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Emotionale Intelligenz: Definition, Nutzen und Kritik


Expertin klärt auf
Gibt es emotionale Intelligenz?


21.10.2024 - 10:27 UhrLesedauer: 4 Min.
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Emotionen erkennen, verstehen, regulieren: Eine besondere Form der Intelligenz?Vergrößern des Bildes
Emotionen erkennen, verstehen, regulieren: Eine besondere Form der Intelligenz? (Quelle: Yossakorn Kaewwannarat)

Ob im Beruf oder im Alltag: Emotionale Intelligenz ist ein viel diskutiertes Thema. Die Psychologin Prof. Dr. Astrid Schütz erklärt, was es damit auf sich hat.

Wenn ich mich gut in andere Menschen hineinversetzen und meine eigenen Gefühle reflektieren und regulieren kann, bin ich dann besonders emotional intelligent? Vielleicht haben Sie sich diese Frage schon einmal gestellt. Der Begriff der emotionalen Intelligenz hat in unzähligen (pseudo-)psychologischen Artikeln, Ratgebern und auch im Personalbereich Einzug gehalten. Was verbirgt sich dahinter?

Astrid Schütz, Psychologieprofessorin an der Universität Bamberg, forscht schon seit einigen Jahren zu diesem Thema und erklärt, was emotionale Intelligenz ausmacht und wie man sie messen kann.

Was ist emotionale Intelligenz?

Im Gegensatz zur kognitiven Intelligenz geht es bei emotionaler Intelligenz (EI) nicht um die Denkfähigkeit. Schütz zufolge meint EI die Fähigkeit:

  • eigene Emotionen sowie die Emotionen anderer zu erkennen,
  • sie zu verstehen
  • und zu regulieren.

Die Expertin betont außerdem: "Damit sich emotionale Intelligenz zeigt, müssen nicht zwangsläufig andere Personen anwesend sein. Dies ist besonders dann der Fall, wenn es sich um den Umgang mit den eigenen Emotionen handelt."

Abgrenzung zu sozialen Kompetenzen und "Soft Skills"

Oft fallen im Zusammenhang mit emotionaler Intelligenz auch Begriffe wie soziale Kompetenz oder sogenannte "Soft Skills" – besonders, wenn es um bestimmte Berufe geht. Dabei gibt es hier klare Unterschiede, wie Schütz erläutert.

Während sich emotionale Intelligenz auch ohne die Anwesenheit anderer Menschen äußern kann, beziehen sich soziale Kompetenzen laut Schütz "auf die Fähigkeit, effektiv mit anderen zu interagieren und Beziehungen aufzubauen. Dazu gehören Kommunikationsfähigkeiten, Teamarbeit, Konfliktmanagement und die Fähigkeit, sich in soziale Situationen einzufügen." Sie beinhalten also "eine breitere Palette von Fähigkeiten und sind an die Anwesenheit anderer und den Umgang mit anderen Personen geknüpft".

Ähnlich ist es auch mit den "Soft Skills", die sich aus persönlichen Eigenschaften, sozialen und methodischen Kompetenzen zusammensetzen. Sie spielen im Gegensatz zum Fachwissen ("Hard Skills") eine größere Rolle bei zwischenmenschlichen Interaktionen, etwa im beruflichen Umfeld.

Studien zeigen positiven Zusammenhang

Trotz der Abgrenzung verweist die Psychologin auf einen Zusammenhang: "Hohe emotionale Intelligenz kann zu besseren sozialen Fähigkeiten führen, da das Verständnis von Emotionen hilft, effektiver mit anderen zu interagieren". Schütz selbst hat in ihrer Forschung positive Zusammenhänge zwischen emotionaler Intelligenz und sozialen Fähigkeiten aufzeigen können. Sie deuten darauf hin, dass Personen mit hoher EI tendenziell auch bessere soziale Interaktionen haben.

Emotionale Intelligenz messen

Ähnlich wie der IQ – der Intelligenzquotient für kognitive Intelligenz – kann EI zum Teil erblich bedingt sein. Vor allem aber ist sie erlernbar und kann im Laufe des Lebens trainiert und verbessert werden.

Seit 2004 gibt es auch einen speziellen Test zur Bestimmung des emotionalen Quotienten (EQ) einer Person – der Mayer-Salovey-Caruso Emotional Intelligence Test (MSCEIT). Schütz hat mit ihrer Arbeitsgruppe 2011 die deutsche Version davon publiziert. Es handelt sich dabei um einen standardisierten Test, der die Wahrnehmung, die Nutzung, das Verstehen und die Regulation von Emotionen der Teilnehmenden überprüft.

Ursprünge des Konzepts

Erste theoretische Bemühungen zum Thema der "Sozialen Kompetenz" gab es bereits 1920 von dem Psychologen und Intelligenzforscher Edward Lee Thorndike. Rund 70 Jahre später nutzten die Psychologen Peter Salovey und John D. Mayer erstmalig den Begriff der emotionalen Intelligenz.

Mitte der 1990er-Jahre führte das gleichnamige Buch des Psychologen und Journalisten Daniel Goleman schließlich zur viel diskutierten Bekanntheit des Konzepts. Darin stellt er die These auf, dass der Umgang mit Gefühlen, als eine erlernbare Fähigkeit, eine maßgebliche Rolle für den beruflichen Erfolg spielt. Emotionale Intelligenz sei ihm zufolge die notwendige Ergänzung der kognitiven Intelligenz.

Hat EI überhaupt eine Daseinsberechtigung?

Seither sind sich Psychologen und Forscher teils uneinig, inwiefern das Konzept der emotionalen Intelligenz eine Daseinsberechtigung hat. Die Kritik bezieht sich dabei auf verschiedene Aspekte. Einigen Kritikern geht es etwa um die allgemeine Verwässerung des Intelligenzbegriffs, weil man versuche, unterschiedliche Kompetenzen in einer bestimmten Intelligenz zu verorten.

Auch Expertin Astrid Schütz erkennt den Kritikpunkt an: "Die Einführung zahlreicher Intelligenzen, wie zum Beispiel emotionaler, sozialer oder kreativer Intelligenz, kann den ursprünglichen Begriff der Intelligenz verwässern und unklar machen, was genau unter 'Intelligenz' verstanden wird. Diese Vielfalt könnte dazu führen, dass der Begriff an Präzision und wissenschaftlicher Strenge verliert. Daher wird manchmal auch von Kompetenz statt von Intelligenz gesprochen".

Wo emotionale Intelligenz eine Rolle spielt

Trotz der Kritik gibt es zahlreiche Studien, die die Relevanz von EI herausstellen. So zeigte etwa eine Meta-Analyse – also eine Auswertung von Primärdaten aus mehreren Studien –, dass emotionale Intelligenz tatsächlich die Arbeitsleistung vorhersagen kann. Forscher einer anderen Studie fanden außerdem heraus, dass EI mit der Zufriedenheit im Job zusammenhängen kann.

Es lässt sich also festhalten, dass emotionale Intelligenz empirisch messbar ist und in verschiedenen Kontexten eine Rolle spielen kann. Schütz verweist darauf, dass sich das Konzept in vielen Bereichen zur Vorhersage von Verhalten und Leistung als sinnvoll erweist – etwa bei der Personalauswahl, im Bildungsbereich für die Schülerentwicklung oder in der Führungsrolle zur Zusammenstellung von Teams und dessen Entwicklung.

Verwendete Quellen
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