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Jesper Juul: Elterncoaching - Gelassen erziehen


Elterncoaching mit Jesper Juul
Warum Eltern auch egoistisch sein dürfen

Was tun, wenn man mal wieder in einer Erziehungssackgasse steckt? Weiter streiten, Bücher wälzen oder das Problem aussitzen? Oder man schildert sein Problem einem Erziehungsexperten, der dann individuelle Ratschläge parat hat. So geschehen in Schweden, wo eine Zeitschrift Eltern aufrief, ihre Probleme mit Hilfe des bekannten Familientherapeuten Jesper Juul zu lösen. Einige dieser Elterncoachings sind in einem Buch versammelt.

Aktualisiert am 02.05.2014|Lesedauer: 4 Min.
t-online, cst
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Ausgewählt wurden vor allem die Probleme, mit denen auch viele andere zu kämpfen haben. Kinder, die nicht ins Bett wollen, erschöpfte Alleinerziehende, Patchwork-Familien, neugeborene Geschwister, die den Familienalltag aufmischen. Der wichtigste Rat, den Juul allen Eltern mit auf den Weg gibt, lautet: Kinder brauchen keine perfekten Eltern, aber sie brauchen Eltern, die wie Leuchttürme sind: Mütter und Väter, die ihnen Orientierung bieten und die respektvoll ihre Verantwortung in der Familie ausfüllen.

Ein wenig Egoismus schadet auch Eltern nicht.Vergrößern des Bildes
Ein wenig Egoismus schadet auch Eltern nicht. (Quelle: imago-images-bilder)

Kinder merken, wenn Eltern ihr Leben ordnen wollen

Der Ablauf des Coachings ist immer gleich: Die komplette Familie trifft sich mit Jesper Juul zu einem Gespräch. Während die Eltern berichten, mit welchen Problemen sie zu kämpfen haben, bleiben die Kinder mit im Raum. Ein Umstand, der viele der Eltern zunächst verunsichert hat. Und ist es in der Tat nicht seltsam, im Beisein der Kinder über sie statt mit ihnen zu sprechen? Juul dazu: "Kinder nehmen keinen Schaden davon, ihren Eltern dabei zuzusehen, wie sie versuchen, mit einer schwierigen Situation zurechtzukommen." Sie besäßen ganz im Gegenteil ein Gespür für die Stimmung im Raum und würden erkennen, dass die Eltern versuchen, ihr Leben zu ordnen. In einigen Fällen trugen die Kinder sogar aktiv zur Klärung der Probleme bei, obwohl sie sich am Gespräch nicht beteiligt hatten. "Wir sollten das so machen, wie Jesper gesagt hat“, erklärt etwa ein Junge, als die Eltern Wochen nach dem Coaching mit ihm über die Familiensituation sprechen wollen.

Was Eltern tun können

Nicht wenige der geschilderten Probleme kennt man in der einen oder anderen Form auch aus dem eigenen Familienleben und ist gespannt, welche Lösungsansätze geboten werden. Bei anderen erzielt man durch das bloße Lesen einen Lerneffekt. Elternsein ähnelt oftmals einem Ausnahmezustand und schneller als man denkt, gerät man in eine Sackgasse, aus der ein Entkommen aussichtslos scheint. Für viele Eltern ist es schon tröstlich, ihr Problem einem Außenstehenden zu schildern und zu wissen, dass sie mit ihrem Problem nicht allein sind.

Was aber können Eltern tun, wenn die Konflikte festgefahren sind und der Alltag außer Kontrolle geraten ist? "Eltern sollten reden. Erklären, dass sie nicht zufrieden sind mit der Stimmung in der Familie“, sagt Juul. Am besten nicht in Babysprache, auch wenn die Kinder noch klein seien. "Kinder sind sehr sensibel, was Sprache angeht. Sie werden die Botschaft verstehen, auch wenn sie nicht jedes einzelne Wort begreifen.“

Ein Schuss Egoismus

Für Eltern ist es überlebenswichtig, dass sie sich auch um sich selbst kümmern. Wer seine Bedürfnisse aufgegeben hat und sich vollkommen auf die Kinder eingestellt hat, schadet der ganzen Familie, auch den Kindern. Juul ist sich sicher: "Es ist nichts falsch daran, sich um sich selbst zu kümmern, auch nicht als Eltern. Im Gegenteil! Damit gibt man seinen Kindern gesunde Signale und hilft allen Familienmitgliedern dabei, zu starken Individuen zu werden.“

Richtig gibt es nicht

Die Auseinandersetzung mit dem verschiedensten Erziehungsproblemen führt unweigerlich zu der Frage, wie man es anders, nämlich richtig machen kann. Das allerdings hält Juul für nahezu unmöglich: "Es ist nicht möglich, ein Leben zu führen, das nicht auf "Kosten der Kinder“ geht. Darum ist Verantwortung zu übernehmen die einzige Möglichkeit, die man hat, die Situation zu verbessern. Wenn Eltern ihren Kindern jedes noch so kleine Hindernis aus dem Weg räumen, dann wachsen Kinder ohne Empathievermögen heran.“

Keine "Bedienungsanleitung für Kinder"

Wer eine Art "Bedienungsanleitung für Kinder" erwartet, ist bei Jesper Juul an der falschen Adresse. Auf jede Familie, die er beraten hat, hat er sich individuell eingestellt und auf das Problem zugeschnittene Vorschläge unterbreitet. Und er scheut sich auch nicht zu sagen, wenn er nicht weiter weiß. Einige Tipps, wie Eltern sich verhalten können, wenn sich das Zusammenleben in der Familie mal wieder als schwierig erweist, gibt er dennoch.

So sollten sich Eltern täglich mindestens eine halbe Stunde mit ihrem Kind beschäftigen. Die Sprache sollte dabei deutlich und persönlich sein, zum Beispiel: "Ich will, dass du dich jetzt anziehst," oder "Ich will gehen!" Eltern sollen sich generell vor Augen halten, dass der Sprache eine große Bedeutung beikommt. Juuls Rat lautet daher: "Höre dir selbst zu, wenn du mit deinem Kind sprichst, und überlege, wie es dir gehen würde, wenn eine geliebte Autorität so mit dir sprechen würde."

Eltern sind nicht nur Mutter und Vater, sondern auch ein Paar. Dieser Aspekt des Familienlebens wird häufig vernachlässigt, vor allem, wenn die Kinder noch klein sind. Und schließlich sollten sich Eltern fragen, ob sich ihr Kind in der Kita beziehungsweise der Schule im Moment wohlfühlt.

So einfach die Ratschläge klingen, so schwierig sind sie wohl in einem hektischen Alltag umzusetzen.

Buch-Tipp: "Eltern Coaching" von Jesper Juul. Beltz Verlag. 17,95 Euro.

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