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Papst Franziskus unterzeichnet Erklärung mit einflussreichem Großscheich


Ein historischer Moment
Papst unterzeichnet Erklärung mit einflussreichem Großscheich

Von dpa
Aktualisiert am 04.02.2019Lesedauer: 4 Min.
Papst Franziskus mit dem Kronprinz der Vereinigten Arabischen Emirate, Said Al Nahjan im Präsidentenpalast. Noch nie ist ein Papst auf die arabische Halbinsel gefahren.Vergrößern des Bildes
Papst Franziskus mit dem Kronprinz der Vereinigten Arabischen Emirate, Said Al Nahjan im Präsidentenpalast. Noch nie ist ein Papst auf die arabische Halbinsel gefahren. (Quelle: Ryan Carter/Ministry of Presidential Affairs/dpa-bilder)

Zum ersten Mal überhaupt besucht ein Papst die Arabische Halbinsel – bei einer "Interreligiösen Konferenz" rufen Vertreter des Christentums, des Islams und des Judentums zur Abkehr von Gewalt auf.

Zum ersten Mal hat Papst Franziskus die Arabische Halbinsel besucht – noch nie war vor ihm ein Papst dort. Das Oberhaupt von rund 1,3 Milliarden Katholiken in einer Region, die als Wiege des Islams gilt – ein bislang einmaliges Ereignis. Als Sprecher auf einer interreligiösen Konferenz mit Vertretern des Islam und des Judentums – bislang einmalig.

Papst fährt im Kleinwagen vor

Weißer Marmor, goldene Kronleuchter, dicke Teppiche – im Reich der Scheichs zählt der Prunk, das Bild, das große Kino. Der Empfang war deswegen ganz nach Geschmack des einflussreichen wie umstrittenen Kronprinzen Mohammed bin Said Al Nahjan, der den Papst in die Vereinigten Arabischen Emirate eingeladen hatte. Und der Empfang war genau das Gegenteil dessen, was Franziskus immer predigt: Bescheidenheit, Demut und Abrüstung.

Dem Pomp und Luxus setzte Franziskus deswegen wohl eine Fahrt in einem Kleinwagen entgegen. Langsam rollte der Pontifex – begleitet von Pferden, Fliegerstaffel und Salutschüssen – vor dem beeindruckenden Präsidentenpalast in Abu Dhabi vor. Auch ließ es sich der Pontifex nicht nehmen, auf einer interreligiösen Konferenz eine Rede zu halten, die auf die Konflikte und Ungleichheiten in der ganzen Region gemünzt war.

Papst provoziert den Gastgeber

Es sei nun höchste Zeit, dass alle Religionen "einen aktiven Beitrag zur Entmilitarisierung des menschlichen Herzens" leisten, sagte Franziskus. "Entweder wir bauen die Zukunft gemeinsam oder es gibt keine Zukunft", sagte der Papst vor Muslimen, Juden, Katholiken und anderen Religionsvertretern. Zugleich verdammte er "das Wettrüsten, die Ausweitung der eigenen Einflussbereiche und eine aggressive Politik zum Nachteil anderer".

Die Worte mögen in den Ohren seines Gastgebers nicht unbedingt wie Musik geklungen haben. Der einflussreiche Kronprinzen Mohammed bin Said Al Nahjan gilt als aggressiver Strippenzieher in der Region. Der an der Militärakademie Sandhurst ausgebildete Mohammed habe eine schlagkräftige Armee aufgebaut, mit der er eine aggressive Außenpolitik betreibe und auch in regionaler Konkurrenz zum bislang übermächtigen Nachbarn Saudi-Arabien stehe, analysiert der ehemalige französische Diplomat Michel Duclos für das Institut Montaigne. Darin zeige sich Mohammeds "Verlangen, gefürchtet zu werden, um respektiert zu werden."

Sind die Emirate ein "Leuchtturm der Toleranz"?

