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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Erziehung Spielen mit Kindern: So klappt's ohne "Familiendrama" am Spieltisch
Ob Schach, "Mensch ärgere dich nicht" oder "Memory" - als Familie gemeinsam zu spielen, macht Spaß und ist lehrreich. Aber es erfordert von Eltern auch ein gewisses pädagogisches Geschick, insbesondere wenn die Kinder noch klein sind. Wenn Erwachsene die Kleinen immer gewinnen lassen, kommt bei ihnen schnell Langeweile auf, umgekehrt riskiert man Tränen und Wutanfälle, wenn man die eigene Überlegenheit ausspielt und in jeder Runde siegt. Welche Spielstrategie sollen Eltern einsetzen? Ein Pädagoge gibt Tipps.
Beim gemeinsamen Spielen sollten Eltern beobachten, wie ihre Kinder auf Enttäuschungen und Niederlagen reagieren. "Frustration aushalten kann man einüben", sagte Wilfried Griebel, Diplom-Psychologe vom Staatsinstitut für Frühpädagogik in München. Er rät davon ab, Kinder bei Gesellschaftsspielen immer gewinnen zu lassen, damit erst gar kein Frust aufkommt. Das führe nur zu Langeweile und entspreche nicht dem Spielcharakter. "Es geht ums Zusammensein und darum, Spaß zu haben."
Kindern den Sieg nicht schenken
Eltern sollten versuchen, die Spielausgänge auszubalancieren: Gewinnen und verlieren Kinder gleichermaßen, bleibt das Spielen für sie spannend. Deshalb sollten Eltern ihre Überlegenheit nicht ausnutzen, sondern dem Kind Chancen eingestehen, damit es gewinnen kann - ohne ihm den Sieg zu schenken, betont Griebel. Manche Gesellschaftsspiele eignen sich besonders gut, weil Kinder dabei ebenbürtig, wenn nicht sogar besser sind. Das ist zum Beispiel bei "Memory" der Fall.
Machtkämpfe geben Aufschluss über Eltern-Kind-Beziehung
Wettkampfdenken gehört nicht zu Gesellschaftsspielen. "Wenn das Kind den allergrößten Ehrgeiz daran setzt, den Erwachsenen zu besiegen, sollte man die Beziehung durchleuchten", rät Griebel. Dann ist der Erwachsene in der Eltern-Kind-Beziehung vielleicht so übermächtig, dass das Kind nur im Spiel die Chance sieht, sich der starken Autorität entgegenzustellen. Gesellschaftsspiele seien aber kein Austragungsort für Machtkämpfe. Erwachsene müssten in solch einer Situation eine grundlegende Beziehungsfrage klären: "Wie gehen wir miteinander um?"
Warum "Mensch, ärgere dich nicht" Kinder oft frustriert
Grundsätzlich komme es bei allen Spielen darauf an, ob sie nach dem Pech-Glück- oder dem Misserfolg-Erfolg-Prinzip funktionieren, sagt Griebel. "Mensch, ärgere dich nicht" gehört zur ersten Kategorie und führt - trotz der Aufforderung im Titel - beim Verlieren meist zu Frust. Obwohl die Gewinnchancen dabei dem Zufall überlassen sind, eigne sich solch ein Spiel erst für Kinder ab dem Grundschulalter, die gelernt haben, mit dem Verlieren umzugehen. Für jüngere Kinder seien neben "Memory" auch Solidaritätsspiele geeignet, bei denen es auf Teamarbeit ankomme.
Strategisch cleveres Verhalten loben
Bei Spielen, bei denen Strategie über Erfolg oder Misserfolg entscheidet, unterstützen Eltern ihre Kinder am besten mit Tipps. Gelingt dem Kind zum Beispiel beim Schach ein toller Zug, sollten Eltern es loben, auch wenn sie den Zug vielleicht vorhergesehen haben. Außerdem können sie selbst auf einen guten Zug verzichten, wenn das Spiel dadurch spannender wird. Überlässt der Erwachsene dem Kind aber alle guten Züge, merkt es das mit aller Wahrscheinlichkeit. Dann verkomme das Spiel zum Pseudospiel, das allen Beteiligten keinen Spaß mehr macht, warnt Griebel.
Wenn kleine Verlierer ausrasten
Verliert das Kind, muss der Erwachsene darauf gefasst sein, dass es sofort Revanche fordert, und sich darauf einlassen. Echte Schadenfreude sei nicht angemessen, sagt Griebel. Ob das Kind ein wenig Neckerei vertrage, komme auf die Beziehung an. Im Zweifelsfall ist trösten immer die bessere Alternative. Explodiert das Kind vor Wut, nachdem es verloren hat, sollten Eltern es beruhigen und ihm klarmachen: "Es ist nur ein Spiel."