Täuschung in China? Zoo betont: Unser Bär ist kein Mensch im Kostüm
Eine Bärin auf zwei Beinen, die winkt und Essen auffängt: Für Zoobesucher im Osten Chinas ein Grund zur Skepsis. Doch der Tierpark hat mehr als eine Erklärung parat.
Ein Zoo nahe Shanghai hat am Wochenende eine seiner Bärinnen vor Besuchern verteidigen müssen. Das Tier war durch scheinbar ungewöhnliches Verhalten aufgefallen, das vor Ort und in den sozialen Medien für Aufsehen sorgte.
Fell und Farbe schienen echt, doch die Zoobesucher im chinesischen Hangzhou waren misstrauisch geworden: Ist das wirklich ein Bär, der dort im Tierpark auf zwei Beinen im Gehege steht? Ihre Vermutung: Das Tier könnte in Wahrheit ein Mitarbeiter in einem Bärenkostüm sein.
Das Gerücht verbreitete sich so schnell, dass die Zoodirektion sich gezwungen sah, gegenzusteuern: In scherzhaftem Ton bestritt der Zoo auf der chinesischen Social-Media-Plattform Weixin, dass es sich bei der Malaienbärin "Angela" um einen Menschen in Fellkostüm handeln könne.
In dem Eintrag, der aus der Perspektive der Bärin geschrieben wurde, heißt es: "So mancher mag denken, ich stehe aufrecht wie ein Mensch. Doch das zeigt, dass ihr mich nicht gut kennt". Als Grund für die mögliche Verwirrung nannte der Zoo das besondere Aussehen und das spezifische Verhalten der Bärenart aus Südostasien.
"Angela" zieht Besucherscharen an
Seitdem das Video von Bärin "Angela" auf zwei Beinen viral gegangen ist, soll die Besucherzahl des Zoos um rund ein Drittel gestiegen sein, berichtet die örtliche Zeitung Zhejiang Daily. Viele Gäste kommen demnach vor allem, um die nun berühmte Bärin zu sehen. Am Montag organisierte der Zoo sogar einen Pressebesuch im Bärengehege.
In einem Interview mit einem Sender aus Beijing betonte ein Tierpfleger, dass die Kostümtheorie bereits an der aktuellen Hitzewelle scheitere: "Bei Sommerhitze von 40 Grad Celsius würde ein Mensch in einem Kostüm aus Fell und Leder innerhalb weniger Minuten ohnmächtig". Außerdem hätten staatliche Zoos es in der Regel nicht nötig, auf Tierattrappen zurückzugreifen.
Vor wenigen Jahren hatte ein privater chinesischer Zoo einen Mitarbeiter als Gorilla auftreten lassen und dies erst im Nachhinein als Scherz deklariert. 2013 machte ein anderer Zoo aus China weltweit Schlagzeilen, als dieser kurzzeitig eine langhaarige Tibetdogge als Löwenersatz ausgegeben hatte.
Biologe: Bärin ist "absolut echt"
Tatsächlich dürfte es sich bei der aufrechten Bärendame nicht um eine Fälschung handeln. So stellt der auf Malaienbären spezialisierte Biologe Wong Siew Te im Gespräch mit der "Washington Post" klar: Die Bärin im Zoo von Hangzhou sei "absolut echt". Das Gerücht über einen kostümierten Menschen zeige, wie wenig die Menschen über diese Bärenart wüssten. Sich auf den Hinterbeinen einen Überblick zu verschaffen, sei ein absolut normales Verhalten.
Denn: Malaienbären sind vergleichsweise klein. Ausgewachsene Exemplare erreichen nur eine Körperlänge von bis zu etwa 1,50 Meter – und sind damit nur wenige Zentimeter kleiner als der Durchschnitt der chinesischen Bevölkerung. Auch das womöglich ein Grund für die Verwirrung. Wong Siew Te ergänzt: "Bären in Gefangenschaft sind auch daran gewöhnt, mit Menschen zu interagieren, da sie hoffen, von ihnen gefüttert zu werden."
Eine Studie wies der Art vor einigen Jahren außerdem eine besonders ausdrucksstarke Mimik nach, die sonst nur beim Menschen, anderen Primaten und Hunden ähnlich ausgeprägt ist.
Besonders bedrohte Art – vielerorts ausgestorben
Die Fellfalten an "Angelas" Hinterteil, die ebenfalls als Hinweis auf ein Kostüm gesehen wurden, erklärt der Biologe als wichtige Überlebensvorrichtung. "Die dicken Falten schützen die Bären vor Feinden. Dass sie herunterhängen, erlaubt es ihnen, einen Angreifer leichter abzuschütteln und gibt ihnen im Notfall genug Bewegungsfreiraum, um zurückzubeißen."
Das größte Risiko für Malaienbären können die Fellfalten jedoch nicht ausräumen: In vielen Teilen ihres natürlichen Lebensraums in Südostasien gilt die Art bereits als ausgestorben.
Verbleibende Exemplare in der Wildnis werden dennoch weiter für ihr Fell, ihr Fleisch und ihre Gallenblase gejagt, die fälschlicherweise als Heilmittel für Augenleiden gilt. Bärenbabys werden als Haustiere verkauft, da sie als besonders niedlich gelten. "Doch wenn die Jungtiere größer und unberechenbar werden, sperren die Besitzer sie ein, setzen sie aus oder töten sie", warnt Biologe Wong. Die Weltnaturschutzunion IUCN führt die Bären auf ihrer Roten Liste der gefährdeten Arten. Auch das Washingtoner Artenschutzübereinkommen sieht die Art als unmittelbar bedroht an.
- news.sky.com: "Chinese zoo denies its bears are humans in costume"
- nationalgeographic.com: "Sun Bear"
- nature.com: "Facial Complexity in Sun Bears: Exact Facial Mimicry and Social Sensitivity"
- weixin.qq.com: "马来熊:我好好的营业上班,居然有人怀疑我找替身"
- nbcnews.com: "Zoo caught disguising dog as lion"
- washingtonpost.com: "Zoo denies rumors that its bear is a human in disguise"