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Plastik: Wohl mehr Müll in den Ozeanen als angenommen – ein Detail überrascht


Aber weniger neuer Müll
Studie: In den Ozeanen schwimmt mehr Plastik als angenommen

Von t-online, sje

07.08.2023Lesedauer: 3 Min.
Plastikhandschuhe im Meer (Symbolbild): Die Plastikverschmutzung im Meer ist wohl noch größer als bisher angenommen.Vergrößern des Bildes
Plastikhandschuhe im Meer (Symbolbild): Die Plastikverschmutzung im Meer ist wohl noch größer als bisher angenommen. (Quelle: Damocean/getty-images-bilder)

Das Plastikproblem in den Weltmeeren ist größer als angenommen – zu diesem Schluss kommt ein Forscherteam. Es gibt aber auch gute Nachrichten.

In den Weltmeeren schwimmt mehr Plastik als angenommen – aber es kommt jährlich weniger Müll als gedacht hinzu. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie eines niederländischen Forschungsteams, die am Montag im Fachjournal "Nature Geoscience" erschien. Damit scheint Kunststoff sehr viel länger in den Ozeanen zu verbleiben als bisher geschätzt. Selbst wenn gar keine Plastikabfälle mehr in die Meere gelangen würden, würde die Müllmenge nur sehr langsam sinken, schließen die Studienautoren aus ihren Erkenntnissen.

Die Forscher modellierten die Plastikströme in den Ozeanen auf Grundlage von über 20.000 Messwerten von der Meeresoberfläche, Stränden und aus der Tiefsee. Betrachtet wurden die Jahre 1980 bis 2020 und alle Weltmeere.

Weniger neuer Müll, mehr bereits vorhandenes Plastik

Demnach gelangen pro Jahr nur 0,5 Millionen Tonnen Plastikmüll neu in die Meere – bisherige Studien waren von deutlich größeren Mengen ausgegangen. Eine einschlägige Studie aus dem Jahr 2020 bezifferte beispielsweise die Plastikeinträge in alle Wassersysteme, also Flüsse, Seen und Meere, auf 19 bis 23 Millionen Tonnen pro Jahr.

Fast die Hälfte des neuen Plastikmülls stammt demnach aus der Fischerei. Rund 40 Prozent gelange über die Küsten in die Meere, der Rest über verschmutzte Flüsse.

Aber: Die Menge des Plastiks, die bereits im Meer schwimmt, ist deutlich größer als bislang vermutet. Die niederländischen Wissenschaftler schätzen sie auf 3,2 Millionen Tonnen – nicht eingerechnet wurde Plastik, das bereits zum Meeresboden abgesunken ist, oder Kunststoffsorten, die schwerer sind als Meerwasser und somit sofort absinken. Den größten Anteil an diesen 3,2 Millionen Tonnen haben demnach große Plastikpartikel.

Rund 60 Prozent – zwei Millionen Tonnen – dieser Menge schwimmt den Forschern zufolge an der Meeresoberfläche. Frühere Schätzungen waren von nur rund 0,3 Millionen Tonnen ausgegangen.

Häufig vorkommende Plastiktypen ausgeschlossen

Wissenschaftler, die nicht an der Studie beteiligt waren, warnen jedoch, dass man Studien zu Plastikmüll in den Ozeanen nur sehr bedingt miteinander vergleichen könne. "Unterschiedliche Techniken bei der Entnahme von Proben [...] und unterschiedliche Darstellungen der Daten – Volumen oder Oberfläche – machen den Vergleich zwischen den Ergebnissen verschiedener Studien schwierig und oft nicht zuverlässig", erklärt Serena Abel, Umweltwissenschaftlerin an der Universität Basel.

In der vorliegenden Studie seien häufig vorkommende Kunststofftypen ausgeschlossen worden – das könne zu einer ungenauen Schätzung geführt haben, so die Forscherin weiter. Das kritisiert auch Meeresökologin Melanie Bergmann vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung: Auch die Autoren selbst würden den Anteil der ausgeklammerten Kunststofftypen mit bis zu 40 Prozent angeben. "Da fehlt ein wesentlicher Anteil", sagt sie.

Christian Schmidt vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung sieht das ähnlich; er kritisiert auch, dass die schwereren Kunststoffe nicht berücksichtigt werden. "Allerdings erklärt das nicht den wirklich großen Unterschied zu den bisherigen Eintragsschätzungen."

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Er hält die Ergebnisse dennoch für plausibel, ebenso wie Meeresforscherin Bergmann. Forschende hätten lange vor dem Rätsel gestanden, dass berechnete und tatsächlich gemessene Werte beim Plastikmüll nicht zusammengepasst hätten, sagt sie. "Es ist gut, dass wir da weitergekommen sind."

"Krankheit unserer Ozeane"

Einig sind sich alle drei Forscher bei der Frage nach den nötigen Konsequenzen aus den Ergebnissen der Studie. "Die Auswirkungen der Plastikverschmutzung müssen als Krankheit unserer Ozeane betrachtet werden", fordert Umweltforscherin Abel. "Nur die nachhaltige Verwendung von Plastik, die Regulierung der Abfallentsorgung und der Fischerei können sie eindämmen."

Meeresökologin Bergmann sagt: "Wir müssen den Hahn zudrehen, bevor wir aufwendig und teuer Plastik aus dem Meer fischen." Diese Technologien stünden bei vielen Forschenden im Verdacht, von den großen Plastikproduzenten zum Greenwashing benutzt zu werden. "Ich halte Cleanup-Aktionen im Meer für sinnlos", erklärt er. Cleanups an Stränden seien schon besser geeignet, um dem Müllproblem entgegenzutreten, da man so verhindern könne, dass das Plastik überhaupt erst im Meer landet. Aber: "Die Vermeidung von Abfall – zum Beispiel durch die Reduzierung von Einwegplastik und Abfallmanagement – haben die höchste Priorität."

Verwendete Quellen
  • Science Media Center: "Viel mehr Plastikmüll schwimmt im Meer als angenommen"
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