Eine französische NGO hatte beim Besuch von Kronprinz Mohammed in Frankreich vor drei Monaten offiziell Klage eingereicht: wegen Kriegsverbrechen im Jemen, Beteiligung an Folter und unmenschlichem Verhalten. Der angesehene ägyptisch Schriftsteller Ala al-Aswani nennt den Kronprinzen "Haupttreiber des Krieges im Jemen", ein Konflikt, den die Vereinten Nationen als schlimmste humanitäre Katastrophe der Welt ansehen.

Er hatte den Papst in die Emirate eingeladen, ein islamisches Land, in dem Christen aber ihre Religion praktizieren dürfen. Er nutzte die Veranstaltung, um sein Land als "Leuchtturm der Toleranz, Zurückhaltung und des friedlichen Zusammenlebens" zu präsentieren. Er wollte vor allem eines zeigen: Wir sind tolerant, wir lassen sogar die größte christliche Messe auf arabischem Boden feiern.

"Dokument über menschliche Brüderlichkeit"

Im Vergleich zu anderen arabischen Staaten stimmt das mit der Toleranz in den Emiraten zu einem gewissen Grad: Katholiken dürfen ihren Glauben praktizieren und Kirchen bauen. Zweifelsohne ist allein die Tatsache des päpstlichen Besuchs und die interreligiöse Konferenz selbst mit Papst Franziskus, hochrangigen Islamgelehrten und jüdischen Rabbinern historisch – so wurde das Treffen auch ein ums andere Mal bezeichnet.

Franziskus lag derweil einiges daran, dass der Besuch auch in den Nachbarländern wie Saudi-Arabien wahrgenommen wird, wo keine Kirchen gebaut werden dürfen. Gemeinsam mit dem Großscheich der in der islamischen Welt einflussreichen Al-Azhar-Universität von Kairo unterschrieb Franziskus ein "Dokument über menschliche Brüderlichkeit". Gemeinsam wollen und sollen Christen und Muslime in aller Welt für einen Dialog der Kulturen und ein gegenseitiges Verständnis eintreten, heißt es.

Soziale Probleme im reichen Öl-Staat

"Umarmt weiterhin überall eure christlichen Brüder, als seien sie eure Partner", sagte Großimam Ahmed al-Tajib im Rahmen der Konferenz. Er rief auch Muslime im Westen dazu auf, sich positiv in die Gesellschaften zu integrieren. "Alle, die in ihrem Herzen an Gott und Menschlichkeit glauben", sollten sich gemeinsam gegen Extremismus und für Toleranz und Brüderlichkeit einsetzen.

Wahre Religionsfreiheit herrscht aber auch in den Emiraten nicht. So dürfen Muslime etwa nicht zum Christentum konvertieren. Eine Konversion könne sozialem Selbstmord gleichkommen, heißt es in einem Bericht des katholischen Hilfswerks Missio. Der Jubel über den Papst und die offene Selbstbeweihräucherung des Kronprinzen übertünchten bei dem Besuch die sozialen Probleme in dem reichen Öl-Staat.

Keine Begegnung mit den Armen auf dem Programm

Städte wie Abu Dhabi oder Dubai wurden aus dem Wüstensand in die Höhe gezogen, Stararchitekten bauten glanzvolle Meisterwerke. Millionen Migranten kommen aus Asien, um hier zu arbeiten und Geld zu verdienen. Die katholische Kirche hier ist eine Migrantenkirche. In Bussen wurden auch am Montag Arbeiter in Massen an den Hochhäusern vorbei zu Baustellen gefahren.

Über die Kluft zwischen Superreichen in Luxushotels und den Arbeitsmigranten ist auch der Papst im Bilde, er sieht sich als Anwalt der Armen. Normalerweise besucht er auf seinen Reisen auch Arme, Kranke, Gefängnisse – die Ausgestoßenen der Gesellschaft. In Abu Dhabi sollte davon allerdings wenig zu sehen sein. Eine wahre Begegnung mit ihnen steht nicht auf dem Programm.


"Ich würde gewisse Ecken kennen, wo ich ihn hinführen würde", sagte der Apostolische Vikar für das Südliche Arabien, Bischof Paul Hinder, dem Nachrichtenportal Vaticannews. Aber das seien delikate Dinge, über die man nicht spreche. Die Schattenseiten würden "in diesem Teil der Welt zumindest künstlich besonnt".

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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