Wende bei Weltnaturgipfel Grünen-Chefin spricht von "Meilenstein"
Zunächst war offen, ob sich die Teilnehmer des Weltnaturgipfels in Montreal auf ein Abkommen einigen. Jetzt steht das neue Naturschutzziel fest.
Nach rund zweiwöchigen Verhandlungen haben sich die Teilnehmenden des Weltnaturgipfels im kanadischen Montreal am Montag auf eine Abschlusserklärung geeinigt. Grünen-Chefin Ricarda Lang lobte das Abkommen als "einen Meilenstein für Arten- und Naturschutz".
"In Montreal hat sich die Weltgemeinschaft auf den Weg gemacht, das Artenaussterben zu stoppen", sagte Ricarda Lang t-online. "Nach den Fortschritten, die am Wochenende zum Klimaschutz auf europäischer Ebene erzielt werden konnten, ist der heutige Tag ein entscheidender Beitrag im Kampf für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen."
In dem Abkommen setzen sich die rund 200 Staaten unter anderem das Ziel, mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen bis 2030 unter Schutz zu stellen. Außerdem wollen sie mehr Geld für den Schutz der Artenvielfalt ausgeben. Dafür sollen unter anderem reichere Länder ärmeren Ländern bis 2025 rund 20 Milliarden Dollar jährlich zukommen lassen.
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"Diesen Erfolg verdanken wir auch den deutschen Verhandlern um Steffi Lemke, die bereits auf nationaler Ebene klargemacht hat, dass der Schutz von Wäldern, Meeren und Mooren in den nächsten Jahren großgeschrieben werden muss", sagte Lang. Denn diese natürlichen Flächen seien "Verbündete im Klimaschutz".
Nach der Verabschiedung des rechtlich nicht bindenden Dokuments brach bei der Plenarsitzung im Kongresszentrum in Montreal, die zuvor immer wieder verschoben worden war, lauter Jubel aus. Organisatoren, Wissenschaftler und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen hatten bis zuletzt gehofft, dass bei dem Treffen noch ein richtungsweisendes globales Abkommen für den Artenschutz verabschiedet werden kann.
Ein "guter Tag" für den Naturschutz
Der 15. Weltnaturgipfel – der auch unter dem Kürzel COP15 läuft – hätte ursprünglich schon 2020 in China stattfinden sollen, wurde dann aber wegen der anhaltenden pandemischen Lage dort verschoben und zerteilt. Der erste Verhandlungsteil fand im vergangenen Oktober hauptsächlich online im chinesischen Kunming statt.
Die chinesische Gipfelpräsidentschaft sprach von einem "historischen Moment". Die Abschlusserklärung strahle Entschlossenheit aus, sagte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne). "Die Staatengemeinschaft hat sich dafür entschieden, das Artenaussterben endlich zu stoppen." Es sei ein "guter Tag für den weltweiten Natur- und Umweltschutz".
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begrüßte die Abschlusserklärung als "historisches Ergebnis". "Die Weltgemeinschaft verfügt nun über einen Fahrplan zum Schutz und zur Wiederherstellung der Natur und zu ihrer nachhaltigen Nutzung – für heutige und künftige Generationen", sagte die deutsche Politikerin am Montag. Sie betonte: "In die Natur zu investieren bedeutet auch, den Klimawandel zu bekämpfen."
Gemischte Reaktion bei Nichtregierungsorganisationen
Bei Vertretern von Nichtregierungsorganisationen stieß das Abkommen dagegen auf geteilte Reaktionen. "Es ist als Erfolg zu bezeichnen, dass nach zähen Verhandlungen der Vertragsstaaten überhaupt eine Vereinbarung zustande gekommen ist", kommentierte Jannes Stoppel von Greenpeace.
Es handele sich um ein "lückenhaftes, aber letztlich überraschend gutes Rahmenwerk", sagte Florian Titze vom Umweltverband WWF Deutschland. Der Naturschutzbund Nabu hingegen reagiert mit Ernüchterung auf die Abschlusserklärung. Trotz inhaltlicher Fortschritte reiche die Vereinbarung nicht aus, um den Verlust der Artenvielfalt und von Ökosystemen zu stoppen oder umzukehren. "Die Welt rast in der Natur- und Klimakrise auf einen Abgrund zu", warnte Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger. "Doch statt entschieden zu bremsen, geht sie lediglich etwas vom Gas."
Kritik an weit entfernten Zielen
In dem verabschiedeten Dokument wurde unter anderem auch die Rolle indigener Völker und lokaler Gemeinden in weltweiten Naturschutzbemühungen betont, was viele Beobachter als Erfolg werteten. Zudem setzt das Papier das Ziel, die Gefährdung von Mensch und Umwelt durch Pestizide bis 2030 zu halbieren und umweltschädliche Subventionen abzubauen.
Beobachter kritisierten jedoch, dass viele Ziele zu weit in die Zukunft gesetzt und zu wenig qualitativ greifbar gemacht worden seien. Vertreter einiger vor allem ärmerer Länder beklagten, dass zu wenig finanzielle Hilfen der reicheren Länder eingeplant worden seien. Diese Einwände seien nicht ausreichend ernst genommen worden, und die Verabschiedung sei am Ende auch gegen Widerstände durchgepeitscht worden, bemängelte beispielsweise der Vertreter der Demokratischen Republik Kongo.
- Nachrichtenagentur dpa
- Statement von Ricarda Lang