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Klimaschutz: So sollen Schiffe nun sauberer werden


Grenzwert sorgt für Kostenexplosion
Die Schifffahrt-Revolution könnte auch Dieselfahrer treffen

dpa, Eckart Gienke

Aktualisiert am 30.12.2019Lesedauer: 4 Min.
Containerschiff: Zum Jahreswechsel beginnt in der Schifffahrt ein neues Zeitalter. Weltweit treten strengere Schwefel-Abgaswerte in Kraft.Vergrößern des Bildes
Containerschiff: Zum Jahreswechsel beginnt in der Schifffahrt ein neues Zeitalter. Weltweit treten strengere Schwefel-Abgaswerte in Kraft. (Quelle: Westend61/imago-images-bilder)
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Für die Schifffahrt treten zum Jahreswechsel strengere Grenzwerte für Abgase in Kraft. Das sorgt für eine Kostenexplosion, die auch viele Autofahrer spüren könnten.

Containerschiffe und Tanker, Kreuzfahrtschiffe und Stückgutfrachter fahren zu Tausenden über die Weltmeere und sind so etwas wie der Blutkreislauf der Weltwirtschaft. Die Schifffahrt wickelt rund 80 Prozent des Welthandels ab und hat dank ihrer niedrigen Kosten die globale Arbeitsteilung erst möglich gemacht.

Obgleich der Welthandel langsamer wächst, wurden 2018 erstmals elf Milliarden Tonnen Güter über das Meer transportiert, so viel wie noch nie, meldet die UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (Unctad).

Mit schwefelhaltigem Schweröl ist Schluss

Doch für den Umweltschutz auf hoher See, fernab von europäischen oder amerikanischen Küsten und Häfen, hatten die Reedereien nicht viel übrig und verfeuerten als Treibstoff stark schwefelhaltiges Schweröl. Zum Jahresende ist damit Schluss, sofern keine besonderen Reinigungsanlagen an Bord sind.

Denn die internationale Schifffahrtsorganisation IMO hat über Jahre die Vorschriften für den Schwefelgehalt der Treibstoffe verschärft und geht nun einen weiteren Schritt. Der Brennstoff für Dieselmotoren an Bord darf nicht mehr als 0,5 Prozent Schwefel enthalten, statt wie bisher 3,5 Prozent. Auf Nord- und Ostsee und in den deutschen Häfen gilt schon länger ein Grenzwert von 0,1 Prozent. Das hört sich wenig an, ist aber immer noch hundert Mal so viel, wie im Kraftstoff für Personenautos und Lastwagen enthalten sein darf.

Große Schiffe benötigen 100 bis 200 Tonnen Treibstoff pro Tag, je nach Größe und Ladung. Die Bunkerkosten sind ein wesentlicher Teil der Betriebskosten. "Diese Umstellung, das kann ich nicht verschweigen, hat uns alle in den Reedereien viel Mühe und auch viel Geld gekostet", sagt der Präsident des Verbandes Deutscher Reeder, Alfred Hartmann.

Sehen Sie oben im Video Aufnahmen des hybriden Kreuzfahrtschiffs "Roald Amundsen"

Rund 80 Prozent der Schiffe in der deutschen Flotte und auch international werden schätzungsweise auf Treibstoff mit niedrigem Schwefelgehalt umsteigen. Die Aufrüstung mit Reinigungsanlagen (Scrubber) oder gleich der Umstieg auf verflüssigtes Erdgas (LNG) spielen eine untergeordnete Rolle.

So viel teurer ist der neue Treibstoff für die Schiffe

Der neue Treibstoff ist rund 50 Prozent teurer als der alte. Die Container-Linienreederei Hapag-Lloyd erwartet Mehrkosten von rund einer Milliarde Dollar pro Jahr; beim weltgrößten Reedereikonzern Maersk sind es zwei Milliarden. Insgesamt rechnen Experten nach einer Analyse der Landesbank Baden-Württemberg mit Zusatzkosten von 60 Milliarden Dollar (53,7 Milliarden Euro).

Eine dort zitierte Studie des Informationsdienstes S&P Global Platts kommt mit Sekundäreffekten sogar auf eine Billion Dollar im Laufe von fünf Jahren. Damit könnten die neuen Regeln für die Schifffahrt das weltweite Wachstum spürbar reduzieren und die Gefahr einer globalen Rezession verstärken.

Entwicklung der Marktnachfrage noch ungewiss

Doch so genau weiß das niemand, weil eine solche Situation zuvor noch nicht da war. Die Reeder sind ein wenig skeptisch. "Wir hoffen, dass es den neuen Brennstoff auch überall gibt, wo wir ihn brauchen", sagt Reederpräsident Hartmann. Die Raffinerien sehen sich gerüstet: "Die deutsche Mineralölwirtschaft ist auf die schärferen Emissionsgrenzen gut vorbereitet", sagt Christian Küchen, Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV). "Die deutschen Raffinerien sind hochflexibel."

Doch die Branche wisse nicht, welche Sorte von welchen Reedereien in welcher Menge in welchem Hafen künftig geordert wird. "Daher lässt sich die Entwicklung der Marktnachfrage noch nicht exakt abschätzen." Das kann für die Verbraucher in Deutschland wichtig werden, falls der Markt unerwartet heftig ausschlagen sollte.

"Zu den Kosten und Preisen für die besseren Kraftstoffe kann keine Aussage getroffen werden, ebenso wenig zu den Auswirkungen auf ähnliche Raffinerieprodukte wie Diesel, Heizöl und Kerosin", sagt Küchen. Im Klartext: Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Autofahrer an der Zapfsäule zumindest zeitweise höhere Dieselpreise sehen.

Schwefelarmer Treibstoff: Verbraucher zahlen letztendlich

Letztlich müssen die Verbraucher für den schwefelarmen Treibstoff bezahlen. Die Reedereien haben sich überwiegend mit ihren Kunden auf ein Verfahren geeinigt, die höheren Treibstoffkosten transparent weiterzureichen, etwa an Spediteure oder Handelskonzerne. Doch auch ein Preisaufschlag von 50 Prozent beim Treibstoff würde die Transportkosten für die einzelne Hose oder ein T-Shirt für den Endverbraucher kaum teurer machen.

Besonders im Fokus der Kritik steht die Kreuzfahrtindustrie, auch wenn auf sie nur 400 bis 500 der bis zu 17.000 betroffenen Schiffe entfallen. Sie setzt stärker auf die Abgasreinigung durch Reinigungsanlagen als andere Bereiche der Schifffahrt und kann so weiter Schweröl benutzen. Bei Tui sind sechs der sieben Schiffe mit einem solchen Filter ausgestattet. Auch MSC setzt auf die Technik. Elf Schiffe verfügen bereits über einen Scrubber, die verbleibenden sechs sollen ebenfalls bald mit dem System ausgestattet werden.

Bei Aida waren es im vergangenen September neun Schiffe, weitere sollen folgen. Die Branche setzt bei ihren Neubauten auf LNG; die meisten neuen Kreuzfahrtschiffe können das Erdgas tanken. Und sie forscht an weitergehenden Antriebslösungen wie Brennstoffzellen und Elektrobatterien. Denn mit neuen Schwefelwerten ist die Branche noch nicht am Ziel: Bis 2050 will die Schifffahrt klimaneutral werden.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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