogenannte Great-Barrington-Erklärung, die drei Forscher aus den USA und Großbritannien verfasst haben. Laut einer eigenen Webseite haben bereits viele Hunderttausend Menschen die Erklärung unterzeichnet.

In dem Text heißt es unter anderem: "Der einfühlsamste Ansatz, bei dem Risiko und Nutzen des Erreichens einer Herdenimmunität gegeneinander abgewogen werden, besteht darin, denjenigen, die ein minimales Sterberisiko haben, ein normales Leben zu ermöglichen, damit sie durch natürliche Infektion eine Immunität gegen das Virus aufbauen können, während diejenigen, die am stärksten gefährdet sind, besser geschützt werden."

In der Erklärung der Virologen, zu denen neben Drosten etwa auch Melanie Brinkmann und Isabella Eckerle zählen, heißt es dazu: "Wir lehnen diese Strategie entschieden ab, obwohl wir selbstverständlich die enorme Belastung der Bevölkerung durch die einschneidenden Eindämmungsmaßnahmen anerkennen."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
  • GfV: Stellungnahme der Gesellschaft für Virologie zu einem wissenschaftlich begründeten Vorgehen gegen die Covid-19 Pandemie
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