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Bettdecke: Ohne fühle ich mich unvollkommen


Meinung
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Kolumne "Lust, Laster und Liebe"
Ohne fühle ich mich unvollkommen

  • T-Online
MeinungEine Kolumne von Jennifer Buchholz

Aktualisiert am 07.09.2022Lesedauer: 3 Min.
Traurigkeit: Wenn sie nicht da ist, fehlt etwas. (Symbolbild)Vergrößern des Bildes
Traurigkeit: Wenn sie nicht da ist, fehlt etwas. (Symbolbild) (Quelle: praetorianphoto/getty-images-bilder)
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Es gibt zwei Arten von Menschen: Die einen können nicht mit, die anderen nicht ohne den einen Gegenstand. Für Letztere aber gibt es anscheinend keine Grenzen.

Tropische Temperaturen in der Nacht werden langsam auch im deutschen Sommer zur Regel. Allerdings hält das viele nicht davon ab, sich im Bett weiter in ihre Decke zu kuscheln. Zur Abkühlung schaut maximal der entblößte Fuß oder der nackte Arm hervor. Und das auch bei 30 Grad Celsius und mehr.

Für viele unvorstellbar. Für mich ist eher das Gegenteil schwer nachvollziehbar. Egal ob Frühling, Sommer, Herbst oder Winter – und ob für den kurzen Powernap oder den nächtlichen Erholungsschlaf: Bei mir darf die Bettdecke nie fehlen.

Selbst wenn ich mich schwer krank, von Viren und Bakterien befallen, mit letzter Kraft auf mein Sofa schleppe, um dort den Tag über vor mich hinzuvegetieren: Die Decke bleibt dabei. Ansonsten fühle ich mich, nennen wir es, schutzlos ausgeliefert – unabhängig davon, ob ich unter der Decke nackt oder bekleidet bin.

Frau heiratet Bettdecke

Sie sehen, meine Liebe für Bettdecken ist geradezu überbordend. Dennoch würde ich nicht so weit gehen wie 2019 diese 49-jährige Britin: Pascale Sellick aus Devon. Vor lauter Zuneigung "heiratete" sie ihre Bettdecke. Kein Scherz.

Man darf sich zu Recht fragen, warum sie das tat. Hatte sie Angst, dass die Bettdecke fremdgeht und andere Menschen mit dem gemütlichen und wohlig warmen Gefühl beglückt? Dass ihr Oberbett von dannen zieht, um die unterschiedlichen Temperaturzonen der Welt zu erkunden?

Ihre Begründung: "Zu meinem Oberbett habe ich die längste, intensivste, intimste und verlässlichste Beziehung, die ich je hatte. Es war immer für mich da und gibt mir die schönsten Umarmungen", sagte Sellick. An sich eine wundervolle Liebeserklärung – aber an ein Objekt?

Objektsexualismus ist nicht unbekannt

Ja, es gibt Menschen, die Objekte mehr lieben als ihresgleichen. Und an einigen Tagen kann ich das durchaus nachvollziehen. Doch wenn man zu dem Gegenstand aufgrund seiner Beschaffenheit, seines Geruchs oder seines Materials eine einzigartige Verbindung spürt, die den meisten eher aus menschlichen Beziehungen bekannt ist, wird das Objektophilie genannt (Objektsexualität).

Teilweise mündet dieses Faible auch ins Sexuelle, indem das Objekt zur Stimulanz dient. Dennoch wird es nicht als Fetisch eingestuft. Bekannte Objektophile sind beispielsweise Eija-Riitta Eklöf-Berliner-Mauer oder Erika Eiffel – hier zeigt schon der Name, welche Gegenstände das Herz der beiden Frauen erobert haben.

Sellick, die trotz ihres langjährigen festen Partners eine pompöse Hochzeitszeremonie mit über 100 Gästen ausrichtete, behielt ihren Nachnamen und nahm nicht den ihrer Bettdecke an – laut Hochzeitsregister "10tog".

Bin ich etwa objektophil?

Sie schütteln verständnislos den Kopf? Vielleicht beschauen auch Sie sich einmal kurz Ihre Gewohnheiten. Sicherlich findet sich auch bei Ihnen dieser eine Gegenstand, ohne den Sie – gefühlt – nicht leben können. Sei es die Uhr, die Kaffeetasse oder ja, die Bettdecke. Sind wir also eigentlich alle ein bisschen objektophil?

Wohl nicht. Auch wenn wir den Kaffee nur aus dieser einen Tasse trinken, unsere Uhr auch beim Sonnen tragen und somit Bräunungsstreifen in Kauf nehmen oder eben die Bettdecke auch in tropischen Nächten nutzen, ist diese Zuneigung nicht dieselbe wie zu Menschen.

Denn wir wissen, dass im Gegensatz dazu die leblosen Gegenstände hauptsächlich bestimmte Gefühle und Erinnerungen in uns auslösen, nach denen wir uns sehnen: Entspannung, Sicherheit, Ruhe.

Ich finde das absolut okay. Auch, wenn andere mein Faible für meine Bettdecke nicht verstehen, halte ich daran fest. Sie deswegen heiraten? Quatsch! Denn an meine Zuneigung zu echten Menschen reichen meine Gefühle dann doch nicht heran. Zumindest bisher.

Jennifer Buchholz, Redakteurin bei t-online, schreibt in ihrer Kolumne "Lust, Laster, Liebe" über Liebe, Partnerschaft und Sex.

Verwendete Quellen
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