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Kolumne: Eine Liebeserklärung an die deutsche Heimat


Identität
Eine Liebeserklärung an die deutsche Heimat

  • Lamya Kaddor
MeinungEine Kolumne von Lamya Kaddor

25.05.2018Lesedauer: 4 Min.
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Fans der deutschen DFB-Elf: Nirgends würde sie lieber leben, schreibt Kolumnistin Lamya Kaddor.Vergrößern des Bildes
Fans der deutschen DFB-Elf: Nirgends würde sie lieber leben, schreibt Kolumnistin Lamya Kaddor. (Quelle: dpa)

Deutschland ist ein Land der Werte, des Rechts und des Wohlstands, ein Land der Freiheit und Gleichheit. Kolumnistin Lamya Kaddor schreibt ihrer Heimat einen Liebesbrief.

Es gibt kein Land auf der Welt, in dem ich heute lieber leben möchte als dieses. Deutschland bietet Schutz, Behaglichkeit und Abwechslung. Deutschland heißt für mich Heimat, und das hat Gründe.

Der Staat unterscheidet nicht nach Geschlecht, Herkunft oder Glaube. Nicht viele Länder auf der Welt bieten so viel Freiheiten wie dieses. In der Heimatregion meiner Eltern, dem Nahen Osten zum Beispiel, gibt es im 21. Jahrhundert kein einziges Land, das es in der Gesamtschau auch nur annähernd so weit gebracht hätte wie das Erbe Ottos des Großen; ohne darüber freilich die Gräuel, Verbrechen, Kriege und Zivilisationsbrüche der Vergangenheit zu vergessen.

Politiker hierzulande müssen sich verantworten. Hohe moralische Maßstäbe werden an ihr Tun angelegt. Wer Fehler begeht, wird abgestraft. Regierende kleben nicht an ihren Sesseln, wie die Herrscher anderenorts. Man kann Politiker abwählen, kritisieren, ja sogar beschimpfen, ohne staatliche Repressalien zu fürchten. In Deutschland darf ich demonstrieren, meine Meinung publizieren und öffentlich diskutieren. Deutschland, Du verbietest mir wenig und weil Du auf meine Vernunft vertraust, verteidigst Du meine Würde. In Dir kann ich glauben, was ich will, denken, wie ich will, und mich bewegen, wohin ich will.

Es gibt kaum bessere Verfassungen

Dabei ist Deutschland eine der stärksten Wirtschaftsnationen weltweit. Den allermeisten Deiner Bürger geht es wirtschaftlich gut, um alle anderen bemühst Du dich redlich. Der Verfassungstag in dieser Woche, wenn auch wieder einmal wenig beachtet, erinnert an das Fundament dieser Freiheiten und dieses Wohlstands. Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz verabschiedet. Ich bin keine Staatsrechtlerin, aber ich glaube, es gibt kaum bessere Verfassungen als diese. Der Tag wäre also ein wunderbarer Grund zu feiern. Ich liebe Deutschland aber nicht nur wegen seiner menschenfreundlichen Grundrechtsartikel.

Seit einigen Jahren sind zwar zunehmend mehr Menschen wegen ihres Tuns immer größeren Anfeindungen, Diffamierungen und Ausgrenzung ausgesetzt. Darüber verkennt man aber manchmal, dass es in der Realität so viel mehr Menschen hierzulande gibt, die die Werte von Aufklärung, Toleranz und Mitmenschlichkeit verinnerlicht haben. Im Grunde sind wir geprägt von einer offenen Gesellschaft, in der jeder noch so unterschiedliche Lebensentwurf seinen Platz finden kann. Wenn verbale oder tätliche Angriffe auf andere erfolgen, sind Menschen zur Stelle und erheben ihre Stimmen im Bundestag, in den Medien, im Netz, auf Kundgebungen, auf der Straße und im Privaten.

Überall verteidigen sie die Rechte ihrer Mitbürger. Das gesellschaftliche Engagement, das sich tagtäglich zwischen Flensburg und Füssen, Aachen und Görlitz in unzähligen Kulturveranstaltungen wie Ausstellungen, Theateraufführungen, Konzerten zeigt, in politischen Diskussionsrunden, Lesungen, Vorträgen, Weiterbildungsseminaren und Sportereignissen, ist ein mächtiger Ausdruck dessen. All diesen Menschen, die dies ermöglichen und organisieren, sollte man viel öfter Anerkennung zollen.

Wer viel reist, erkennt umso besser die Vorzüge dieses Landes. Deutschland, Du bist vielseitig, nah am Wasser gebaut und an schneebedeckten Bergen. Deine Wälder und Felder, Deine Seen und Flüsse, Deine Städte und Dörfer sind faszinierend, bieten perfekte Umgebungen zum Nachdenken, Sinnieren und Erholen. Ob geräucherter Schleifisch oder gehobelte Knöpfle, ob Gözleme oder Bliny, Deine Speisen sind so unterschiedlich wie Deine Regionen und Deine Bürger. Menschen aus allen Ländern bietest Du heute ein Zuhause.

Anlass zum Feiern und Ausspannen

Im Jahreszyklus gibst Du uns immer wieder Anlässe zum Ausspannen und Feiern: Pfingsten und Iftar, Karneval und Purim, Kermes und Kirmes, Japanische Nacht und Rhein in Flammen, Street Food Festival und Weihnachtsmarkt, Ostern und Martinszug, Schützen- und Weinfest, Halloween und Valentinstag, Pöttkes- und Töttkenmarkt, Oktoberfest und Tanz in den Mai. Weil Deutschland so bedeutend ist, kommen alle großen Künstler dieser Welt irgendwann hierher, um ihr Können in Stadien und Hallen darzubieten. Man braucht nur zu warten.

Wenn weltweit Deine klassische Musik erklingt, Bach, Beethoven, Schubert, bin ich ein wenig stolz. Wenn Deine Philosophen, Literaten und Wissenschaftler zitiert werden, Kant, Goethe, Einstein, fühle ich mich inspiriert. Wenn Deine Fußball-Nationalmannschaft in wenigen Wochen in Russland wieder aufläuft, sitze ich wie alle zwei Jahre vor dem Fernseher und fiebere mit.

Selbst im Ausland bietet Deutschland mir besonderen Schutz. Die Autokraten dieser Welt überlegen es sich zweimal, bevor sie Hand an die Rechte deutscher Staatsbürger anlegen. Die Sorge vor diplomatischen Spannungen mit diesem starken Deutschland lässt viele vorsichtig werden. Zugleich taugt die Bundesrepublik in der ganzen Welt nicht so gut zum Feindbild, weil sie weniger imperialistische Züge in ihrer Außenpolitik verfolgt als andere große Nationen. Wer sich auf den Kontinenten dieser Erde als Deutscher zu erkennen gibt, stößt jedenfalls eher selten auf Animositäten.

Ich bin sehr glücklich, dass mir mein Schicksal ermöglicht hat, als Bürgerin dieses Landes geboren zu sein. Doch all diese Wohltaten sind auch eine Verpflichtung – eine Verpflichtung dafür einzustehen, dass die Werte von Freiheit, Gleichheit und Solidarität für alle fortbestehen können. Denn freilich gibt es auch in diesem schönen Deutschland noch reichlich Mängel und Probleme. Doch davon soll ein anderes Mal erst wieder die Rede sein.

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