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USA: Demokratie in Gefahr – Doch Trump ist nicht das größte Problem


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Expertin erklärt Radikalisierung im Video
"Trump hat ein Ventil geöffnet"


03.03.2024Lesedauer: 1 Min.
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"Trump hat ein Ventil geöffnet": So gefährdet die Radikalisierung die gesamte USA. (Quelle: t-online)
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Eine zweite Präsidentschaft von Donald Trump könnte die Demokratie in den USA ernsthaft schädigen. Dabei ist Trump nur ein Symptom, das Problem tiefgreifender.

Donald Trump ist derzeit auf dem besten Weg, im November erneut ins Weiße Haus einzuziehen. Für seine zweite Amtszeit als Präsident der Vereinigten Staaten hat er große Pläne. Er werde kein Diktator sein, kündigte er in einem Interview mit Fox News an – außer an Tag eins.

Doch auch ohne Trump als möglicher nächster Präsident sieht Autorin Annika Brockschmidt die Demokratie in den USA gefährdet. Grund ist eine Radikalisierung, die sich zuletzt immer deutlicher zeige.

So auch im "Projekt 2025", einem Entwurf für ein republikanisches Regierungsprogramm. Darin blasen die Konservativen zum Kampf gegen das Establishment. Der Präsident soll dafür mehr Macht bekommen, entscheidende Positionen sollen mit eigenen Leuten besetzt werden.

Die Expertin

Annika Brockschmidt ist Buchautorin, Journalistin, Podcasterin und USA-Kennerin. Sie studierte Geschichte, Germanistik und War and Conflict Studies in Heidelberg, Durham und Potsdam. In ihrem Buch "Amerikas Gotteskrieger" widmete sie sich der religiösen Rechten in den Vereinigten Staaten. Ihr neues Werk "Die Brandstifter" zeichnet die Radikalisierung der Republikanischen Partei bis heute nach.

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"Am Ende sind die nicht hinter mir her, sondern hinter euch. Ich stehe nur zufällig im Weg."

Angst schüren, Obrigkeiten verteufeln – die Rhetorik von Donald im Wahlkampf ist scharf und sie ist symptomatisch für die Radikalisierung der Republikanischen Partei.

Wie die Radikalisierung einer Partei die USA gefährdet
Der Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 markierte eine Zäsur in der politischen Landschaft der USA. Die Bilder der entfesselten Menge machten deutlich, wie gefährdet die Demokratie in den Vereinigten Staaten ist.

Die Autorin Annika Brockschmidt hat sich eingehend damit beschäftigt, warum die politische Rechte in den USA immer extremer wird:

"Ich glaube, Trump hat in dieser Bewegung ein Ventil geöffnet, was andere lang ignoriert haben, was letzten Endes irgendwo die logische Schlussfolgerung aus der Argumentation ist, die USA stehen am Abgrund. Die Demokraten, das sind nicht der politische Gegner, sondern die wollen eure Kinder kidnappen und in die Sexsklaverei verkaufen. Und wir müssen uns wehren. Und das politische System funktioniert nicht. Wählen bringt nichts. Dann ist ja die logische Schlussfolgerung okay, dann geht es halt nur mit Gewalt."

Doch wie konnte eine Partei, die in ihren Anfängen für die Abschaffung der Sklaverei kämpfte, so extremistisch werden?

"Es gab schon quasi seit den 20er, dreißiger Jahren rechte Akteure in der amerikanischen Politik, die aber weder wirklich organisiert waren, noch sich richtig einig waren, wie man eigentlich vorgehen will. Das heißt, quasi bis in die, ja eigentlich in die frühen 60er Jahre war unter ultrakonservativen rechten Aktivisten in den USA immer die Frage: ‘Machen wir eine dritte Partei oder versuchen wir eine der beiden großen Parteien zu übernehmen?’ Und man entscheidet sich dann dafür: ‘Okay, wir versuchen eine der Parteien zu kapern.’ Da bietet sich unter anderem aufgrund der Wirtschaftspolitik und des großen Pro-Unternehmertums die Republikanische Partei eher an."

Die Republikanische Partei selbst hat sich nicht gegen die Einflussnahme gewehrt – im Gegenteil: Sie hat sich darauf eingelassen.

"Der beste Ansatz, um zu verstehen, wie das passieren konnte, ist, sich bestimmte Schlüsselmomente anzusehen in den letzten Jahren und Jahrzehnten, in denen einflussreiche Personen in der Republikanischen Partei die Wahl hatten, sich gegen die extremen Kräfte, die sie quasi in das große Zelt ihrer Partei geholt hatten, sich gegen die zu stellen oder was eben passiert ist, ihnen weiter zuzuarbeiten – aus Machtkalkül, aus der Fehlannahme, man könnte das irgendwie noch kontrollieren. Oder Option drei, weil man sich klar war, man kann es nicht mehr kontrollieren, man wäre aber weiter gerne im Amt."

