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Hashim Thaci - Kriegsverbrecher-Anklage: Kosovos Präsident tritt zurück


Hashim Thaci
Kriegsverbrecher-Anklage: Kosovos Präsident tritt zurück

Von dpa
Aktualisiert am 06.11.2020Lesedauer: 3 Min.
Hashim Thaci im Juli in Den Haag.Vergrößern des Bildes
Hashim Thaci im Juli in Den Haag. (Quelle: Phil Nijhuis/AP/dpa./dpa)

Pristina (dpa) - Mehr als 20 Jahre nach dem Kosovo-Krieg hat den kosovarischen Präsidenten Hashim Thaci seine Vergangenheit eingeholt.

Der ehemalige Kommandeur der Untergrundarmee UCK trat von seinem Amt zurück, nachdem er erfahren hatte, dass das Kosovo-Sondertribunal in Den Haag eine Anklage gegen ihn wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen bestätigt hat. Seine Amtsgeschäfte übernahm die Parlamentspräsidentin Vjosa Osmani von der Regierungspartei LDK (Demokratische Liga des Kosovos).

"Um die Integrität des Staates zu schützen, trete ich heute zurück", erklärte Thaci auf einer Pressekonferenz in der Hauptstadt Pristina. Er empfinde Stolz bezüglich der Verantwortung, die er getragen habe, fügte er hinzu. Im Anschluss daran begab er sich in das Hauptquartier der EU-Justizmission Eulex, um seinen Transfer zum Tribunal in Den Haag zu veranlassen.

Thaci war noch am späten Abend in Den Haag eingetroffen und inhaftiert worden, wie das Gericht in Den Haag bestätigte. Auch drei weitere Angeklagte waren zugleich mit ihm festgenommen und dem Gericht überstellt worden.

Das Sondergericht veröffentlichte auch die Anklage. Thaçi und auch dem Vorsitzenden der Präsidentenpartei PDK (Demokratische Partei des Kosovos), Kadri Veseli, sowie den Angeklagten Rexhep Selimi und Jakup Krasniqi werden Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Last gelegt.

Thaci war während des Unabhängigkeitskrieges 1998-1999 Oberkommandierender der kosovo-albanischen UCK gewesen. Die Staatsanwaltschaft des Sondertribunals hatte bereits im vergangenen Juni gegen ihn und mehrere andere ehemalige UCK-Kommandeure vorläufige Anklage erhoben. Kurz zuvor hatte auch der Vorsitzende der Präsidentenpartei Veseli bekanntgegeben, dass die Anklage gegen ihn bestätigt wurde.

Die vorläufige Anklage vom Juni legte den Politikern schwere Verbrechen in zehn Punkten zur Last, darunter Mord, Verfolgung und Folter. Hunderte Kosovo-Albaner, Serben, Roma und Angehörige anderer ethnischer Gruppen sowie politische Gegner gehörten der Anklage zufolge zu ihren Opfern.

Mit Thacis Abgang verlässt ein Politiker und Militär die politische Bühne des Kosovos, der diese wie kein anderer geprägt hat. Er kommandierte die UCK, die im Unabhängigkeitskrieg gegen die serbischen Sicherheitskräfte kämpfte. Nach einer Nato-Intervention führte dies zur Abspaltung der hauptsächlich von Albanern bewohnten ehemaligen südserbischen Provinz von Serbien.

Von 2008 bis 2014 war Thaci der erste Ministerpräsident des seit 2008 unabhängigen Kosovos, seit 2016 Staatsoberhaupt. Als Gründer und Vorsitzender der UCK-Nachfolgepartei PDK hatte er gewichtigen Einfluss über diverse Koalitionsregierungen, auch wenn er selbst gerade nicht Regierungschef war.

Kritikern zufolge hat sein politisches Wirken die Probleme im jüngsten Balkanstaat vertieft und verstetigt. Immer wieder wurden ihm Nähe zur organisierten Kriminalität, Vetternwirtschaft und Korruption vorgeworfen. Die Modernisierung und wirtschaftliche Erholung des Kosovos seien immer wieder an die Grenzen jener korrupten und kriminellen Strukturen gestoßen, die Thaci und andere Politiker aus der ehemaligen UCK schufen und aufrechterhielten, meinen die Kritiker.

Das Sondertribunal nahm 2015 seine Arbeit auf und gehört formal zur Justiz des Kosovos. Es war aber auf internationalen Druck in Den Haag eingerichtet worden, um die von der kosovo-albanischen Seite begangenen Verbrechen während und im Gefolge des kosovarischen Unabhängigkeitskrieges strafrechtlich zu verfolgen. In dem Krieg gab es mehr als 10.000 Tote und Hunderttausende Vertriebene. Die meisten Opfer gingen auf das Konto der serbischen Sicherheitskräfte. Mit den Verbrechen serbischer Politiker und Militärs beschäftigte sich das Internationale Jugoslawien-Tribunal (ICTY) der UN in Den Haag.

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