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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Wichtige Verbündete wenden sich ab Jetzt warnt auch Pelosi: Gibt Biden auf?
Führende Demokraten glauben nicht mehr, dass Joe Biden die Wahl gegen Donald Trump gewinnen kann. Es wird einsam um den US-Präsidenten. Wie reagiert Biden darauf?
Nur der Allmächtige könne ihn aus dem Rennen nehmen, sagte US-Präsident Joe Biden noch vor zehn Tagen betont selbstbewusst in einem viel beachteten Interview auf ABC News. "Ich glaube nicht, dass jemand qualifizierter ist, Präsident zu sein oder dieses Rennen zu gewinnen, als ich."
Kurz zuvor hatte er sich seinem republikanischen Kontrahenten Donald Trump in einem für ihn desaströsen Fernsehduell gestellt. Biden stammelte sich Antworten zurecht, stotterte, räusperte sich stetig. Die Urteile in den Medien fielen vernichtend aus, und nicht wenige Anhänger der Demokraten stellten sich anschließend die Frage: Ist Biden wirklich der richtige Kandidat für die Präsidentschaftswahl?
"Es steht einfach zu viel auf dem Spiel"
Diese Stimmen werden nun lauter – und prominenter. So warnten die beiden Top-Demokraten im US-Kongress, Hakeem Jeffries und Chuck Schumer, Biden übereinstimmenden Medienberichten zufolge bereits in der vergangenen Woche davor, an seiner Präsidentschaftsbewerbung festzuhalten. Auch der prominente Abgeordnete aus dem Repräsentantenhaus Adam Schiff erklärte, er habe ernsthafte Bedenken, ob Biden den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump im November besiegen könne. Biden habe große Erfolge zu verbuchen, aber es sei an der Zeit, den Weg freizumachen für jemand anderen. "Es steht einfach zu viel auf dem Spiel", mahnte er.
- "Würde die Partei in Krise stürzen": Können die Demokraten Biden stürzen?
Schiff ist enger Vertrauter der einflussreichen Demokratin Nancy Pelosi. Sie hat sich bislang öffentlich zurückhaltend geäußert, bezeichnet es stets als Bidens Entscheidung, ob er antrete. Sie verzichtete allerdings ausdrücklich darauf, Biden ihre Unterstützung auszusprechen. Und nun berichtet der Sender CNN unter Bezug auf namentlich nicht genannte Quellen, dass sie Biden ins Gewissen geredet habe. Er könne Präsident Trump im Rennen ums Weiße Haus nicht schlagen, soll die eindeutige Botschaft gelautet haben.
Biden beschreibt sich selbst oft als "topfit"
Bislang zeigt sich Biden in öffentlichen Auftritten stur, verfolgt stoisch seinen Kurs. "Das Einzige, was das Alter ein wenig mit sich bringt, ist Weisheit", sagte der 81-Jährige erst am Mittwoch in einem Interview mit "Bet News". Sein Alter sei an sich kein Problem. Nur wenn seine Ärzte ihm gesundheitliche Probleme attestierten, werde er sich zurückziehen, sagt er – betont aber auch immer wieder, dass die Mediziner ihn für "topfit" hielten.
- Trump
- Biden
Seine öffentlichen Auftritte in den vergangenen Wochen lassen allerdings auch andere Schlüsse zu. So nannte der den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ausgerechnet Wladimir Putin, statt von seiner Vizepräsidentin Kamala Harris sprach er von seinem "Vizepräsident Trump". Diese Aussetzer fügen sich in eine lange Reihe von Versprechern und Aussetzern, die die Kampagne von Donald Trump gezielt nutzt, um den Demokraten zu diskreditieren – und dabei nicht davor zurückschreckt, auch harmlose Begebenheiten zu skandalisieren. Hier sehen Sie ein Beispiel.
Zweifel hinter den Kulissen?
Das Team von Biden nutzt das wiederum, um die Kritik an Biden pauschal als Kampagne abzutun. Doch geht das nicht mehr auf. Eine neue Umfrage der Nachrichtenagentur AP ergab, dass zwei Drittel der Anhänger der Demokraten mittlerweile der Meinung sind, Biden solle sich zurückziehen.
Diese Kritik scheint aber nicht mehr spurlos an Biden vorbeizugehen. Hinter den Kulissen werde er empfänglicher für Kritik, berichtet unter anderem die "New York Times" unter Berufung auf hochrangige Demokraten. In den Gesprächen sollen auch neueste Umfragewerte eine Rolle gespielt haben. Dort hatte seine Vizepräsidentin Harris zuletzt besser abgeschnitten als der Präsident selbst. Sie wird als eine der aussichtsreichsten Kandidatinnen gehandelt, die Biden folgen könnte.
Biden gibt das offenbar zu denken: Laut den internen Quellen soll er gefragt haben, wie Harris gewinnen könnte.
- apnews.com: "Nearly two-thirds of Democrats want Biden to withdraw, new AP-NORC poll finds" (englisch)
- nytimes.com: "Biden Called ‘More Receptive’ to Hearing Pleas to Step Aside" (englisch)
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und Reuters