"Ich glaube, es waren so 2 bis 3 Tage direkt nach dem Sturm aufs Kapitol, wo es in der Schwebe war, wo sich Leute wie Kevin McCarthy, wie Mitch McConnell kurzzeitig geäußert haben, kurzzeitig gesagt haben, Trump muss zur Rechenschaft gezogen werden, das war schlecht. Was passierte? Nach wenigen Tagen wurde klar, wie das Ganze in der Basis ankommt, nämlich, dass zumindest der lauteste Teil der Basis, der Teil, der in den Vorwahlen wählen geht, beispielsweise das entweder nicht schlimm fand oder sogar gut fand. Und dann passierten so Dinge wie, dass Ted Cruz zu Tucker Carlson, als er noch bei Fox News war, gehen musste und Abbitte leisten musste dafür, dass er diejenigen, die am 6. Januar das Kapitol gestürmt haben, Terroristen genannt hat, weil das natürlich dann auch mit, ja mit finanziellen Folgen verknüpft ist."
"Wenn ich also ein republikanischer Politiker bin, der noch was vorhat, der vielleicht irgendwann mal Präsident werden will, dann kann ich es mir nicht leisten, wenn Fox News ein Segment nach dem anderen raushaut, wo gesagt wird, dass ich die Bewegung verrate, dass ich einknicke vor den Liberalen in Washington. Das wirkt sich dann teilweise auch auf die Spendenlage aus."

Auch nach dem Sturm auf das Kapitol schritt die Radikalisierung innerhalb der Partei weiter fort, erklärt Brockschmidt.

"Allein in den letzten zwei, drei Jahren, wo wir noch mal eine extreme Radikalisierung sehen, wo politische Gewalt mehr und mehr offen akzeptiert wird innerhalb des republikanischen Mainstreams. Und dazu gehört natürlich auch, dass man dann einerseits sagt: ‘ja, na klar sind wir 'domestic terrorists', weil, das ist im Übrigen dann auch nur so ein kleiner rhetorischer Kniff. Da kann man dann so tun, als wäre es ein Witz, ‘das ist absurd, dass die uns so nennen.’ Aber gleichzeitig findet man es auch ein bisschen gut, weil es geht ja darum, dass die Gegenseite Angst haben soll."

Dabei ist es nicht allein Trump mit seiner scharfen Rhetorik, der zu einer solchen Radikalisierung beiträgt. Auch andere Köpfe zeigen, wie extrem die Positionen der Partei mittlerweile sind – etwa Nikki Haley, seine Herausforderin im Vorwahlkampf.

"Es wäre ein Fehler zu sagen, dass Nikki Haley die moderatere Alternative zu Trump wäre. Sie unterscheidet sich vor allem in ihren außenpolitischen Positionen von Donald Trump. Sie mag in ihrem mentalen Zustand berechenbarer sein, um es mal vorsichtig zu formulieren. Aber sie vertritt trotzdem extreme Positionen. Also ich glaube, es war in einer Vorwahl, in einer TV-Debatte, einem TV-Duell, wo sie gesagt hat: Können wir uns denn nicht wenigstens darauf einigen, dass Frauen, die Abtreibung vornehmen, nicht hingerichtet werden? Also das zeigt, wie tief die Latte hängt. Dass das die rote Linie ist, die Nikki Haley zieht, unterscheidet sie zwar von einigen in dieser republikanischen Partei, aber dass das die Linie ist, die sie zieht, ist eben auch nicht positiv."

Und die Radikalisierung der Partei wird weitergehen, glaubt Brockschmidt. Mit Blick auf die Präsidentschaftswahl im November 2024 spricht sie von einer "dramatischen Lage" für die Demokratie in den USA.

"Es gibt ja viele Leute, die sagen, ‘na ja, okay, kommt vier Jahre Trump. Wie schlimm kann das sein?’ So nach dem Motto: ‘Wir haben ja schon mal vier Jahre Trump überlebt. Wie schlimm kann das noch werden?’ Und da kann man leider auf diverse Indizien und diverse Beweismittel verweisen, die zeigen, dass eine zweite Trump Amtszeit deutlich anders ablaufen würde als die erste. Das liegt an verschiedenen Gründen. Erstens, dass eine deutliche Professionalisierung stattgefunden hat. Zweitens, dass Trump jetzt die großen Organisationen und großen Think-Tanks der amerikanischen Rechten und damit nicht nur die Manpower, sondern auch die jahrzehntelange Erfahrung und den, ich sag’ jetzt mal, Pool an Personen, auf die sie zugreifen können, hinter sich hat."
"Selbst wenn Trump die nächste Wahl nicht gewinnen sollte, wird zumindest in Bezug auf die nähere Zukunft bei jeder Wahl, bei jeder Präsidentschaftswahl, die Zukunft der amerikanischen Demokratie auf dem Spiel stehen."

Um die Demokratie zu sichern, brauche es einen Sieg von Joe Biden und den Demokraten. Doch die Republikaner werden alles tun, um das zu verhindern und selbst wieder an die Macht zu kommen.

Im Interview mit t-online erklärt die Expertin, wie es zu dieser breiten Radikalisierung kam. Weshalb sie so schwer aufzuhalten ist und welche Rolle Trump dabei tatsächlich einnimmt, erfahren Sie im Videobeitrag hier oder oben.

Verwendete Quellen
  • Eigenes Interview mit Annika Brockschmidt
  • Material von der Nachrichtenagentur Reuters und aus den sozialen Medien
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