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Wolfsmensch: Wie viel Wahrheit steckt in dem Mythos?


Grusel, Angst, Leiden
Wolfsmensch: Wie viel Wahrheit steckt in dem Mythos?

Seit jeher löst der Wolf in uns Menschen eine Urangst aus. Wir machen ihn zur Symbolfigur des Bösen, jagen ihn und denken uns faszinierende Geschichten aus.

Aktualisiert am 14.09.2023|Lesedauer: 4 Min.
Von t-online, dom
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Wir kennen sie aus dem Kino und der Literatur: Wolfskinder, Werwölfe und Wolfsmenschen. Wenn ein Mann sich bei Vollmond in einen Wolf verwandelt, wenn Kinder angeblich von einem Wolfsrudel aufgezogen werden oder Menschen behaart sind wie ein Tier, dann fesselt uns das ungemein. Woher kommt diese Faszination?

Ein Mann in einem Werwolfkostüm: Wenn der Vollmond aufgeht, so die Sage, werden bestimmt Menschen zum Werwolf.Vergrößern des Bildes
Ein Mann in einem Werwolfkostüm: Wenn der Vollmond aufgeht, so die Sage, werden bestimmt Menschen zum Werwolf.

Märchen, Monster und Mythen

Der Wolf: Am Anfang steht dabei die Angst vor dem Wolf. Zur Beute des Raubtieres gehören wilde, aber auch domestizierte Tiere wie Ziegen, Schafe und Rinder. Weil Wölfe damit die Lebensgrundlage vieler Bauern bedrohten, wurden sie im Mittelalter zum Symbol des Bösen. In der Folge jagte man die Tiere und rottete sie in Europa fast gänzlich aus.

Die Konflikte mit Wölfen lebten in Märchen wie "Rotkäppchen" oder "Der Wolf und die Sieben Geißlein" weiter. Noch älter als diese Märchen aus der Sammlung der Gebrüder Grimm ist die Sage vom Werwolf, die aus der Zeit der alten Germanen herrührt

Der Werwolf: Erste Erwähnung findet der Werwolf rund 2.000 vor Christus. Das Wort "Werwolf" entstammt dem germanischen Wort "Wer", was "Mann" bedeutet. Der Begriff steht in der Mythologie für einen Menschen, der sich in einen Wolf verwandelt, wenn ihn das Licht des Vollmondes trifft.

Ursprünglich wurde ein Mensch zum Werwolf, wenn er einen Pakt mit dem Teufel einging. Später war es dann der Biss eines Werwolfes, der sein Opfer in die finstere Zwischenwelt zwischen Monster und Mensch beförderte und in etlichen Büchern und Verfilmungen für einen schönen Nervenkitzel sorgt.

Wolfskinder: Nicht so vollkommen unrealistisch wie der Werwolf ist die Idee, dass Wölfe verlassene Menschenkinder in ihrem Rudel aufziehen. Nur eines von vielen Beispielen: Anfang des 20. Jahrhunderts sollen zwei Mädchen namens Amala und Kamala im indischen Dschungel von einem Wolfsrudel aufgezogen worden sein, wie das Tagebuch eines christlichen Missionars berichtet. Als die Mädchen in die Zivilisation geholt wurden, zeigten sie viele Verhaltensweisen von Tieren – und starben den Angaben nach wenige Jahre später.

Auch Romulus und Remus waren Wolfskinder. Handelt es sich hier um eine Sage oder beruht die weltberühmte Geschichte der Gründer Roms doch auf einem wahren Vorfall? Die Brüder sollen von König Amulius in einem Weidenkorb im Tiber ausgesetzt und dem sicheren Tod überlassen worden sein. Doch eine Wölfin fand und säugte sie. Die Bronzeskulptur der Zwillinge, wie sie unter der Wölfin sitzen und an ihren Zitzen saugen, ist seit jeher Symbolbild der Stadt.

Das "Wolfsmensch"-Syndrom

Kein Nervenkitzel, sondern echtes Leid bringt eine Krankheit mit sich, die als "Wolfsmensch"-Syndrom bekannt geworden ist. Dabei handelt es sich um einen verstärkten Haarwuchs (der medizinische Begriff ist Hypertrichose) an Körperstellen, die sonst eigentlich unbehaart sind.

Menschen, die so stark unter dem übermäßigen Haarwuchs leiden, dass sogar das Gesicht bedeckt ist, werden auch Wolfsmenschen genannt. Bei dem seltenen, vererbten Syndrom ist häufig die Entwicklung der Haarfollikel gestört. Tritt die Hypertrichose bei Kindern vor der Pubertät auf, kann eine erhöhte Menge des Geschlechtshormons Testosteron der Grund sein. Entwickelt sich die Hypertrichose im Lauf des Lebens, sind häufig Medikamente die Ursache, berichtet das Bundesgesundheitsministerium.

Heutzutage kann die Hypertrichose mit Lasern behandelt werden und den Betroffenen ein normales Leben ermöglichen. In früheren Jahrhunderten war das nicht möglich. Menschen mit wolfsartiger Behaarung blieb oft nur der Zirkus oder eine Freakshow, um Geld zu verdienen. Hier wurden sie neben anderen Menschen mit Defekten zum "Begaffen" zur Schau gestellt.

Die Lust an der Angst entspringt der Sicherheit

Das "Gaffen" ist eine Abart des Voyeurismus, eine starke Form der Neugier, die vielen von uns bekannt ist. Und auch der Nervenkitzel eines Gruselfilms fesselt viele von uns. Warum?

Wenn es uns Spaß macht, Grusel zu empfinden, spricht man von Angstlust. Psychologe Peter Walschburger erklärt: "Wer sogenannte Angstlust empfindet, etwa beim Ansehen von gruseligen Filmen, ist zunächst unangenehm erregt. Diese Anspannung weicht dann mitunter einem Gefühl der Erleichterung und Freude."

Das Gruseln als Angstlust "lässt sich auf eine uralte natürliche Handlungsbereitschaft zurückführen, die einen Überlebensvorteil bietet", erklärt Walschburger weiter. Das heißt, dass wir Menschen in Situationen, in denen wir uns sicher und geborgen fühlen, die Möglichkeit haben, auf spielerische Art mit Fremdem und Bedrohlichem umzugehen.

Wir Menschen leben dieses Gefühl nicht nur im Kino oder in der Geisterbahn aus, sondern auch in den verschiedensten Gesellschaftsordnungen und kulturellen Kontexten – oft in Form von sozialen Ritualen wie Fastnacht oder Halloween. Und da wären wir auch wieder bei den Werwölfen.

Verwendete Quellen
  • gesund.bund.de (Service des Bundesministeriums für Gesundheit): "Übermäßiger Haarwuchs (Hypertrichose)"
  • Sächsischer Landtag, Arbeitsunterlagen: "Verhältnis zum Wolf in der Geschichte"
  • Spektrum Wissenschaft: "Warum gruseln wir uns gern"
  • Radio Bayern2: "Amala und Kamala"
  • Welt: "Neustart für die "Wolfsmensch"-Familie aus Nepal"
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