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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Möchte von Ihnen eine Antwort haben" MDR-Moderator liefert sich Schlagabtausch mit Höcke
Der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke ist im Sommerinterview des MDR Fragen mehrfach ausgewichen. Der Moderator hakte immer wieder nach – ohne Erfolg.
Das Sommerinterview mit dem Thüringer AfD-Sprecher Björn Höcke am Dienstagvormittag geriet zu einem teils minutenlangen Schlagabtausch zwischen Moderator Lars Sänger und dem Politiker. Während Sänger sichtlich bemüht war, Antworten auf aus seiner Sicht zentrale Fragen zu erhalten, wich Höcke immer wieder aus, lenkte ab und weigerte sich, direkt auf Fragen zu antworten.
Über den Machtkampf will Höcke nicht reden
Unter anderem hatte Sänger wissen wollen, wie lange die AfD Höcke angesichts der in letzter Zeit zahlreichen Ausschlussverfahren gegen "Flügel"-Verbündete noch halten könne. Daraufhin holte Höcke zu einer langen Antwort aus, die zunächst die Finanzpolitik und dann die Energiepolitik der Bundesregierung kritisierte. Als Sänger anschließend auf einer Antwort auf seine Frage bestand, wollte Höcke über Asylpolitik sprechen, anschließend – auf eine weitere Nachfrage – unaufgefordert über den Verfassungsschutz.
Als der Moderator eine weitere Nachfrage stellte, die den Ausschluss von Kalbitz in eine Reihe mit dem innerparteilichen Machtkampf um Höcke stellte, wich der AfD-Politiker erneut aus und kritisierte den Verfassungsschutz als "Skandalbehörde".
"Was Sie hier machen, ist Framing"
Sänger wurde resolut, während Höcke ihm ins Wort fallen wollte. "Es geht um eine ganz andere Frage, Herr Höcke. Und es ist völlig verrückt, wenn Sie grundsätzlich Medien immer Framing unterstellen und das, was Sie hier machen, ist Framing", sagte Sänger. "Sie benennen Punkte, die keine Rolle spielen." Framing bezeichnet eine Technik, durch gezielte Wahl von Sprachbildern Meinung zu machen.
Sänger fuhr fort: "Ich möchte von Ihnen eine Antwort haben auf die Frage: Was glauben Sie, wie lange diese Partei Sie noch ertragen wird, wenn sie sich weiter so verhält wie in den letzten zwei Wochen?" Auf diese Frage, die auf den Rausschmiss mehrerer AfD-Politiker anspielte, antwortete Höcke auch nach viermaligem Nachfragen nicht. Es sei ein Fehler, dass sich die Partei in ihren Ausschlussverfahren auf den Verfassungsschutz und etablierte Medien stütze, sagte er.
Höcke distanzierte sich nicht von der NPD
Vor allem Fragen zu Rechtsextremismus versuchte Höcke in dem Interview immer wieder zu umschiffen. Angesprochen darauf, dass er – ebenso wie die Neonazi-Parteien NPD und der Dritte Weg – zu einer Corona-Demo in Berlin mobilisiere, ob er es also in Kauf nehme mit diesen Gruppen zu demonstrieren, sagte Höcke: "Natürlich ist so eine Demonstration offen für jeden." Sänger entgegnete: "Ich halte also fest, dass Sie es also für akzeptabel halten, dort an der Seite von Leuten zu marschieren, die sich für die NDP, den Dritten Weg und Compact engagieren." Höcke korrigierte oder distanzierte sich nicht.
Ähnlich verhielt es sich gegen Ende des Interviews, als ein alter wunder Punkt in Höckes Biographie zur Sprache kam: seine mutmaßliche Urheberschaft von Artikeln unter dem Pseudonym "Landolf Ladig" in NPD-Publikationen. Die Vorwürfe waren bereits Gegenstand eines misslungenen Ausschlussverfahrens der Parteispitze gegen Höcke.
Der Politiker hat seine Autorenschaft nie offensiv bestritten. "Sie könnten ja selber aufräumen damit, dann würde Sie das nicht mehr so verfolgen", schlug Sänger vor. Allerdings mit ähnlichem Ergebnis wie zuvor.
"Herr Sänger, dieses Land geht gerade vor die Hunde", setzte Höcke an. Weiter sprach er über Freiheitsrechte, Wirtschaft, Einwanderung, Kurzarbeit und die Automobilzulieferindustrie. Seine private Bekanntschaft mit dem militanten Neonazi und NPD-Bundesvorstand Thorsten Heise dementierte er nicht. Heise ist Verleger der Zeitschrift, in denen die "Landolf Ladig"-Artikel erschienen. Höcke dementierte auch in diesem Interview nicht, dass er Autor der Artikel ist.
- eigene Recherchen
- MDR: Sommerinterview mit Björn Höcke (AfD)