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Cyber-Grooming: Sexueller Missbrauch nach Chat-Kontakt


Cyber-Grooming
Mädchen in Chats verwickelt, dann sexuell missbraucht

dpa, Lena Müssigmann

02.06.2016Lesedauer: 3 Min.
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Gestellte Szene: Beim sogenannten Cyber-Grooming suchen Männer in Chats sexuell motivierte Kontakte zu Minderjährigen. (Quelle: dpa-bilder)
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Es beginnt mit einem vermeintlich harmlosen Chat und endet mit sexuellem Missbrauch: Cyber-Grooming nennen es Kriminalisten, wenn sich Männer im Internet an Minderjährige heranmachen. Derzeit steht ein 45-Jähriger deswegen vor Gericht. Was Eltern tun können, wenn ihr Kind zum Opfer wurde.

Ein vollbärtiger kleiner Mann, Tränensäcke unter müden Augen, wird in Handschellen in den Verhandlungssaal am Tübinger Landgericht geführt. In einer Internet-Community soll er sich über zwei Jahre als "Sportlehrer Mario" oder wohlhabender Steuerberater ausgegeben und an 13- bis 16-jährige Mädchen herangemacht haben. Vor Gericht steht er nun unter anderem wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes und Vergewaltigung dreier Jugendlicher. Ihm droht eine Haftstrafe zwischen zwei und 15 Jahren.

"Sugardaddy" zwang Mädchen zum Geschlechtsverkehr

Die Tübinger Staatsanwältin Rotraud Hölscher spricht von der Masche "Sugardaddy": Der Mann, verheiratet und dreifacher Vater, habe den Mädchen Kleidung, Handys und teure Geschenke versprochen, wenn sie sich mit ihm treffen. Fünf Mädchen aus Süddeutschland hat er bei solchen Begegnungen laut Anklage zu Oral- und Geschlechtsverkehr gezwungen.

Sexuell motivierte Kontaktaufnahme im Internet

Das Vorgehen des Mannes wird als Cyber-Grooming bezeichnet. Das ist sexuell motivierte Kontaktaufnahme zu Kindern und Jugendlichen im Internet; meist sind Mädchen die Opfer. Die Täter erzeugen zunächst eine vertraute Stimmung, überschreiten dann aber schnell die Grenzen. Sie schicken etwa Bilder von ihrem Geschlechtsteil und drängen ihre jungen Chat-Kontakte, ebenfalls intime Fotos aufzunehmen oder vor laufender Webcam sexuelle Handlungen vorzunehmen. Oft verfolgt der Täter das Ziel, die Mädchen auch im realen Leben zu treffen.

Seit 2005 sind die Fallzahlen gestiegen, weil immer mehr Kinder und Jugendliche durch eigene Computer und Smartphones uneingeschränkten Zugang zum Internet haben. Eine zentrale Erfassung für Fälle von Cyber-Grooming gibt es allerdings nicht.

So lockt die Polizei Täter in die Falle

Ermittler des Landeskriminalamts (LKA) Baden-Württemberg versuchen, den Tätern in den entsprechenden Communities auf die Spur zu kommen. "Wir geben uns als zwölfjähriges Mädchen aus und lassen uns ansprechen", sagt der Leiter der Abteilung Internetrecherche beim LKA, Achim Traichel. "Das passiert auch meistens sehr schnell." Bald darauf schickten die Täter pornografische Bilder von sich. Das ist strafbar als sexueller Missbrauch von Kindern.

Die Ermittler haben nach eigenen Angaben mit ihrer Methode in den vergangenen beiden Jahren 100 Verfahren ins Rollen gebracht. Die Männer kämen aus allen Altersgruppen und Bildungsschichten.

Nicht aus Scham schweigen, sondern Anzeige erstatten

Im Tübinger Fall hat sich nur ein Mädchen von mindestens 40 Betroffenen an die Polizei gewandt, nachdem es pornografische Bilder von dem 45-Jährigen erhalten hatte. Ermittler durchsuchten daraufhin dessen Wohnung, beschlagnahmten Handy und Computer und stießen bei der Auswertung auf "eine gigantische Serie von Empfängerinnen zwischen 13 und 16 Jahren", wie Staatsanwältin Hölscher sagt.

Die Polizei machte die Mädchen ausfindig. LKA-Experte Traichel weiß, dass sich Opfer häufig mitschuldig fühlen. "Aber das ist falsch." Er empfiehlt ihnen, Chatverläufe zu speichern und Anzeige zu erstatten.

So reagieren Eltern richtig auf Cyber-Grooming

Um Kinder vor Cyber-Grooming zu schützen, sollten Eltern mit ihnen Chatregeln besprechen:

  • in Online-Profilen möglichst keine persönlichen Daten wie Alter oder Wohnort preisgeben
  • Chatpartnern nicht sofort Fotos schicken
  • auf keinen Fall mit dem Chatpartner treffen, vor allem nicht alleine bei ihm zu Hause oder an einsamen Orten

Wenn sich Opfer von Cyber-Grooming ihren Eltern anvertrauen, sollten diese nicht schimpfen, sondern deutlich machen: "Was da passiert ist, ist nicht deine Schuld. Es gibt nichts, wofür du dich schämen musst."

Um dem Täter auf die Spur zu kommen, ist es wichtig, den Chatverlauf mit einem Screenshot zu dokumentieren. Eltern können außerdem den Betreiber der Website unter "Kontakt" oder "Impressum" anschreiben und denjenigen melden, der das Kind sexuell belästigt hat, rät "Juuuport", ein Portal, auf dem Scouts anderen Jugendlichen helfen. Juuuport wird von der Niedersächsischen Landesmedienanstalt getragen. Im letzten Schritt können Eltern mit ihren Kindern zur Polizei gehen und Anzeige erstatten.

Hier finden Opfer von Cyber-Grooming Hilfe

Opfer von Cyber-Grooming finden bei verschiedenen Opferberatungsstellen Hilfe, beispielsweise beim Weißen Ring oder dem Hilfetelefon Sexueller Missbrauch unter www.nina-info.de.

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