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"German Angst" in Bonn: Die Deutschen – ein Volk der Angsthasen?


"German Angst" in Bonn
Die Deutschen – ein Volk der Angsthasen?

dpa, Christoph Driessen

Aktualisiert am 10.10.2018Lesedauer: 2 Min.
Modell eines Karnevalswagens in der Ausstellung "Angst. Eine deutsche Gefühlslage?": Furcht vor Flüchtlingen statt Zukunftsoptimismus.Vergrößern des Bildes
Modell eines Karnevalswagens in der Ausstellung "Angst. Eine deutsche Gefühlslage?": Furcht vor Flüchtlingen statt Zukunftsoptimismus. (Quelle: Federico Gambarini/dpa-bilder)

Deutsche gelten im Ausland als überängstlich. Eine Ausstellung zeigt, wie alt scheinbar moderne Ängste sind – und welches Thema die Deutschen überhaupt nicht berührt.

"German Angst", eine ganz spezielle deutsche Angst – das ist im Ausland ein stehender Begriff. Dass Deutsche oft mit Helm Fahrrad fahren, dient den Niederländern als Beleg dafür, dass die Deutschen ein Volk der Angsthasen sind.

Was ist dran am Phänomen "German Angst"? Welche Formen nimmt diese Angst an? Eine neue Ausstellung im Haus der Geschichte in Bonn geht dem jetzt nach.

Die "German Angst" wird für gewöhnlich auf die traumatische erste Hälfte des 20. Jahrhunderts zurückgeführt. Der Erste Weltkrieg, dann die große Inflation, die bis 1923 die Ersparnisse der Deutschen vernichtete, und schließlich der komplette, auch moralische Ruin durch Nazizeit, Holocaust und Zweiten Weltkrieg. Diese Katastrophen führten zu einem ausgeprägten Sicherheitsbedürfnis, das sich auch heute äußert: Wenn es um Zuwanderung geht, um Technik oder Umweltzerstörung.

Wehrhafte Unterwäsche

In der Ausstellung in Bonn tönt Angela Merkels "Wir schaffen das" aus den Lautsprechern. Dieser auffordernd-optimistische Satz wird ihr als naiv und beschönigend vorgeworfen. Wir schaffen das? Von wegen! Man sieht ein Modell für einen Düsseldorfer Karnevalswagen: Die Kanzlerin wird von einer "Flüchtlingswelle" mitgerissen.

In einer Vitrine liegt eine "Safeshorts": Zieht man diese Unterhose gewaltsam herunter, ertönt eine eingebaute Sirene. Die Werbung dazu arbeitet mit Schlüsselbegriffen wie "Kölner Silvesternacht" und "Übergriffe". Man trägt in Deutschland nicht nur Helm, sondern sogar wehrhafte Unterwäsche.

Die Ängste sind nicht neu

Diese Ausstellung macht vor allem deutlich, dass viele Ängste dieser Tage nicht neu sind. "Angst hat die Deutschen gepackt, Angst vor den Fremden", schrieb ein Magazin nach einem starken Anstieg der Flüchtlingszahlen – nicht 2015, sondern 1992. Damals flohen viele Menschen vor dem Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien. Deutschland war im Bann von Begriffen wie "Flut", "Welle", "Strom".

Zuwanderung ist nicht das einzige Thema, das Deutschen schon lange Angst macht. Lauter Glatzköpfe mit aufgedrucktem Strichcode, so warnt ein Foto vor "Totalerfassung", und das im Jahr 1983, als gerade der Computer aufkam. Zur selben Zeit versetzte die Vorstellung eines großflächigen Waldsterbens die deutsche Öffentlichkeit in Panik. "Fast jede Woche ein Bericht über den sterbenden Wald, jede Woche derselbe Frust, jede Woche die wahnsinnige Angst", klagte ein "Stern"-Leser 1985. "Lohnt es sich da noch, Kinder in die Welt zu setzen?"

Angst um den Wald, keine Angst ums Klima?

Kurios ist, dass in der Bundesrepublik der deutsche Wald zeitweise fast schon abgeschrieben wurde, während es in der DDR offiziell keinerlei Waldsterben gab. Der saure Regen endete sozusagen an der innerdeutschen Grenze. Interessant auch: Der Klimawandel scheint zurzeit keine ähnliche Angstwelle auszulösen. Da, so sagen die Ausstellungsmacher, sei die Haltung eher, dass man das doch hoffentlich noch in den Griff bekomme. Irgendwie.

Breiten Raum in der Ausstellung nehmen die Medien ein und sie kommen nicht gut dabei weg. Im Rückblick wird deutlich, dass sie Angstwellen allzu oft eher befeuerten, anstatt die Debatte mit Fakten zu versachlichen.

Hans Walter Hütter, Präsident der Stiftung Haus der Geschichte, meint, dass heute die sozialen Netzwerke die Angstwellen noch zusätzlich verstärken. Gleichzeitig würden die Ausschläge immer kürzer: "Nächste Woche ist schon wieder was anderes dran."

Verwendete Quellen
  • Oktober 2018 bis zum 19. Mai 2019 im Haus der Geschichte in Bonn
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