Vorwurf des Staatsstreichs Boliviens Oppositionschef festgenommen
Luis Fernando Camacho ist der zweite hochrangige Politiker, der nach dem Rücktritt von Boliviens Ex-Präsident festgenommen wurde. Er selbst spricht von einer brutalen Entführung.
Die bolivianische Polizei hat den Oppositionsführer Luis Fernando Camacho verhaftet. Der Gouverneur des Bundesstaates Santa Cruz sei am Mittwoch auf Grundlage eines Haftbefehls festgesetzt worden, teilte die Generalstaatsanwaltschaft mit.
Dem Rechtspolitiker wird vorgeworfen, eine wichtige Rolle bei den Protesten 2019 gegen den damaligen Staatschef Evo Morales gespielt zu haben. Morales musste damals nach fast 14 Jahren im Präsidentenamt zurückgetreten, nachdem Vorwürfe der Wahlfälschung gegen ihn zu Massenprotesten geführt hatten. Die aktuelle Linksregierung wertet die damaligen Proteste als Staatsstreich.
Camacho wies die Anschuldigungen als falsch und unglaubwürdig zurück. Er sei von der Polizei "brutal entführt" worden, teilte er auf Twitter mit. Er sei stolz auf seine Rolle im Kampf für "Freiheit und Demokratie" in Bolivien.
Mit Camacho zweiter hochrangiger Politiker verhaftet
Ex-Präsident Morales erklärte auf Twitter, er hoffe, dass Camachos Festnahme Gerechtigkeit bringen werde. "Endlich, nach drei Jahren, wird sich Luis Fernando Camacho für den Staatsstreich verantworten, der zu Raubüberfällen, Verfolgungen, Verhaftungen und Massakern der De-facto-Regierung geführt hat."
Camacho ist die zweite hochrangige politische Persönlichkeit, die im Zusammenhang mit dem Rückzug von Morales festgenommen wurde. Die frühere Präsidentin Jeanine Anez, die nach Morales übergangsweise die Amtsgeschäfte übernommen hatte, wurde im vergangenen Jahr inhaftiert. Die konservative Politikerin war von einem Gericht der Organisation eines Staatsstreichs für schuldig befunden und zu einer Haftstrafe von zehn Jahren verurteilt worden.
Nach Festnahme brennt Gebäude der Staatsanwaltschaft
Die Regierung des wirtschaftsstarken Bundesstaates Santa Cruz bezeichnete die Festnahme ihres Gouverneurs wie er selbst auch als Entführung. Der 43-Jährige sei bei einem irregulären Polizeieinsatz festgesetzt und an einen unbekannten Ort gebracht worden, teilte die Provinzregierung mit. Sie teilte mit, Präsident Luis Arce sei für die Sicherheit von Camacho verantwortlich.
Der Festnahme Camachos vorausgegangen waren wochenlange Proteste in Santa Cruz, die von ihm angeführt wurden. Die Demonstranten hatten Straßen blockiert und den Handel gestoppt, weil die Regierung eine neue Volkszählung verzögert hatte, die Santa Cruz wahrscheinlich mehr Steuereinnahmen und Sitze im Parlament bescheren würde.
Nach der Festnahme Camachos kam es in Teilen von Santa Cruz zu neuen Protesten, bei denen auch das Gebäude der Staatsanwaltschaft in Brand gesetzt wurde. Medienberichten zufolge setzten Sicherheitskräfte Tränengas ein.
- Nachrichtenagenturen dpa und Reuters