Auch im Fall Maddie verdächtig Prozess gegen Christian B. - Ablehnung der Richter scheitert
Nach der Aufhebung des Haftbefehls gegen den auch im Fall Maddie Verdächtigen wollten die Strafverfolger die Richter schnell austauschen. Die zuständige Vertretungskammer sieht das aber anders.
Der Befangenheitsantrag gegen die Richter im Prozess gegen den auch im Fall Maddie verdächtigen Christian B. ist gescheitert. Die zuständige Vertretungskammer habe die Forderung der Staatsanwaltschaft gegen die drei Berufsrichter als unbegründet zurückgewiesen, teilte das Landgericht Braunschweig mit. Die Strafverfolger hatten Ablösung und Neubesetzung als Reaktion auf die Aufhebung des Haftbefehls gegen den Angeklagten gefordert.
Kein dringender Tatverdacht mehr
Die Verteidigung von Christian B. hatte die Aufhebung zuvor beantragt, weil der Haftbefehl aus ihrer Sicht nach dem bisherigen Verlauf der Beweisaufnahme keinen Bestand mehr haben konnte. Tatsächlich folgte die Strafkammer an Anfang des Monats diesem Antrag, weil sie keinen dringenden Tatverdacht hinsichtlich sämtlicher Anklagevorwürfe sah. Der 47-jährige Deutsche bleibt aber im Gefängnis, weil er derzeit eine Haftstrafe wegen der Vergewaltigung einer US-Amerikanerin absitzt.
Aktuell steht der mehrmals vorbestrafte Sexualstraftäter wegen fünf schwerer Sexualstraftaten vor Gericht. Es geht um drei Vergewaltigungen sowie zwei Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern, die er zwischen 2000 und 2017 in Portugal begangen haben soll. Christian B. steht auch im Fall der 2007 aus einer portugiesischen Ferienanlage verschwundenen dreijährigen Madeleine "Maddie" McCann unter Mordverdacht. Der Fall Maddie ist aber nicht Gegenstand des aktuellen Verfahrens in Braunschweig. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung.
Ankläger sprechen von "ernsthafter Besorgnis"
Die aus ihrer Sicht nötige Neubesetzung begründete die Staatsanwaltschaft mit der Befürchtung, dass die aktuelle Strafkammer ihre Meinung zur Tat- und Schuldfrage schon gebildet habe, obwohl die Beweisaufnahme nicht beendet sei. Die Anklagebehörde sprach von einer "ernsthaften Besorgnis", dass sich die Kammer schon auf ein "freisprechendes Beweisergebnis" festgelegt habe und die ausstehende Beweiserhebung keine Bedeutung mehr für die Einschätzung der Richter haben könnte.
Mit dieser Sichtweise überzeugte die Staatsanwaltschaft die Vertretungsrichter in Braunschweig offensichtlich nicht. Diese Entscheidung sei zu erwarten gewesen, weil sie der ständigen Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes entspreche, sagte Verteidiger Friedrich Fülscher. Man habe die Entscheidung zur Kenntnis genommen, mehr gebe es nicht zu sagen, hieß es von der Staatsanwaltschaft.
Weitere Entscheidung über Ablehnung der Richterin steht aus
Über ein weiteres Ablehnungsgesuch gegen eine einzelne Berufsrichterin will das Gericht noch gesondert entscheiden und informieren. Dabei geht es um mutmaßliche Äußerungen der Richterin vor Prozessbeginn, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, ohne aber weitere Details zu nennen. Die Fortsetzung des Prozesses ist für den 5. August geplant.
- Nachrichtenagentur dpa