Für diesen Beitrag haben wir alle relevanten Fakten sorgfältig recherchiert. Eine Beeinflussung durch Dritte findet nicht statt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Filmtipp "Tomboy" Ein Mädchen fühlt sich wie ein Junge
Es gibt Kinder, die schon in jungen Jahren das Gefühl haben, im falschen Körper zu stecken. Der Begriff "Tomboy" bezeichnet Mädchen, die lieber Jungen wären und sich auch so verhalten. Was dann passieren kann, zeigt das französische Drama "Tomboy", das der Kultursender Arte am Mittwoch um 20.15 Uhr zeigt.
Die Zehnjährige Laure (Zoé Héran) fühlt sich nicht wie ein Mädchen, sondern trägt am liebsten Hosen und kurze Haare. Tatsächlich sieht sie für Fremde wie ein Junge aus. Das nutzt Laure aus: Als ihre Familie umzieht, gibt sie sich bei ihren Freunden als Mickäel aus. Laures Eltern wissen nichts von dem Rollentausch ihres Kindes.
Es sind glückliche Sommerferien-Wochen für Laure. Sie nennt sich in ihrem neuen Freundeskreis Mickaël. Zwischen Raufereien, Fußball, Schwimmen und Spielen im Wald verliebt sie sich in Lisa. Auch Lisa scheint Gefühle für Mickäel zu haben.
Laures Doppelleben als Junge fliegt auf
Nach einem ersten Kuss würde Laure am liebsten komplett in die Rolle des Mickäel schlüpfen, aber zu Hause muss sie ein Mädchen bleiben. Die kleine Jeanne, Laures Schwester, kommt hinter das Geheimnis. Damit sie vor den Eltern Stillschweigen bewahrt, darf sie mit zum Spielen in den Wald. Dort wird Laure in eine Schlägerei verwickelt und ihr Geheimnis droht aufzufliegen.
Als Laures Mutter von der Schlägerei und dem Doppelleben ihrer Tochter erfährt, trifft sie einen Entschluss. Laure soll sich in einem Kleid ihren Freunden zeigen, damit alle wissen, dass Mickäel ein Mädchen ist.
Bemerkenswerte Hauptdarstellerin
Der französischen Regisseurin Céline Sciamma, Jahrgang 1978, gelingt ein berührendes Porträt eines Mädchens, dessen Träume mit der Realität kollidieren. In der Hauptrolle überrascht die junge Zoé Héran, die den Spagat eines raufenden und Fußball spielenden Mädchens optisch und schauspielerisch bemerkenswert meistert.
Bei der Berlinale 2011 wurde der Film mit dem "Teddy Jury Award" ausgezeichnet und in Filmkritiken als einfühlsames, sozialkritisches, politisches Kino gelobt. "TV Today" lobt den Film als "fein beobachtete Orientierungssuche". Es sei nicht Laures Wunsch nach einem Leben als Junge, den Sciamma hinterfrage, "wohl aber eine Gesellschaft, die jede(n) in einer Geschlechterrolle drängt".
Geschlechterbezeichnungen bei Facebook erweitert
Aber es bewegt sich etwas in der Gesellschaft, die klassischen Geschlechterrollen werden hinterfragt und immer mehr Menschen begreifen, dass es Identitäten zwischen männlich und weiblich gibt. Ein Indiz dafür ist, dass Facebook seit dem 14. Februar den Nutzern der us-englischen Version des Netzwerks rund 30 verschiedene Geschlechterbezeichnungen zur Auswahl anbietet.
Transidentität gibt es schon bei kleinen Kindern
Wenn sich ein Mensch nicht eindeutig als männlich oder weiblich identifizieren kann, spricht man von Transidentität. Das Wort löst zunehmend den Begriff Transsexualität ab. Es ist keinesfalls ungewöhnlich, dass diese Empfindung schon bei kleinen Kindern im Kindergarten- und Grundschulalter stark ausgeprägt ist und sich während des Heranwachsens festigt - losgelöst von intensiven Verkleidungs- und Rollenspielen, bei denen Kinder nur während einer Spielphase in andere Identitäten schlüpfen.
So sollten Eltern reagieren
Nach Schätzungen aus den USA und aus Deutschland ist eines von 10.000 Kindern betroffen. Eltern sollten zunächst beobachten, ob ihr Kind über längere Zeit bei der Haltung bleibt, eigentlich ein Mädchen, beziehungsweise ein Junge zu sein, die Identifikation mit dem anderen Geschlecht also stark ausgeprägt ist. Es ist wichtig, dass sie ihr Kind damit ernst nehmen. Es ist ratsam, das Gespräch mit einem in dieser Hinsicht erfahrenen Kinderarzt oder -psychologen zu suchen.
Geschlechtsangleichende Operation als letzter Schritt
In der Pubertät, wenn sich die Geschlechtsmerkmale sichtbar ausbilden, beginnt für Kinder, die sich einem anderen Geschlecht zugehörig fühlen, oft eine Leidenszeit. Wenn der Leidensdruck zu groß wird, kommt nach eingehender Beratung eine geschlechtsangleichende Operation in Frage. In der Regel wird diese in der Pubertät durch eine Hormonbehandlung vorbereitet. Die Operationen, die die Geschlechtsmerkmale äußerlich anpassen, wird meistens erst nach dem 18. Lebensjahr in Angriff genommen.